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Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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schwer, mit mir selber auszukommen. In diesem Sinne, fröhliches Weiterschnüffeln!«
    Das waren die letzten Worte des geistreichen Francis an diesem Tage, eines Mannes von subtilem Humor, bevor er gelassenen Schrittes seiner Wege ging. So sah es jedenfalls für den Außenstehenden aus. Hinter dem Vorhang der selbstgefälligen Inszenierung jedoch lagen Scham und Schuldgefühle mit meinem Stolz im Widerstreit. Obwohl ich Hektor den Rücken zugekehrt hatte und stur gen Gustavsches Anwesen marschierte, hatte ich seine ganze betrübte Erscheinung so deutlich vor Augen wie in einem Rückspiegel. Der Kerl hatte es nun zum zweiten Mal mit mir probiert, mich durch Tat und Argumente für die gute Sache zu gewinnen versucht. Und mir sogar, wenn ich ehrlich war, das Leben gerettet. Aber ich hatte ihn enttäuscht, mehr noch, ich hatte ihn ein weiteres Mal gedemütigt. Warum? Weil ich nicht aus meiner Haut konnte. Eine sehr plausible Erklärung, nicht wahr? Man sollte sie in Marmor meißeln und ein paar Kerzen davor aufstellen. Nein, in Wahrheit war ich schlicht und einfach nur schlecht. Schlecht, schlecht, schlecht!
    Als ich durch das Klofenster in die dunkle Wohnung sprang, fühlte ich mich derart gerädert oder vielleicht auch derart schlecht, daß mir nicht einmal der Sinn nach einem kleinen Imbiß stand, den der getreue Gustav wie üblich zubereitet hatte. Ich hatte nur noch einen Wunsch: schlafen. Schlafen und dabei am besten sterben. Ich stapfte ins Schlafzimmer, wo der dicke Mann unter der Decke einen solchen Schnarchtornado entfesselte, daß ein Außenstehender sofort den Notarzt verständigt hätte. Bevor ich mich am Fußende der Decke niederließ und in einen komatösen Zustand verfiel, nahm ich noch beiläufig eine kleine Veränderung an der gewohnten Zubettgeh-Szenerie wahr. Gleich neben mir schlief ein Fremder. Er glich mir bis aufs Haar. Dieselbe Farbmusterung des Felles, dieselben listigen Gesichtszüge, dieselbe Figur, ja dieselbe Erscheinungsform. Er war bloß viel kleiner als ich und nicht mit den unschönen Verfallserscheinungen behaftet, wie sie das Alter nun mal mit sich bringt. Zu einem vollendeten Ring zusammengekrümmt - meine favorisierte Schlafpose -, widmete er sich der Wanderung durch das Traumland.
    Vielleicht habe ich meinen jüngeren Doppelgänger zu Besuch, dachte ich und mußte schmunzeln. Aber gleich darauf war es mir auch wieder einerlei, so wie mir dieser verdammte drohende Krieg vollkommen einerlei war. Ich krümmte mich ebenfalls zu einem Ring zusammen und begab mich kopfüber in das Traumland.

 
     
     
     
    3. Kapitel
     
     
    In meinem Traum strahlte die Sonne noch heller als am vergangenen Tag. Ich blickte auf eine wie von Flutlicht erhellte, grenzenlos scheinende Gartenlandschaft von beeindruckender Schlichtheit. In weiten Abständen voneinander wuchsen aus einem englischen Rasen Miniaturbäume, die mit ihrem verschnörkelt wirkenden Astwerk und ihren kunterbunten Phantasiefrüchten den Schöpfungen eines Bühnenbildners ähnelten. Zwischen ihnen standen Hunderte von Gärtnern, beinahe so viele, wie man Bäume sah. Eigentlich waren es eher Karikaturen von Gärtnern, denn ihre Kleidung, bestehend aus Strohhut, einer bis an die Knie reichenden grünen Schürze und Gummistiefeln, entsprach haarklein dem Klischee des Botanikfreaks. Eines machte mich jedoch stutzig und ließ mich ahnen, daß ich mich nicht an einem realen Ort befand. Trotz der grellen Helligkeit nämlich war es unmöglich, die Gesichter der Gärtner zu erkennen, weil auf ihnen, egal aus welchem Blickwinkel man sie betrachtete, ein solch finsterer Schatten lag, daß sie konstant wie geschwärzt aussahen.
    Obwohl kein Laub auf dem Rasen lag, ja hier nicht einmal der Verdacht eines keimenden Unkrauts gedieh, schwangen die Gärtner mechanisch wie Puppen in einer Schaufensterdekoration ihre Rechen hin und her, ohne daß die geringste Beute zwischen den Zähnen hängenblieb. Aus dem Hintergrund hörte ich Fetzen des am Tage Gesprochenen, verzerrt und hallend: »... Was meinst du mit ›ein anderes Tier‹? Ist es vielleicht Alien? Oder Godzilla? ... Mir scheint, wir haben es hier mit dem Einbruch des Fremden zu tun ...«
    Dann plötzlich sah ich Hektor. Er lief mit hochkonzentrierter Miene zwischen den Gärtnern umher und schnüffelte im Umkreis ihrer Rechen so gewissenhaft, als winke ihm ein Autogramm von Lassie. Das Bild faszinierte mich, und unversehens schwebte ich Hektor nach, um mir seine Arbeit aus der Nähe anzusehen.

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