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Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Welsh
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Ungeschicklichkeit im Stillen. Am besten zog sie die Strümpfe aus. Sie sah sich um, es war niemand in der Nähe.
    Im ungünstigsten Moment – gerade als sie Strümpfe bis zu den Knöcheln hinuntergeschoben hatte, hörte sie, wie die Tür aufging. Sie duckte sich hinter einem Bücherregal und streifte die Strümpfe hastig ab. Durch eine Lücke zwischen den Büchern sah sie einen stämmigen Mann mit grau melierten Haaren. Was wollte Henrys Vater hier?
    Jasper Cutgrass kam aus dem Lesezimmer. Felicity überlegte, ob sie sich besser bemerkbar machen sollte.
    Er streckte Henrys Vater die Hand hin. »Schön, Sie zu sehen. Wie geht’s?«
    »Ich wollte nur mal fragen, welche Geheimnisse Sie meinem Sohn noch so verraten haben«, knurrte Mr Twogood.
    Der Zollbeamte zuckte zusammen. Sein Gesicht nahm einen schuldbewussten Ausdruck an.
    Felicity fand, dass jetzt nicht der rechte Moment war, aus ihrem Versteck hervorzukommen.
    »Ach so, Sie meinen diese Sache mit der Sturmmaschine? Das ist mir einfach so rausgerutscht, Entschuldigung. Aber sonst hab ich ihm nichts gesagt, ehrlich.«
    Mr Twogood musterte sein Gegenüber. Er sah Jasper an, dass es ihm wirklich leidtat. »Na ja, ich hätte mir denken können, dass er mir irgendwann auf die Schliche kommt«, sagte er.
    »Henry ist ein kluger Junge.«
    »Ein bisschen zu klug.« Mr Twogood nahm seine Mütze ab. »Sie sind mit der
Sturmwolke
gekommen?«
    »Ich habe den Kapitän gebeten, mich mitzunehmen.«
    Henrys Vater musterte Jasper Cutgrass misstrauisch. »Und er hat Ja gesagt? Kaum zu glauben.«
    »Wissen Sie, ich wurde als kleines Kind von der
Herrin
auf die
Sturmwolke
verschleppt. Später entkam ich ihr und wuchs bei Pflegeeltern auf. Das waren anständige, gesetzestreue Leute, aber die Faszination für die Gentry ist mir geblieben.«
    »Was für eine Geschichte«, Daniel Twogood schüttelte den Kopf, »erst Matrose auf der
Sturmwolke
, dann Zollbeamter – so was Verrücktes kann man gar nicht erfinden.«
    Sichtlich verlegen, beeilte sich Jasper Cutgrass, das Thema zu wechseln. »Freuen Sie sich auf Weihnachten?«
    »Na ja, es ist schon schön, wenn man mal ein paar Tage ausspannen kann«, sagte Mr Twogood. »Wollen Sie morgen zum Mittagessen zu uns kommen? Wir würden uns freuen.«
    Mr Cutgrass lächelte. »Das ist sehr freundlich, aber ich kann hier nicht weg. Darf ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten?«
    Mr Twogood schüttelte den Kopf. »Keine Zeit, ich muss noch Geschenke für sieben Jungs und meine Frau einpacken.«
    Jasper Cutgrass streckte Henrys Vater die Hand hin. »Danke«, sagte er leise.
    Die beiden Männer wünschten einander frohe Weihnachten, dann ging Mr Twogood.
    Felicity schlug das Herz bis zum Hals. Sie sah Jasper Cutgrass plötzlich in einem vollkommen anderen Licht. Ob er wohl noch Erinnerungen an die Zeit auf der
Sturmwolke
hatte? Kein Wunder, dass er und Abednego sich so gut verstanden.
    Sie lehnte sich an das Regal neben ihr. Mit Gepolter fiel ein dicker Lexikonband auf den Boden, gefolgt von weiteren Büchern. Felicity hörte Schritte näher kommen und zwang sich, aus der Deckung hervorzutreten. Ihre Wangen brannten heiß. Jasper Cutgrass blickte auf die Kakaopfütze neben dem Tisch, dann auf die Strümpfe in Felicitys Hand, dann wieder zurück.
    »Henrys Gedankenlosigkeit kann einem manchmal ganz schön auf die Nerven gehen«, sagte er.
    Felicity war das Ganze unendlich peinlich. »Es tut mir leid«, stammelte sie. »Ich wollte Sie nicht belauschen.«
    »Nun kennst du mein Geheimnis«, sagte er.
    Sie starrte auf den Boden. »Jetzt verstehe ich besser, wie Sie an Bord der
Sturmwolke
gekommen sind. Ich kann mir vorstellen, dass Sie es ziemlich schwer hatten im Leben.«
    »Abednego hat klare Regeln aufgestellt. Das macht die Sache leichter.« Jasper räusperte sich. »Ich war immer schon ein Mensch, der nirgends so ganz dazugehört.«
    Felicity empfand plötzlich tiefes Mitgefühl. Er
wusste
es also. »Dass Sie ausgerechnet Zollbeamter geworden sind, ist schon recht merkwürdig«, sagte sie.
    »Ja, ich glaube, meine Vorgesetzten wussten lange nicht, was sie mit mir anfangen sollten.«
    Felicity lächelte. »Und jetzt hat man Sie auf die
Sturmwolke
versetzt?«
    Mr Cutgrass zögerte. »Das kann man nun wirklich nicht behaupten«, sagte er dann. »Ich habe niemanden um Erlaubnis gefragt, sondern einfach meinen Posten verlassen.«
    »Können Sie deswegen nicht eine Menge Ärger kriegen?«, fragte Felicity überrascht.
    »Die werden mir ein

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