Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman
zuckten ununterbrochen. »Und das alles schließt du aus dem, was sich da gerade draußen im Hof abspielt?«
»Nicht nur das.« Es wäre gelogen gewesen, wenn ich jetzt bestritten hätte, dass ich mir nicht allwissend vorkam. »Ich weiß auch, dass nur einzige Institution existiert, die eine manipulative Geschichtslöschung von solch gigantischem Ausmaß zu bewerkstelligen imstande ist.«
»Sag’s mir schnell.«
»Der Staat! Die Staaten .«
»Na, dann können wir ja getrost nach Hause laufen und uns schlafen legen. Gegen Staaten können wir einfach nichts unternehmen. Ich meine, wir sind zwei kleine Vierbeiner, und sie sind …«
»Sie haben eine Schwachstelle!«
»Ach ja? Welche denn?«
»Keine Ahnung. Jeder und alles hat eine Schwachstelle. Ich gestehe, das ist so eine Art Action-Film-Philosophie.«
»Aber warum sollte der Staat so etwas tun, Francis?«
»Tja, das ist die große Frage. Gustav hat es sicherlich gewusst. Aber leider ist er jetzt in einem anderen Reich. Es ist jedoch offensichtlich, dass das eine mit dem anderen zusammenhängt. Ich meine, das Zeitwirrwarr mit dem ägyptologischen Wirrwarr.«
»Und nun?«
»Wir schleichen uns in einen der Trucks hinein. Es ist
von größter Bedeutsamkeit, dass wir erfahren, wohin die Exponate gebracht werden.«
»Vielleicht zu einer Müllverbrennungsanlage?«
»Das glaube ich nicht. So dumm ist nicht einmal der dümmste Bösewicht, dass er seinen ureigenen Schatz verbrennt.«
Vollkommen lautlos huschten wir die nur aus acht Stufen bestehende Betontreppe hinunter und wandelten dann gespenstergleich im Schutze der Dunkelheit über das Kopfsteinpflaster, das im Mondschein fahl schimmerte. Überall um uns herum herrschte ein emsiges Treiben; es wurde gewuchtet und geschleppt, was die Muskeln hergaben. Sämtliche Umzugsleute waren mit dem Wegtragen der antiken Kleinode beschäftigt. Wir fielen in dem Hochbetrieb überhaupt nicht auf, und zu allem glücklichen Überfluss hatte uns der Killer gerade den Rücken zugekehrt.
Wir erreichten einen Truck, dessen Ladetüren hinten zum Frachtraum sperrangelweit offen standen und in dem sich gerade keiner der Umzugsleute aufhielt. Nacheinander sprangen wir hinein und schauten uns schnell in dem düsteren Kasten um. Überall standen riesenhafte Statuen aus einem speckig schimmernden schwarzen Stein, die unvorsichtigerweise nur teilweise mit Sicherheitsgurten an den Wandhaken befestigt worden waren. Wie erwartet, hatten sie allesamt unsere Rasse zum Motiv, allerdings auf eine sehr abstrakte Art. Sie waren ungeheuer schmal, gerade so, als hätte man das Original mittels eines digitalen Kunstgriffs auf über zwei Meter langgezogen. Ebenso verhielt es sich mit ihren mit Blattgold überzogenen Nasen und Ohren. Der Steinmetz hatte sie zu Keilen angespitzt, die scharfkantig
aus dem Kopf herausragten und sehr bedrohlich wirkten. Zwischen diesen Lulatschen reihten sich labyrinthisch angeordnete Regale, in denen ebenfalls schwarze Felidae-Skulpturen ruhten, allerdings in kleinerem Format und in liegender Stellung. Es war unfassbar, dass man diese Schätze einfach so verschwinden lassen wollte.
»Bist du immer noch scharf darauf zu erfahren, wohin all dieses Zeug abtransportiert werden soll?«, wollte Sybilla wissen und blickte mich teils erwartungsvoll, teils beklommen an. »Ich meine, hier drinnen sieht es schon total gruselig aus. Wer weiß, was uns erst am Ziel erwartet.«
»Na, eine Lagerhalle, denke ich. Das ist aber nicht so wichtig. Wichtig ist, wo sich diese Lagerhalle befindet und wer ihr Eigentümer ist. Mach dir keine Sorgen, uns kann überhaupt nichts passieren. Und das Beste ist, wir können genau mitverfolgen, wohin die Reise geht …« Ich trippelte zur linken Seitenwand. Genau auf Augenhöhe enthielt diese längs verlaufende enge Schlitze, welche wie eine großzügige Perforation wirkten. »Durch die Schlitze hier können wir die ganze Fahrt hindurch hinausschauen und sind immer im Bilde, wo es langgeht. Wie gesagt, du brauchst dich vor nichts zu fürchten.«
»Wenn du es sagst!«
Draußen tat sich etwas. Wir verkrochen uns rasch in den der Fahrerkabine angrenzenden Teil des Frachtraums, wo uns das Regale-Labyrinth augenblicklich Unsichtbarkeit verlieh. Dennoch hatten wir von dort aus eine gute Sicht auf den Rest des Kastens, und durch die offen stehenden Ladetüren auch nach draußen. Am Heck des Lasters tauchten nun zwei der Transportleute auf, und nachdem sie miteinander
ein paar Worte gewechselt hatten,
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