Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman
meine Schlußfolgerungen mitgeteilt hatte.
Den Blick auf den Monitor gerichtet und immer noch in meine Grübeleien vertieft, spürte ich, daß allmählich eine Entscheidung anstand.
»Tja, es sieht verdammt danach aus, als wünsche er eine Begegnung von Angesicht zu Angesicht. Warum auch immer.«
»Kann er haben. Den Mistkerl schnappen wir uns! Bat er dich nicht sogar höchstpersönlich darum, das sogenannte Kriegsmonster kaltzumachen, wenn du ihm begegnen würdest? Also tun wir ihm den Gefallen.«
Hektor wandte sich ab und eilte schon in Richtung Tür.
»Sachte«, rief ich, woraufhin er stoppte und mir den Kopf zuwandte. Seine Feuerwehrschlauchzunge hing ihm wieder so tief aus der Schnauze, daß er damit beinahe den Boden aufwischen konnte. Trotz seines Erscheinungsbildes einer vorsintflutlichen Dampflokomotive, gehüllt in braunschwarzen Ruß, sah man jetzt das durch den gerechten Zorn entfachte Feuer in seinen Augen, das ihn wieder in einen Jüngling verwandelte.
»Vielleicht sollten wir erst die anderen verständigen. Vor allem solche Beißwütigen wie Hinz und Kunz, damit unser Professorchen nicht auf dumme Gedanken kommt.«
»Und ihm einen Vorwand liefern, die Polizei, die Feuerwehr und sämtliche Tierfänger in der Umgebung zu alarmieren, weil er sich von einer Horde von Tollwütigen bedroht fühlt?«
»Aber ...«
»Nichts aber! Folge mir - und verlaß dich auf mich!«
Wir verließen Archies Bombentrichter, der bei Lichte besehen inzwischen die Zentrale der erfolgreich abgeschlossenen Fahndung geworden war, und stiegen im Treppenhaus leise die Stufen zur Amöbius Mars' Bleibe hinauf. Keineswegs zu unserer Überraschung stand die Tür weit offen, was ein zwiespältiges Willkommen verhieß. Das Licht in der Wohnung war abgeschaltet, alles lag in jener Art von Dunkelheit, die an ein eingefrorenes Brüllen erinnerte. Hektor, immer voran, tapste über die wie gewohnt frischgebohnerten Dielenbretter mit einer Kühnheit, als wäre er im Besitz eines Haftbefehls und wähnte ein paramilitärisches Spezialkommando hinter sich.
Was tagsüber, vor allem bevor die Wahrheit ans Licht gekommen war, so extravagant und erholsam ausgesehen hatte, wirkte nun nur noch bedrohlich und kalt. Die auf reine Funktionalität reduzierte Einrichtung mit der wie einem hypermodernen Friedhof entsprungenen Granitküche, den der documenta würdigen Designmöbeln und den exotischen Statuen und Artefakten, all dies Solitäre inmitten von soviel Raum und soviel Ordnung machte einem mehr Angst als das Rumpelkammerinventar alter Draculafilme. Während wir über die endlos scheinenden Korridore und bisweilen durch völlig leere Zimmer streiften, schwante mir langsam, daß wir hier dem Mörder nicht begegnen würden. Es wäre zu einfach gewesen. Denn so, wie er die ganze Geschichte inszeniert hatte, wäre es für ihn bestimmt ein sehr tristes Ende gewesen, wenn wir ihm plötzlich beim Studieren der Börsennews oder beim Stopfen seiner Pfeife gegenübergestanden hätten. Nein, ich hatte den schlimmen Verdacht, daß er das große Drama bevorzugte.
So war es auch. Als Hektor und ich in den letzten Raum gelangten, der sich zu der Dachterrasse hin öffnete, sahen wir bereits von weitem etwas matt im Mittelpunkt des Zimmers leuchten. Die Helligkeit stieg von einem Gegenstand auf dem Fußboden auf und wurde als bläulich blasser Schimmer von den Wänden reflektiert. Wir näherten uns vorsichtig dem Ding, dessen strahlende Seite uns abgewandt war, und erst als wir es schon beinahe berühren konnten, erkannten wir, um was es sich dabei handelte. Es war ein rabenschwarzer, in Betrieb befindlicher Laptop, ein portabler Kleincomputer, den man wie ein Buch zusammenklappen und vor allzu neugierigen Blicken stets ganz schnell verschwinden lassen konnte, zum Beispiel, indem man ihn im Bücherregal zwischen die anderen Bücher klemmte. Von wegen des Herrn Professors Wohnung glänzte durch »die Abwesenheit jeglicher Kommunikationstechnologie«! Wahrlich, wahrlich, er besaß einen Telefonanschluß und hatte so jederzeit Zugang zum Netz.
Hektor und ich gingen um den kleinen Kasten herum und stellten fest, daß die schwache Helligkeit durch den Bildschirm verursacht wurde. Darauf war jedoch weder das komplizierte Display eines Programms noch eine schriftliche Botschaft zu sehen. Wir blickten lediglich auf eine zwei Tage alte Fotografie, die den gesamten Schirm ausfüllte und von unserem Freund heimlich aufgenommen sein mußte: ein fast bis auf die
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