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Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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Pfote.«
    »Hübsche Theorie«, sagte Antonio und kräuselte die
Schnurrhaare. Dabei wirkte er ziemlich reserviert. Man konnte es seinem Gesicht
ablesen, daß er die Geschichte für weit hergeholt hielt. Vielleicht aber begann
sich in ihm auch ein hutzeliges Neid-Männchen zu regen, weil ich als erster auf
die Idee gekommen war. Sein schmales Gesicht mit den riesigen Ohren sah in
dieser aufgesetzt skeptischen Pose am attraktivsten aus.
    »Klingt irgendwie nach Dr. Frankenstein. Doch
nehmen wir an, dieses Vestibulärorgan ist tatsächlich das Objekt der Begierde.
Und nehmen wir weiter an, es handelt sich hierbei wirklich um das Wunder des
Kapuzenmannes –
    Giovanni hat mir von der Sache erzählt –, dann
bleiben immer noch die wichtigsten Fragen unbeantwortet: Was kann ein Mensch
damit anfangen? Wozu nützt ihm ein zehnfach, von mir aus hundertfach
leistungsfähiger Gleichgewichtssinn? Und: In welches blöde Gerät baut er so
etwas überhaupt ein?«
    Nun war ich an der Reihe, den Reservierten, um
nicht zu sagen Beleidigten zu spielen, da meine epochalen Gedanken
angezweifelt, ja insgeheim belächelt wurden.
    Und ehrlich gesagt: Ich hatte keine Ahnung, was ich
ihm antworten sollte. Klang wirklich alles irgendwie nach Dr. Frankenstein.
    »Ich habe einmal gelesen, daß ein selbstgelenkter
Flugkörper ein technisches Pendant zu einem Gleichgewichtsorgan benötigt, weil
er jederzeit wissen muß, ob er gerade steigt oder fällt oder ob seine
Geschwindigkeit in der Veränderung begriffen ist«, dozierte ich ins Ungefähre.
»Diese Arbeit wird gewöhnlich von einem sogenannten Navigationskreisel
übernommen. Doch wenn man das Vestibulärorgan unserer Art mit einem besonders
hochleistungsstarken Computer kurzschließen könnte, würde das Ding genauso wie wir
in der Lage sein, ähm, seinen Kopf selbst im freien Fall horizontal und
aufrecht zu halten, den Körper entsprechend der Lage des Kopfes zurechtzurücken
und dann auf allen vieren zu landen.«
    Ich lächelte unschuldig, als ob ich soeben ein
Märchen erzählt hätte. Wieso »als ob«? Ich hatte ein Märchen erzählt!
    »So, so, ein selbstgelenkter Flugkörper, der den
Körper entsprechend der Lage des Kopfes zurechtrückt und dann auf vier Pfoten
landet«, sagte Antonio und machte diesmal ein sehr, sehr besorgtes Gesicht. Vermutlich
versuchte er gerade fieberhaft, sich an die Telefonnummer einer Irrenanstalt zu
erinnern.
    »Nun ja, vielleicht habe ich ein bißchen zuviel
Phantasie einfließen lassen«, versuchte ich die Situation zu retten.
    »Ich meine, es war ja nur eine Eingebung aus einem
Traum …«
    »Schon gut. Ich möchte nur noch eins wissen« sagte
er, und wirkte dabei fast wütend. »Existieren bereits solche Navigationskreisel
und verrichten sie ausreichend ihren Dienst oder nicht?«
    »Ja«, erwiderte ich kleinlaut. »Ja, ich glaube
schon.«
    »Na also! Dann braucht es auch nicht eines felinen
Vestibulärorgans. Entschuldigen Sie vielmals, il signor genie ,
das war nur die bescheidene Meinung eines einfachen schwulen Mannes aus dem
einfachen schwulen Volk. Wie gehen wir nun vor?«
    »Ich möchte mir gern Samanthas Leiche ansehen. Doch
wie kommen wir auf schnellstem Weg und bei dem Regen trockenen Hauptes zum
Palazzo? Sogar der Tiber liegt dazwischen.«
    »Dreimal darfst du raten.« Antonio lächelte
überlegen, weil er endlich auch mal mit seinem Fachwissen glänzen konnte. »Was
glaubst du wohl, wo sich der Knotenpunkt aller römischen Katakomben befindet?
Sie nehmen ihren Ausgang vom Vatikanstaat und münden im Vatikanstaat.
    Ich habe den Verdacht, daß der Katakombenbau an
sich eine patentgeschützte vatikanische Erfindung ist. Sorte, c’affrettiamo! Wir haben einen weiten Weg vor uns.«
    Nachdem wir aus der Kapelle in den strömenden Regen
herausgeeilt waren, machte Antonio innerhalb einer halben Minute einen
Durchschlupf in die Unterwelt ausfindig. Es handelte sich um eine aus Basalt
gehauene stillgelegte Wasserleitung aus dem Mittelalter an der Stadtmauer. Von
einem ebenfalls nicht mehr funktionsfähigen großen Brunnen abgehend, bohrte sie
sich nach ein paar Metern schräg in die Erde hinein und verwandelte sich von da
an in eine Röhre. Antonio und ich krochen durch sie hindurch und befanden uns
kurz darauf in dem modrigen Labyrinth, das mir von meinem nächtlichen Ausflug
schon bekannt war. So verließen wir den Vatikan. Obwohl ich tiefer in den
Gottesstaat vorgedrungen war, als es der katholischste Pilger je zu träumen
gewagt hätte, war mir

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