Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)
Länder …«
Und sie erinnerte sich, wie elend er ausgesehen hatte, nachdem ihm so plötzlich übel geworden war.
Ein schrecklicher Verdacht kam in ihr auf. Sie setzte sich hin, ihr schwirrte der Kopf. »Das sähe der
Herrin
ähnlich«, sagte sie. »Eine falsche Spur zu legen, die von Wellow wegführt, wenn der Blutstein sich in Wahrheit hier befindet.«
Im Geist sah sie sich selbst mit Jeb auf dem Tanzparkett im Haus ihres Großvaters und schauderte bei dem Gedanken, was passiert war. »Bei dem Fest an Weihnachten ist Henry plötzlich schlecht geworden«, sagte sie atemlos. »Und ich glaube, er konnte meine Gedanken lesen: Er muss Wasser getrunken haben, das mit dem Blutstein in Berührung gekommen war.«
Jasper fiel die Kinnlade hinunter.
Und noch eine Erinnerung an jenen Abend schoss Felicity durch den Kopf: an den großen, dünnen Mann im dunklen Anzug mit der Fuchsmaske, die bösartig und verschlagen wirkte. Er hatte bei der Pumpe im Gemüsegarten gestanden. Sie sprang auf und fasste Jaspers Arm. »Wir müssen zu Großvaters Haus«, sagte sie.
»Sollen wir nicht besser auf die anderen warten?«, fragte er.
Felicity schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich weiß jetzt, wo der Blutstein ist, oder jedenfalls, wo er an Weihnachten war.«
»Wir dürfen keine Zeit verlieren«, sagte Jasper ernst. Er schrieb in aller Eile eine Nachricht auf einen Zettel, dann liefen die beiden los.
Jasper stellte keine weiteren Fragen, als sie durch die Stadt rannten. Und Felicity wäre auch gar nicht in der Verfassung gewesen, ihm alles zu erklären, so viele Gedanken rasten durch ihren Kopf.
Keuchend erreichten sie Wellow Manor. Fast ehrfürchtig schritt Jasper über den Weg auf das herrschaftliche Gebäude zu, das in der Geschichte der Gentry einen so herausragenden Platz einnahm.
Die Tür war offen, sie traten ein. Im Haus war es bedrückend still. Felicity rief nach ihrem Großvater, aber ihre Stimme verhallte in den Fluren, und es kam keine Antwort. Mahnend tickte die Uhr an der Wand und erinnerte daran, dass wertvolle Zeit verrann. Aber durften sie denn einfach Rafes Haus durchsuchen, ohne ihn um Erlaubnis zu fragen? Egal, er war nicht da, und sie konnten nicht auf ihn warten – die Sache war zu wichtig.
Und dann fiel es Felicity plötzlich wie Schuppen von den Augen. Sie eilte zum Küchengarten, Jasper hinter ihr her. »Die Pumpe! Großvater hat erwähnt, dass sie aus der Zeit stammt, in der er mit der
Herrin
verheiratet war«, sprudelte sie hervor. »Sie soll gesagt haben, sie schöpfe aus dem Brunnen ihr
Wasser der Erkenntnis
. Das ist genau die Art Scherz, die für sie typisch ist. Povl Usage muss gewusst haben, dass sie den Blutstein hier versteckt hat. Darum schlich er sich ein, mit der Fuchsmaske getarnt. Irgendwie kam er mir gleich bekannt vor, aber seine Stimme klang anders als sonst. Und natürlich wusste ich damals noch nicht, wie er wirklich ist.«
Jasper blieb unvermittelt stehen, die Stirn in Falten gelegt. Felicity wurde klar, dass das alles in seinen Ohren vollkommen wirr und unverständlich klingen musste.
»Ich glaube, die
Herrin
hat meinem Großvater den Blutstein gestohlen, als sie hier im Haus lebte«, erklärte sie ihm. »Sie hat ihn einfach zu den anderen Steinen im Brunnen gelegt, wirklich schlau. Und da lag er wahrscheinlich über all die Jahre.«
Jasper staunte sie mit offenem Mund an.
Sie waren bei der Pumpe angelangt. »Ich glaube, das Wasser kommt von dort.« Sie zeigte auf den alten Brunnenschacht, der immer noch von einer provisorischen Absperrung umgeben war.
»Der Brunnen ist so gut wie ausgetrocknet. Aber ich vermute, dass es Povl Usage doch geschafft hat, ein paar Tropfen rauszupumpen. Der Mann mit der Fuchsmaske hatte ein Fläschchen dabei. Er muss Henry das Wasser ins Glas getan haben. Wahrscheinlich wollte er die Wirkung an jemandem testen. Ich bin mir sicher, dass Henry meine Gedanken gelesen hat. Es ist ausgeschlossen, dass ich es laut gesagt habe.«
Jasper starrte die Pumpe an. »Ich werde das Wasser probieren«, sagte er schließlich.
Felicity wollte ihn davon abhalten, doch Jaspers Entschluss stand fest. »Also gut, aber nur ein ganz kleines bisschen«, sagte sie schließlich. »Henry ist entsetzlich schlecht geworden.«
An der Ausgussöffnung der Pumpe hing ein einzelner Tropfen. Jasper nahm ihn mit dem Finger auf, dann leckte er den Finger ab. Felicity und er sahen einander an und warteten.
»Ich glaube, bei Henry ist die Wirkung ziemlich schnell
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