Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Welsh
Vom Netzwerk:
meldeten.
    Die Erwachsenen waren aufgerufen worden, dazu beizutragen, Wellow vor der Erosion zu retten. Marthas Eltern war die Aufgabe zugewiesen worden, die Ursachen der Erdbewegungen zu erforschen und, wenn möglich, Gegenmaßnahmen vorzuschlagen. Die zusätzliche Arbeit und die Albträume sorgten dafür, dass viele Leute ständig unausgeschlafen und reizbar waren, was im täglichen Leben zu mancherlei Ärger führte.
    »Ist denn wirklich keine einzige gebügelte Hose mehr da?«, fragte Mr Twogood eines Morgens, als Felicity in der Küche der Twogoods saß und darauf wartete, dass Henry herunterkam.
    Mrs Twogood stand bei ihr, um darüber zu wachen, dass Felicity auch wirklich das Marmeladenbrot, das sie ihr vorgesetzt hatte, bis auf den letzten Krümel aufaß. »Nichts als Haut und Knochen«, murmelte sie missbilligend.
    Normalerweise hätte sich Felicity darüber amüsiert, aber an diesem Morgen war sie einfach nur dankbar, dass sie hier sitzen und essen durfte und eine Weile lang nicht an die Arbeit zu denken brauchte, die vor ihr lag. Mrs Twogoods selbst gebackenes Brot schmeckte köstlich, vor allem die Kruste, und sie hatte dick Butter draufgeschmiert.
    Henrys Mutter warf ihrem Mann einen strengen Blick zu. »Du hast doch eine an, oder nicht?«
    »Ja, aber ich brauche noch eine. Ich muss nach Feierabend zum Pepperpot Point und bei den Erdarbeiten dort helfen, das weißt du doch.«
    »Ich habe gestern Abend
drei
Hosen gebügelt«, sagte Mrs Twogood. »Ich bügle fast
jeden
Abend mehrere Hosen«, fügte sie hinzu.
    Mr Twogood runzelte die Stirn. »Die sind schon wieder in der Wäsche. Die Hose, die ich gestern Abend anhatte, war ganz nass und verdreckt. Darum bin ich gegen Mitternacht kurz nach Hause gekommen und hab die anderen geholt.«
    Mrs Twogood schüttelte den Kopf. »Kann ich das wissen? Und ich muss ja auch noch das ganze Zeug von drei Jungs waschen und bügeln. Wie soll ich da hinterherkommen, wenn du in diesem Tempo Hosen verbrauchst?«
    »Es ist also keine da?«, fragte Mr Twogood.
    Seine Frau ging zu dem Berg Wäsche, die sie gerade von der Leine genommen hatte, und zog eine Hose heraus. »Lass mir fünf Minuten Zeit, dann bügle ich sie dir.«
    Mr Twogood nahm sie ihr aus der Hand, steckte seine Brotzeitdose ein und ging zur Tür. »Ich hab’s eilig«, sagte er kurz angebunden, dann war er weg.
    Felicity war die Szene schrecklich unangenehm. Sie stand auf und legte Henrys Mutter den Arm um die Schulter. »Es sind wirklich schwere Zeiten«, sagte sie zu ihr. »Setzen Sie sich hin, ich mache Ihnen eine Tasse Tee.«
    Mrs Twogood setzte sich. Sie wirkte ganz ausgelaugt.
    Auf der Treppe waren polternde Schritte und unmelodisches Pfeifen zu hören, dann trat Henry ein. Er sah seine Mutter an und sein Gesicht wurde ernst. »Ärger mit Papa?«, fragte er.
    »Ich weiß ja, er ist auch mit den Nerven am Ende. Er schlägt sich ganze Nächte um die Ohren, weil überall in der Stadt so viel zu tun ist, und …« Mrs Twogood brach ab.
    »Aber manchmal ist er einfach ein richtiger Stinkstiefel«, sagte Henry und umarmte seine Mutter.
    Mrs Twogood schniefte. »Ach, mein Engelchen«, seufzte sie mit einem zärtlichen Lächeln.
    »Ach, Mamachen«, sagte Henry.
    Felicity musste lachen.
    Aus der Sicht von Felicity und ihren Freunden war das einzig Positive an der derzeitigen Situation, dass ihre Eltern, ständig überarbeitet und übermüdet, wie sie waren, gar nicht dazu kamen, sich Gedanken darüber zu machen, was ihre Kinder eigentlich die ganze Zeit trieben.
    Ganz Wellow litt unter der Erdhexe. Oft wachte Felicity mitten in der Nacht tränenüberströmt auf, weil sie geträumt hatte, sie habe Olivia verloren, Henry sei gestorben oder Martha sei verschwunden, und wenn sie dann aufstand und sich halb erstickt zum Fenster schleppte, um frische Luft zu schnappen, sah sie in Dutzenden von Häusern Licht brennen und wusste, dass auch dort überall Menschen waren, die keine Ruhe fanden.
     
    Nach einiger Zeit fanden Henry und seine Brüder heraus, wie die Rohrpost funktionierte, und man schickte eine Nachricht an Nummer eins der Bibliothekare. Alle bis auf Martha waren da, als seine Antwort eintraf. Will las sie vor – sie war ernüchternd kurz.
    Miss Cameron wird zurückkommen, sobald alles erledigt ist. Bitte schützt die Geschichten.
    »Sonst nichts?«, fragte Henry, der letzte Nacht besonders schlecht geschlafen hatte. Er versetzte einem Tischbein einen wütenden Tritt.
    Jasper runzelte zweifelnd die Stirn.

Weitere Kostenlose Bücher