Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)
einen passenden Muff trug. Sie wirkte wie aus dem Ei gepellt.
Sie blickte auf Felicitys abgewetzte Schuhe hinab, dann hoch zu ihrer Mütze, aus der ein loser Faden heraushing. »Schönen Spaziergang gemacht heute Morgen?«, murmelte sie.
Felicity schwieg. Miranda hatte ihr gerade noch gefehlt.
Die kleine Kröte ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Henry hat es mir erzählt. Ich sagte zu ihm, du solltest wirklich aufhören, dich Jeb Tempest so an den Hals zu schmeißen, es ist einfach zu peinlich.«
Felicity schloss die Augen. Der arme Henry – offenbar war er Miranda über den Weg gelaufen. Kein Wunder, dass er so schlechte Laune gehabt hatte.
»Ich hoffe nur, Jeb hat sich zu nichts Unüberlegtem hinreißen lassen«, flüsterte Miranda. »So wie bei Louisa Green. Die Arme war am Boden zerstört, als er ihr dann klarmachte, dass das alles nur ein bedauerlicher Irrtum gewesen war.«
Hör nicht hin, dachte Felicity. Sie will nur Gift verspritzen.
»Weißt du, er findet dich sicher
ganz nett
«, fuhr Miranda fort. »Aber du kannst ja wohl nicht im Ernst glauben, dass du der Typ bist, mit dem er sich in der Öffentlichkeit zeigen will – ich meine: Schau dich an!«
Felicity erstarrte. Ja, es stimmte, sie hatte tatsächlich keine Ahnung, was Jeb an ihr finden konnte.
Miranda warf ihr einen mitleidigen Blick zu. »Ist der Groschen endlich gefallen?«, fragte sie. »Klar, Jeb ist nett zu dir, aber nur, weil sein Großvater mit deinem befreundet ist. Hast du nicht bemerkt, wie befangen er am Anfang war?«
Felicity spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. »Jeb ist nur ein Freund der Familie«, sagte sie.
Miranda lächelte befriedigt. »Gut, dass du das kapiert hast.«
Felicity war schon fast bei der Bibliothek angelangt, als sie Jeb sah, der für Isaac etwas zu erledigen hatte. Sie wusste nicht recht, ob sie sich über die Begegnung freute oder ob sie ihr eher unangenehm war: Sie hatte im Geist jede Minute ihres Spaziergangs Revue passieren lassen und war von Zweifeln zernagt. Jeb seinerseits stand immer noch unter dem Eindruck des Gesprächs mit Henry. Vielleicht hatte er recht und Felicity hatte wirklich etwas Besseres verdient als ihn?
Ihre Blicke trafen sich. Beide erröteten.
Felicity war ganz schlecht vor Anspannung. Sie hoffte so sehr, dass Jeb ihre Befürchtungen zerstreuen würde. Wenn er jetzt freudig lächelte, wusste sie, dass Miranda gelogen hatte.
Aber Jebs Miene war düster. Wie hatte er sich auch nur einen Moment lang einbilden können, Felicity habe ihn gern? Es stimmte, was Henry gesagt hatte: Sie war zu gut für ihn.
»Hallo«, sagte sie.
Jeb blieb stumm. Verlegen trat er von einem Fuß auf den anderen.
Also doch,
dachte Felicity. Er fand sie
peinlich
. Etwas in ihr fühlte sich plötzlich tot an. Wie hatte sie glauben können, dass einer wie er auch nur einen Blick an sie verschwendete?
»Ich muss weiter«, sagte er. Wahrscheinlich war ihr klar geworden, dass es sich nicht lohnte, sich mit ihm abzugeben.
Felicity nickte fast unmerklich und starrte auf den Boden, als er weiterging. Sie musste alle Kraft zusammennehmen, um die Tränen in ihren Augen zurückzudrängen.
Als sie die Bibliothek betrat, kam ihr Henry entgegen. »Dieser Jeb ist ja wirklich eine Klette«, sagte er. »Ich frage mich langsam, ob du bald nur noch im Doppelpack mit dem zu haben bist.«
»Sieht nicht so aus«, murmelte sie.
»Ich hab nämlich keine Lust, mich näher mit dieser Familie einzulassen, und Percy und Will geht es genauso«, fuhr Henry fort.
Felicitys Unterlippe zitterte. »Können wir das vielleicht ein andermal besprechen?« Sie musste sich anstrengen, damit ihre Stimme nicht kippte. »Ich fühl mich nicht so gut.«
»Komisch, heute Vormittag hast du nur so gestrahlt vor lauter Glück und Seligkeit«, sagte Henry.
Felicity trat an den Tisch, auf dem Marthas Bücher lagen, einige aufgeschlagen, andere zu Stapeln aufgetürmt. Sie atmete tief durch. »Ich bezweifle, dass du Jebs Gesellschaft noch einmal ertragen musst, du kannst also ganz beruhigt sein.«
»Ach ja, tatsächlich? Wo ihr euch doch so prima miteinander versteht. Willst du mir erzählen, dass ihr euch in Zukunft nur noch bei romantischen Winterspaziergängen seht oder mal hie und da zum Tanzen?«
»Es ist nicht so, wie du denkst«, sagte sie.
»Erzähl mir doch keine Märchen.« Henry schnaubte zornig. »Ich hab dich gehört an Weihnachten, als du mit ihm über die Tanzfläche geschwebt bist:
Vielleicht werden wir
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