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Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Welsh
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sie. »Bist du mit meinem Großvater auf der Sturmwolke gefahren?«
    »Du stirbst fast vor Neugier, nicht?« Es lag so viel Gift und Galle darin, dass Felicity zusammenzuckte. Sie wusste jetzt, dass das, was sie gesehen hatte, wirklich gewesen war.
    »Diese Dinge gehen dich nichts an«, fuhr die Großmutter fort. Und dann blaffte sie in einem Ton, als wäre damit dieses Thema erledigt: »Hier sind keine Kleider von dir.«
    Felicity kniete sich neben das Bett. »Du hast sie sicher bloß nicht bemerkt«, sagte sie. »Weißt du, die Hose ist hier in einer Kiste unter dem Bett, bei den Sachen, die ich praktisch nie anziehe.« Sie tastete unter dem Bett. »Komisch …« Sie beugte sich hinunter zum Boden. Tatsächlich, da war nichts.
    Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Sie richtete sich auf und sah sich in dem Zimmer um. Jetzt wusste sie plötzlich, warum es ihr verändert vorgekommen war: Nirgends war etwas zu entdecken, das daran erinnerte, dass sie jemals hier gewohnt hatte.
    »Meine Sachen …«, stammelte sie. »Meine Bücher …« Sie hastete hinaus auf den Korridor, um zu schauen, ob da irgendwo Kisten oder Kartons standen. Nichts. Sie ging wieder in das Zimmer zurück. »Alle meine Sachen – sie sind weg.«
    Das Gesicht der Großmutter war vollkommen unbewegt und doch wirkte es irgendwie triumphierend. Sie antwortete nicht. Felicity trat an eine Kommode und zog eine Schublade heraus. Sie war leer. Das Mädchen drehte sich um und sah die alte Dame an.
    Die Kleider waren Felicity gleichgültig, aber ihre Bücher waren unersetzlich. Die Sammlung war das Ergebnis unermüdlichen Stöberns auf Flohmärkten und Wohltätigkeitsbasaren. Diese Bücher erzählten von Menschen, die in fernen Ländern voller Abenteuer und Geheimnisse lebten, von Kindern, die über die Meere segelten und blutige Kämpfe bestanden – die Bücher waren ihre Zuflucht und ihr Trost.
    »Wo sind alle meine Sachen hingekommen?«, fragte sie fassungslos.
    Die Mundwinkel der Großmutter hoben sich kaum merklich zu einem boshaften Lächeln. »Sie sind nicht mehr da«, sagte sie. »Ich habe alles weggeworfen.«
    »Weißt du, Schätzchen, deine Großmutter ist sehr alt«, sagte ihre Mutter und hielt ihr eine von ihren eigenen Hosen hin, die Felicity anziehen sollte, obwohl sie ihr viel zu groß war. »Manchmal tun alte Leute Dinge, die sie sich selbst nicht recht erklären können.«
    Felicity bezweifelte nicht im Geringsten, dass ihre Großmutter ganz genau gewusst hatte, was sie tat. Aber ihr war auch klar, dass es nichts nützen würde, das auszusprechen. Wirklich rätselhaft blieb ihr allerdings, wie es der alten Frau gelungen war, die Sachen so restlos zu beseitigen, ohne dass jemand etwas davon bemerkte.
    Es hatte keinen Sinn, solche Feinheiten mit ihrer Mutter zu besprechen, das wusste Felicity. Gleichwohl fand sie die Sache unerklärlich – es war schließlich keine Kleinigkeit, Unmengen von Büchern zusammenzupacken und zwei Treppen hinunter und aus dem Haus zu schleppen. Felicity kam es fast so vor, als wären ihre Besitztümer einfach weggezaubert worden.
    »Wir werden dir ein paar neue Bücher besorgen«, sagte Mrs Gallant, der Felicitys Schweigen offenbar unbehaglich war.
    Ihre Tochter starrte hilflos vor sich hin. »Diese Bücher könnt ihr nicht mehr kaufen«, sagte sie leise. »Die waren alle längst vergriffen.«
    »Eben, Felicity.« Es war unüberhörbar, dass dieses leidige Thema die Mutter zu ermüden begann. »Sie waren alt. Freu dich doch, dass du endlich mal ein paar neue kriegst.«
    Felicity überlegte kurz, ob es sich lohnte, ihr zu erklären, was diese Bücher ihr bedeuteten. Es war aussichtslos. »Papa benimmt sich in letzter Zeit ein bisschen seltsam«, bemerkte sie.
    »Allerdings.« Mrs Gallant schnaubte ärgerlich. Dann fiel ihr ein, mit wem sie redete, und sie fügte hinzu: »Na ja, er denkt eben darüber nach, wie es wohl sein wird, wenn das Baby da ist. Uns beiden geht im Moment alles Mögliche im Kopf herum.«
    »Ja, klar«, sagte Felicity leise. »Natürlich seid ihr sehr beschäftigt. Da darf ich euch nicht auch noch auf die Nerven gehen.«
    »Genau«, sagte die Mutter und küsste Felicity auf die Stirn. »Ich bin froh, dass du das verstehst.«
    Als ihre Mutter weg war, starrte Felicity verzweifelt in den Spiegel. Diese bunt zusammengewürfelten Sachen, die sie anhatte, schmeichelten ihrer Figur keineswegs. Die schrecklichen Deckschuhe waren nur das Tüpfelchen auf dem i.
    Poppy steckte den Kopf zur Tür

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