Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12
als
schizoclean entlassen, und heute wieder rückdeportiert in die
Bekloppten-Haute-Couture. Hast du etwa da draußen was von Marsmännchen
verlautbaren lassen, die pausenlos die New Yorker Börse manipulieren? Ich
meine, so abwegig ist das ja nicht, wie meine Untersuchungen klar belegen.«
»Nein, Efendi, es ist das alte Lied«, erwiderte
Refizul, während er vom Panzermann vorwärts gescheucht wurde. »Sie wollen es
einfach nicht hinnehmen, daß ich mit euch sprechen kann.«
»Ist klar, Alder, würde denen einige Probleme bereiten.
Ich frage mich nur, wieso du erst hinausgehst, um die ganze ungläubige Bande
davon zu überzeugen, wo du es doch in all den Jahren nicht einmal bei dem
Fettarsch hinter dir geschafft hast. Ich meine, immerhin bist du doch der Chef
hier und könntest es dir wie Gott in der französischen Kloake gutgehen lassen.«
Efendi quatschte in seiner wohl allein dem hiesigen Publikum
verständlichen Art noch weiter, während ich alles um mich herum ausblendete, um
mir selbst zwei gewichtige Fragen zu stellen. Hatte Refizul vor ein paar
Stunden in der Villa nicht behauptet, daß er zeit seines Lebens auf das Wunder
der Kommunikation zwischen Mensch und Tier gehofft habe, welches erst durch
mich vollbracht worden sei? So wie es aussah oder besser gesagt, so wie es sich
anhörte, schien dieses Wunder hier der Normalfall zu sein. Denn ich merkte, daß
sich auch die anderen Geisteskranken frei von der Leber weg mit den Kreuchenden
und Fleuchenden unterhielten. Da hätte Refizul sich weiß Gott nicht in Unkosten
stürzen und tonnenweise audiovisuellen Schrott anschaffen brauchen. Und, was
eigentlich die wichtigere Frage war, wieso sollte Refizul, wie dieser Efendi gesagt hatte, ein
Chef hier sein? Meinte er, Refizul sei der Chef derjenigen, welche die New
Yorker Börse durch Marsmenschen unterwandert sahen, oder der Chef der Klapse?
Oder wie?
Während ich noch über derlei Ungereimtheiten sinnierte,
kamen endlich diejenigen zum Vorschein, die in einer Heilanstalt sowie in jeder
anständigen Medi-Soap die glorreichen Hauptrollen spielen: die Ärzte. Ihr
Auftritt übertraf alles, was ich bis dahin gesehen hatte. Ein ganzes Kolloquium
marschierte uns vom anderen Ende des Korridors entgegen. Gleich fünf Docs in
strahlend weißen Kitteln bahnten sich in einer geraden Reihe den Weg durch das
verrückte Volk. Dieses sprang angesichts ihrer Präsenz verängstigt zur Seite,
so daß man von einer von den Docs verursachten Schneise reden konnte.
Seltsamerweise sahen diese weniger wie Ärzte aus denn wie – Schaufensterpuppen.
Die jungen Herren trugen akkurat rechtsgescheitelte, kurze schwarze Haare und
waren frisch rasiert. Ihre ebenmäßigen Gesichter strotzten nur so vor
Gesundheit, und ich hätte mich schwer getäuscht, wenn auch nur einer von ihnen
unter eins neunzig groß gewesen wäre. Soweit die übernatürlich leuchtenden
Kittel eine optische Abtastung zuließen, besaß ein jeder von ihnen den Body
eines Athleten. Um ihre Mundwinkel spielte dieses manierierte Dauerlächeln,
welches auch Versicherungsvertretern zu eigen ist. Ihr ganzes Wesen strahlte
einen derartig aufgesetzten Optimismus aus, daß selbst um die Wette lächelnde
Hutmodels aus den Fünfzigern dagegen vergeblich angestunken hätten. Allesamt
hielten sie Klemmbretter mit Notizen in den Händen.
Allmählich waren sie so nahe, daß ich die Namensschildchen
auf ihrer Brust entziffern konnte. Der Typ in der Mitte hieß Dr. Gabriel. Das
durch die Luken unterhalb der Decke flutende Morgenlicht verlieh ihm eine
goldene Aura, so daß er wie eine idealisierte Figur aus einer Glasmalerei
wirkte. Links von ihm befand sich ein gewisser Dr. Michael, der merkwürdigerweise
silbern reflektierte, und rechts ein Dr. Raphael. Bei den beiden an den Seiten
schien es sich um ausländische Ärzte zu handeln: Dr. Uriel und Dr. Raguel. Doch
im Grunde war es völlig egal, wie sie hießen, denn offenkundig kamen alle aus
derselben Fabrik. Sie hatten etwas an sich, als müßten sie auf der Stelle die
Rolle mit ihren Patienten tauschen, sobald ihre tägliche und nicht zu knapp
bemessene Ration Valium auf einen Schlag abgesetzt würde.
»Wie ich höre, hast du über die Stränge geschlagen, Refizul«,
sagte Dr. Gabriel und lächelte milde, als die ganze Truppe vor uns stoppte. Der
Mann nannte eine Stimme sein eigen, die selbst Granit zum Schmelzen gebracht
hätte. Der irgendwie liebliche Ton war sicherlich Teil einer therapeutischen
Methode, die er sich auf
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