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Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Titel: Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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anderen und schaute mir mit coolem Ausdruck geradewegs ins Gesicht.
»Und jetzt, Alder?«
    Ich mußte gestehen, daß ich über das weitere Vorgehen
keinen ausgefeilten Plan in der Schublade hatte. Besser gesagt, ich besaß
überhaupt keinen Plan. Doch hielt ich mich nicht von ungefähr für den König der
Improvisation. »Nun, wir brechen einfach aus!« verkündete ich im
aufpeitschenden Tonfall des Anführers.
    Efendi lächelte müde. »Geniale Idee, Alder. Wenn du nur noch
die Freundlichkeit hättest, uns zu verklickern, wie wir das genau anstellen
sollen. Die Fenster sind vergittert und alle Türen mit Eisenriegeln und
Monsterschlössern abgesperrt, und zwar mehrfach. Die Mauern sind so dick wie bei
einem Weltkrieg-Zwo-Bunker, und last not least wäre da auch noch das bißchen
Wasser da draußen, das nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen ziemlich naß
sein dürfte.«
    Mann, der Kerl konnte auch wirklich ein Spielverderber
sein! Ich überlegte angestrengt, was zugegebenermaßen vor der versammelten
Mannschaft nicht gerade einen eleganten Eindruck machte. Es mußte mir schnell
etwas einfallen, wenn ich mich jetzt nicht bis auf die Knochen blamieren
wollte. Schließlich spürte ich im Nacken Refizuls fordernden Blick. Der Alte
hatte allen Grund zur Ungeduld, hatte er sich doch erst wegen meiner großen
Schnauze zum »Projekt Spartakus« hinreißen lassen.
    Endlich keimte eine Erinnerung in mir auf, der Groschen
fiel, und ich wähnte mich im Besitz der einzig möglichen Lösung. »Wenn Mauern
und Schlösser nicht nachgeben wollen«, rief ich in die Menge, »dann müssen wir
sie eben zum Verschwinden bringen! Folgt mir!« Mit diesen Worten sprang ich vom
Tisch und rannte wie der Blitz zwischen den Beinen der Greise und an den
verdutzt dreinschauenden Artgenossen vielfältiger Rassen und Fellfarben vorbei
auf den Korridor. Das Getrampel von sandalenbestückten Füßen, erregtes Miauen
und ein kurzer Blick zurück bestätigten mir, daß die ganze Bande mir dicht auf
den Fersen blieb. Von Zack und dem Panzermann war nirgends etwas zu sehen, und
da die Tür zum Rest des Gebäudes offenstand, schlüpfte ich mit einem Satz in
die labyrinthischen Gänge. Schnell hatte mich die Entourage aus schmutzigen
Nachthemden und phosphoreszierenden Augen eingeholt, und gemeinsam verloren wir
uns in den Eingeweiden der Anstalt. Allein der Vollmond, der sein silbriges
Licht hier und da durch schießschartenkleine Fenster warf, sorgte für ein wenig
Aufhellung. Ich vergegenwärtigte mir die Strecke, die ich zurückgelegt hatte,
als ich Refizul zu seiner Elektroschock-Folter gefolgt war. Obwohl ein düsterer
Flur auf den nächsten folgte und miefige Räume voll vorsintflutlichem Gerümpel
in Serie unseren Weg kreuzten, tat mein inneres Navigationssystem seinen Dienst.
    Dann endlich kamen wir zu den schlachthausartigen Kammern
mit vierteiligen Kreuzrippengewölben, welche an schwarzweiße
Horrorfilmszenarien gemahnten. Dort lagerten medizinische Geräte und
Utensilien, die wohl noch aus der Zeit von Professor Sauerbruch stammten. Von
Spinnweben und Mäuseschiß überzogene Narkose-Apparaturen mit brüchigen
Schläuchen, riesige, grau emaillierte OP-Lampen, gleich mehrere
zylinderförmige, offensichtlich defekte Geräte für die Elektroschock-Therapie,
sonderbar verbogene und völlig stumpf gewordene chirurgische Instrumente, zu
kleinen Hügeln gestapelte Zwangsjacken und Patientenliegen mit aufgeplatzter
Polsterung füllten die Kammern. Daneben wurde aber auch keine geringe Anzahl
von länglichen, längst verrosteten Gasflaschen aufbewahrt, die vermutlich
Lachgas, Narkose- und andere Gemische beinhalteten. Sie sahen aus wie
vergessener Raketenschrott einer längst aufgegebenen Waffenfabrik. Bereits bei
meinem ersten Erkundungsgang waren mir die Dinger aufgefallen.
    »Schraubt die Ventile aller Gasflaschen auf!« rief ich,
während ich der Befreiungsarmee vorauseilte. Von geradezu beispielloser
Befehlshörigkeit taten die zahnlosen Alten, wie ihnen geheißen, machten sich
sofort über die Gasflaschen her und drehten die Verschlüsse auf. Was sich infolge
von Oxydation und Zersetzung nicht mehr öffnen ließ, wurde mittels eines aus
dem Gerümpel gefischten, gewaltigen Schraubenschlüssels oder Hammers kurzerhand
von der jeweiligen Flasche abgeschlagen. Ich rannte weiter, und in jedem Raum,
in dem Gasflaschen standen, gab ich brüllend immer die gleiche Parole aus:
»Laßt das Gas heraus!« Es wunderte mich zwar, daß die Kopfgestörten,

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