Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Welsh
Vom Netzwerk:
Gedanken gelesen. »Ich habe einen Freund bei mir, der dich gern näher kennenlernen würde.« Sie sah etwas metallisch Blinkendes in seiner Hand.
    Wenn sie hinunterstieg, würde er sie töten. Aber wenn sie nichts unternahm, würde er den Blutstein an sich reißen und die Erdhexe wieder zum Leben erwecken.
    »Tod und Zerstörung, keine Hoffnung, keine Freude …«, sang Povl Usage leise.
    Die Schreckensbilder ihrer Albträume kamen Felicity in den Sinn.
    Vielleicht konnte sie irgendetwas Schweres auf ihn hinunterfallen lassen? Wenn nur Henry hier wäre! Felicity sah Povl Usage im Schein seiner Taschenlampe auf dem Boden des Brunnens herumkriechen und nach dem Blutstein tasten. Plötzlich verzerrten sich seine Züge. »Ja, Herrin, es dauert nicht mehr lang, dann habe ich ihn«, murmelte er.
    Felicity gab sich einen Ruck. Die ganze Welt würde schrecklich leiden, wenn sie nichts tat, um die Katastrophe zu verhindern. Sie kauerte sich hin, hielt sich an der Brunneneinfassung fest und stieg über den Rand, um sich vorsichtig hinabzulassen. Ob das alte Mauerwerk überhaupt noch zusammenhielt? Egal, sie musste alles riskieren, um den Verrückten dort unten aufzuhalten.
    Povl Usage sah zu ihr hoch. Er grinste. »Ah, wunderbar. Es wird mir ein Genuss sein, dich umzubringen. Mit der Zeit hab ich deine Visage so richtig hassen gelernt.« Er stand auf, packte sie mit seinen dürren Fingern an den Knöcheln und zerrte kräftig. Felicity rutschte hinab und landete unsanft auf dem Grund. Sie rappelte sich auf, stand Povl Usage gegenüber, den Rücken an die Brunnenwand gedrückt.
    Er musterte sie mit schief gelegtem Kopf. Der Strahl der Lampe war auf den Boden gerichtet, aber als Felicitys Augen sich an das Dunkel gewöhnt hatten, konnte sie ihn gut sehen. Wie immer trug er einen schmuddeligen Rollkragenpullover und eine Cordjacke. Sein mit Schlammspritzern gesprenkeltes Gesicht war kalkweiß, seine Augen wirkten bleicher denn je.
    »Sie dürfen der Erdhexe nicht ihr Herz zurückgeben«, sagte Felicity. »Sie wird die Welt in eine Hölle verwandeln!«
    »Na und?« Er verzog das Gesicht. »Die Menschen haben nichts anderes verdient.«
    »Aber warum?«, fragte Felicity. Sie musste ihn dazu bringen, immer weiterzureden.
    »Sie hat sich aufgeopfert in ihrem Dienst an der Welt, aber die Menschen haben es ihr nicht gedankt«, stieß Povl Usage hervor. »Ich habe sie geliebt, sie war mein Ein und Alles. Die Welt muss für ihre Leiden büßen.«
    Seine mürrischen Lippen glitzerten im Halbdunkel. »Du glaubst, du kannst dich mir in den Weg stellen. Was bildest du dir ein? Das Herz gehört meiner Herrin. Und du wirst mir helfen, es zu finden.« Er packte Felicity und hielt ihr drohend ein Messer an den Hals. Dann drückte er sie auf den Boden, zwang sie, sich in einer stinkenden, schlammigen Lache hinzukauern.
    »Such ihn«, befahl er.
    »Ich weiß ja gar nicht, wie er aussieht«, sagte Felicity. Sie zitterte am ganzen Körper.
    »Du wirst ihn erkennen, sobald du ihn berührst.« Er lachte boshaft.
    Auf allen vieren tastete Felicity in der schmutzigen Brühe herum, ließ ihre Finger über eklig schleimige Steine wandern. Sie streckte eine Hand aus und dann wurde ihr mit einem Mal entsetzlich schlecht. Sie erbrach sich, Tränen schossen ihr in die Augen, sie keuchte. Der widerliche Geschmack in ihrem Mund war scheußlich, aber noch viel schlimmer war das Geräusch, das in ihrem Kopf nachhallte: als ob tausend Menschen auf einmal auf sie einschrien.
    Povl Usage lächelte. »Noch mal«, sagte er. Sie bewegte ihre Hand über die Stelle, die jetzt mit ihrem Erbrochenen besudelt war. Sie würgte, wieder drehte sich ihr Magen um. Die Stimmen waren noch lauter.
    Er kniete sich neben ihr hin, sein Messer an ihrem Hals. Der Strahl der Taschenlampe beleuchtete einen bestimmten Punkt auf dem Boden.
    Felicity schnappte nach Luft. Da lag er – ein herzförmiger Stein, glatt und glänzend, leuchtend rot – der Blutstein.
    Povl Usage zog eine gewöhnliche Stofftasche hervor und gab sie Felicity. »Tu ihn da rein«, sagte er.
    Felicity nahm alle Kraft zusammen. Sie streckte die Hand nach dem Herzen der Erdhexe aus und hob es auf. Das ohrenbetäubende Tosen der brüllenden Stimmen schlug über ihr zusammen, der Würgereiz packte sie wieder mit brutaler Gewalt, ihr wurde schwarz vor den Augen, aber sie schaffte es mit letzter Anstrengung, den Stein in die Tasche zu stecken. Dann sank sie zurück gegen die Wand des Brunnens, rang hustend und röchelnd,

Weitere Kostenlose Bücher