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Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Titel: Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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welche ein
paar Stunden zuvor noch mit toten Angehörigen oder einfach mit der kahlen Wand
Zwiegespräche geführt hatten, nun plötzlich zu Werke gingen wie findige
Ingenieure, doch maß ich dieser Beobachtung in der Hitze des Gefechts keine
besondere Bedeutung zu.
    Schließlich erreichten wir den Raum, wo Refizul die Folter
hatte über sich ergehen lassen müssen. Das Verlies beherbergte altmodische
Gerätschaften, die eher dem Arsenal eines Geheimdienstes aus den Fünfzigern
zuzuordnen waren als der modernen Medizin. Bei meinem ersten Besuch waren mir
die trüben, tresorähnlichen Kästen mit klobigen Schaltern und
tischtennisballgroßen Dioden und Drehknöpfen, die von einer ganzen Hand umfaßt
werden konnten, gar nicht aufgefallen. Harte Untersuchungsliegen, an deren
Seiten an Schraubstöcke erinnernde Lederfesseln für Hand- und Fußgelenke
angebracht waren, rundeten das düstere Bild mit dem Charme eines Alptraums ab.
Auf einer der Liegen befand sich die Elektroschock-Zange. Auf dem Boden stand
immer noch der volle Eimer mit Wasser, das zum Leitendmachen des Patienten
benutzt worden war. Auch hier lehnten zwei Gasflaschen an der Wand.
    Mein penibler Vertragspartner tauchte plötzlich neben mir
auf, und sein seelenwunder Gesichtsausdruck verriet, daß vor seinem geistigen
Auge gerade ein Film ablief, der nur sinnlose Qualen und ein verschwendetes
Leben zum Inhalt hatte.
    »Kennst du dich mit dem Ding aus?« wollte ich wissen. Ich
deutete mit der Schnauze zu der Grauensapparatur, die mit der Zange verbunden
war.
    »Was für eine Frage! Das hier ist mein Wohnzimmer und das
Ding meine alte Geliebte, die leider ziemlich sadistisch veranlagt ist.«
    »Kannst du es so umfunktionieren, daß es erst, sagen wir
mal, in einer Minute anspringt?«
    »Wozu? Die Technologie stammt aus der Bronzezeit. Der
Kasten muß sich erst aufladen und erreicht die höchste Stromkapazität ohnehin
erst nach einer Minute.«
    »Perfekt! Dann besorg dir schnell irgendwelche
Stofffetzen. Die rollst du zu einem Bündel, tunkst das dort ins Wasser, legst
es auf die Liege und klammerst die Elektrozange dran.«
    Er stutzte. »Ein kaum nachvollziehbarer Befehl, General.
Aber was soll's, als kleiner Soldat hat man eh nichts zu melden.«
    Ich hatte gedacht, daß sich die Sache mit den Stoffetzen
besonders kompliziert gestalten würde. Weit gefehlt, denn der kleine Soldat
schien mit weit mehr Phantasie gesegnet als der General. Ohne große Umstände
griff Refizul zum Rock seines Nachthemdes und riß ihn in Streifen. Dabei
blinzelte er mir mit einem ironischen Lächeln zu, als wüßte er ganz genau, was
ich vorhatte. Am Ende hatte er so viele Stoffstreifen abgerissen, daß das
Nachthemd wie ein Fransenrock aussah. Refizul schnürte die Streifen zu einem
Ballen, der eine täuschende Ähnlichkeit mit einem bandagierten Kopf besaß,
tauchte das Gebilde in den Eimer mit Wasser, stellte es auf eine Liege und
stülpte die Elektrozange darüber. Das Resultat wirkte etwa so, als würde sich
eine Mumie über Kopfhörer den aktuellen Ramses-Hit reinziehen.
    »Gut gemacht!« sagte ich. »Jetzt schraubst du die
Verschlüsse der Gasflaschen auf, schaltest das Gerät ein und fängst an zu
beten, daß wir hier herauskommen, bevor wir uns selbst zu Gas transformieren.«
    »Aus Gründen, die zu erklären zu lange dauern würde, habe
ich eine Aversion gegen das Beten!« Er ließ das Gas aus den Flaschen
entweichen, betätigte den Hauptschalter der Schock-Maschine und legte den
großen Hebel um. Lichter fingen an zu blinken, und sofort erfüllte ein
enervierendes Brummen den Raum. Wir traten gemeinsam nach draußen vor die
anderen Aufständischen, die uns mit vielen Fragezeichen in den Gesichtern
anglotzten.
    »Na los, worauf wartet ihr noch!« rief ich. »Bringt euch
auf dem Hauptkorridor in Sicherheit, bevor uns hier alles um die Ohren fliegt!«
Sofort setzte eine panikartige Flucht ein, diesmal in umgekehrter Richtung.
Wieder durchquerten wir die mit medizinischem Schrott vollgestopften Kammern
und düsteren Gänge, jetzt allerdings im Schweinsgalopp. Die aus den Flaschen
ausgetretenen Gase hatten sich inzwischen zu einem teuflischen Gemisch
vereinigt und bis in den kleinsten Winkel dieses Teils der Anstalt
ausgebreitet. Die Luft roch verdammt schlecht, sie war verdammt explosiv und
verursachte Würgreflexe. Es glich einem Wunder, daß wir selbst beim
zeitrafferartigen Passieren der Räumlichkeiten nicht einer Vergiftung zum Opfer
fielen. Sicherlich hatten es

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