Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12
Wogen, die das Blut über den Rand des
Weihwasserbeckens schwappen ließen, wechselten sich ab mit Fontänen, die in die
Luft schossen, und dem lauten Geblubber von Luftblasen. Es sah aus, als
versuche der Traum-Schlachter einen in Panik um sich schlagenden großen Fisch
zwischen die Finger zu kriegen. Schließlich fischte er aus dem Blut ein kleines
Bündel heraus und streckte es mir mit wütendem Ausdruck entgegen. Obwohl es
gänzlich mit Blut durchtränkt war, erkannte ich sofort, worum es sich dabei
handelte. Das bluttriefende Ding, das sich behaglich zu strecken begann, als
erwache es aus einem wohligen Schlaf, war ein Artgenosse. Ich kannte diesen
Artgenossen gut. Nachdem der Orientalisch Kurzhaar seine Streckübungen in den
Händen seines Herrchens beendet hatte, drehte er den Kopf zu mir herum und
schlug die türkisgrünen Augen auf.
»Samantha ist tot!« sagte Antonio.
Ich öffnete ebenfalls die Augen und blickte in
Antonios über mich gebeugtes keilförmiges Gesicht.
»Francis, Samantha ist tot!« sagte er.
Seine Vorderpfoten preßten sich immer noch an meine
Flanke. Er hatte wohl eine gute Weile an mir rütteln müssen, um mich dem tiefen
Schlummer zu entreißen.
Ohne das übliche Stretching absolviert zu haben,
reckte ich mich hoch und sprang auf alle vier Pfoten. Ich war auf der Stelle
hellwach.
In der Zwischenzeit waren fast alle Kerzen
heruntergebrannt. Ich mußte also schon einige Stunden in Morpheus’ Armen
gelegen haben, was mir übrigens auch prima bekommen war – wenn man von diesem
widerlichen Traum einmal absah. Hatte die Kapelle im geballten Dämmerschein
noch heimelig gewirkt, sah sie nun im Licht der wenigen Kerzen wie zur
Gespensterstunde aus. Der Altartisch und das Kreuz darauf glichen einer
morbiden Szenerie, ganz zu schweigen von dem Weihwasserbecken, in dem immer
noch das mirakulöse Blut schwamm. Doch wirklich gespenstisch, um nicht zu sagen
schauderhaft hatte sich Antonios Weckruf angehört.
»Das kann gar nicht sein, il mio amico «,
widersprach ich. »Dieses Monster dürfte kaum Interesse haben, ihr etwas
anzutun.«
»Wieso nicht?«
In dem trüben Licht wirkte das pechschwarz
bepelzte, sehnige Bürschchen beinahe wie unsichtbar. Allein die grünen Augen
glühten mit der Leuchtkraft von brennendem Magnesium und durchstachen die
Düsternis.
Jetzt, da er wieder in mein Leben getreten war,
spürte ich so intensiv wie nie zuvor, wie sehr ich ihn die ganze Zeit vermißt
hatte. Er war mehr als ein treuer Begleiter, er erinnerte mich nämlich auf
seine elegante Art und Weise an den früheren, den jüngeren Francis.
Ich stand meinem jungen Ich gegenüber. Die
Andersartigkeit seiner Sexualität glich in diesem Falle dem Spiegeleffekt. Man
sieht sich zwar spiegelverkehrt, ist jedoch trotzdem dieselbe Person. Gott
hatte gern Abwechselung in seinem Zoo. Zum Teufel mit den Vorurteilen: Ich
wollte ihn am liebsten auf der Stelle küssen!
»Weil sie mit ihm unter einer Decke steckt«, fuhr
ich fort. »Obwohl ich gestehen muß, daß ich keinen Schimmer habe, wie solch
eine Partnerschaft des Bösen zwischen Mensch und Tier zustande kommt. Ich
meine, wir sind keine Hunde, die man abrichten kann. Jedenfalls hat die feine
Dame mich bewußt in die Irre geführt. Wußtest du, daß in dieser Stadt ein
Geheimbund der sogenannten Theosophen existiert?«
Zunächst noch vereinzelt, dann jedoch in rascher
Folge vernahmen wir beide das Aufklatschen der ersten Regentropfen auf das
Kapellendach.
»Nicht allein das. Ich kann inzwischen die
Ereignisse, die hinter dir liegen, in chronologischer Reihenfolge und beinahe
auf die Minute genau herunterbeten. Vielleicht reiche ich das Ganze bei Cinecittà
als Drehbuch ein. Glaub mir, du bist in Rom mittlerweile berühmter als
Berlusconi, Francis! Die Penner vom Largo Argentina, allen voran Giovanni,
diese seltsame Sancta, die Pfaffenimitatoren hier und nicht zu vergessen der
lächerliche Möchtegern-Papst Miracolo haben deine Heldentaten in der Stadt in
Windeseile verbreitet. Du sollst sogar ein Wunder bewirkt haben. Alle sprechen
mit Ehrfurcht von dir. Sie nennen dich détective di artiglio , den
Krallendetektiv.«
Der Regen nahm an Stärke zu, und was als Getröpfel
angefangen hatte, war innerhalb kurzer Zeit ein gleichmäßiges Rauschen
geworden.
»Wunderbar«, sagte ich. »Sobald der Job erledigt
ist, stelle ich mich der Presse und lasse Autogrammkarten drucken. Um auf
Samantha zurückzukommen: Sie hat mir weisgemacht, daß die Theosophen hinter
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