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Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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dass ich die Situation genoss. »Bahnhofspennerinnen scheinen diesbezüglich wohl nicht anders gestrickt zu sein. Um Gustav mache ich mir ehrlich gesagt keine großen Sorgen. Er ist jetzt im Himmel und hat sich dort oben bestimmt
schon das erste Kotelett bestellt. Doch aus meinem Leben und der Welt ist er trotzdem nicht verschwunden, jedenfalls nicht, wenn die Dinge so liegen, wie sie scheinen.«
    »Was meinst du damit, verdammt?«
    »Die Zeit läuft rückwärts, Sybilla. Schon vergessen?«

12
    Das alles klang nach großem Abenteuer, nach aufregender Flucht vor muffiger Alltagslangeweile, nach sich Bewähren in Heldenmanier. Mochte sein, dennoch spürte ich, dass diese Reise ihren Endpunkt erst im Auge eines furchtbaren Orkans finden würde. Und die folgenden Geschehnisse bestätigten mich in dieser Hinsicht geradezu im wortwörtlichen Sinne.
    Sybilla und ich hefteten uns schnellen, aber leisen Schrittes an die Fersen des Killers. Ich hatte es vermieden, beim Vorbeistreifen einen Blick auf die Toten zu werfen, erst recht nicht auf den »toten« Gustav. Auch wenn ich von meiner Theorie felsenfest überzeugt war, hätte mich das Bild des gemeuchelten alten Gefährten auf der Stelle zusammenbrechen lassen. Also lieber nicht hinschauen, lieber weiterhin daran glauben, dass das Ganze bloß ein Albtraum war, aus dem es wieder ein Erwachen gab. Wenngleich noch die Frage im Raum stand: Wo würde ich aufwachen?
    Es ging durch einen sich schier unendlich hinziehenden, verschachtelten Korridor, dessen Decke und Wände mit einem Wirrwarr von verstaubten Wasser-, Gas- und Lüftungsrohren bestückt waren. Am Ende schimmerte durch
eine geöffnete Tür diffuses Licht, in dem sich der uns Vorauseilende mit der lässig schwingenden Pistole in der Hand als ein Schattenriss abzeichnete. Als er durch die Tür war, verlangsamten wir unseren Schritt und schalteten erst auf Schleich- und am Schluss auf Kriechmodus. Dann huschte Sybilla hinter den einen und ich hinter den anderen Türpfosten und lugten um die Ecke. Wir blickten in einen von Neonröhren erleuchteten, großen Kellerraum, in dem sich circa zwanzig Männer in schwarzen Anzügen aufhielten. Fast alle von ihnen trugen Headsets, plapperten unentwegt in ihre Handys und Funkgeräte hinein und rannten furchtbar geschäftig umher. Aber es war augenfällig, dass sich alles um einen ganz bestimmten Anzugträger drehte, der völlig entspannt im Zentrum der ganzen Konfusion stand. Ich wusste nicht, ob Sybilla ihn erkannte, aber ich wusste sofort, wen wir vor uns hatten, war der Mann doch eine immer wiederkehrende, vor allem berühmte Erscheinung aus den Fernsehnachrichten, die ich jeden Abend neben Gustav auf der Couch durch halb geschlossene Augen verfolgte: der Außenminister!
    Der Kellerraum diente offenkundig als eine improvisierte Garderobe, wo man den Herrn Minister für seine Rede vor dem Museumspublikum präparierte. Die Leute um ihn herum waren vollauf damit beschäftigt, ihm in sekündlichem Rhythmus neu eingetroffene Informationen einzuflößen oder seine Kleidung und seine blonde Haarpracht zurechtzuzupfen, damit er nicht die vertraute Fernsehfasson verlor. Der glatzköpfige Killer näherte sich ihm und flüsterte ihm wie im Vorbeigehen etwas ins Ohr. Vermutlich ließ er ihn wissen, dass das Problem mit den beiden
Profs gelöst sei. Der Außenminister nickte zufrieden, und weder ihn noch die anderen Männer im Raum schien es zu stören, dass der Kerl eine Waffe in der Hand hielt. Ergo war die Ermordung der beiden von »ganz oben« befohlen worden, quasi eine geheime Regierungssache.
    Nun verstand ich gar nichts mehr. Was hatte die Regierung mit dem ganzen Zeitchaos am Hut? Im nächsten Moment allerdings hätte ich mich ob der blöden Frage selbst ohrfeigen können. Wenn nicht die Regierung, wer denn sonst, du Idiot!, wies ich mich im Geiste zurecht. Denn gerade einer Regierung, die gewöhnlich ihre Augen überall hatte, musste doch wohl ein Realitätsumbruch von derart groteskem Ausmaß als Erstes auffallen. Wer weiß, vielleicht war die Sache sogar von ihr ausgeheckt worden, oder sie steckte mit ihnen unter einer Decke. Gut, hier ging jetzt mit dem alten Francis der Verschwörungstheoretiker durch. Aber Gustav und der Physiker-Eierkopf waren schließlich nicht im Auftrage von Don Corleone kaltgemacht worden, sondern ganz offensichtlich von einem Killer der Regierung. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Die sogenannte Re-Gesellschaft existierte in Wahrheit

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