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Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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alle Bescheid wissen, Herzl?«
    Er öffnete das Maul und schloss es wieder, ohne einen Laut hervorzubringen. Es war ihm anzumerken, dass er ziemliche Schwierigkeiten hatte, meinem Gedankengang zu folgen. Aber egal, ich musste jetzt diesen Gedankengang zu Ende bringen, um mir selbst Gewissheit zu verschaffen.
    »Es wäre doch denkbar, dass solch ein Gerücht zurzeit die Runde macht. Vielleicht hat es sich jemand ausgedacht, als er davon gehört hat, welch märchenhafte Summe eine der Unsrigen erben soll. Ein Gerücht, dass wir mit der Riesenkohle unseren eigenen Staat gründen könnten und nie mehr auf den Menschen angewiesen wären. Und wer weiß, vielleicht war dieser gewisse Jemand schon immer besessen von dieser Idee, hat aber nie eine Chance gesehen, wie man sie realisieren könnte. Nun aber wittert er Morgenluft und wähnt sich seinem Ziel sehr nahe. Wie eine Kopie von einer Kopie von einer Kopie immer gröbere Fehler aufweist, so könnte dieses Gerücht sich über Hörensagen verselbstständigt, mit Wunschträumen und fantastischen Tupfern aufgeladen und sich schließlich zu einer Art religiösem Wahn unter den Artgenossen etabliert haben. So sehr, dass man für die gute Sache sogar zum Sterben bereit ist. Was meinst du?«
    »Nu, was soll ech dozu scho mejnen? Sej ma nischt böse, Francis, dos klingt mehr als wie irre. Denn wann ma dos gemejne Volk mit dar Visijon von am Paradies, von am Felipolis, mejntswegen von am Zion locken will, so braucht ma dofür an gewissen Köder. A so a Köder misste blinken und eppes ausstrohlen, vor ollem den Anschejn von wos Realen besitzen, damet dar Fisch danoch schnappt. Will sogn, das herbejfantasierte Zion misste irgendwo auf dar Welt tatsächlich existieren. Und sejs nur als a Bild der Sejnsucht, dos ma die Gläubign und Schmachtendn vor Augen führen koann.«
    Herzl schien mit meiner Theorie ziemlich überfordert. Der gemütlich professorale Look, zu dem nur noch die immerwährend rauchende Pfeife im Maulwinkel und die obligatorische Nickelbrille fehlten, wirkte wie durch den Wind gedreht. Er machte eher den Eindruck eines Professors, der bei seinem Spaziergang im Hofgarten der Uni von kartoffelgroßen Hagelkörnern überrascht worden war. Schade eigentlich. Ich hätte mir von einem Intellektuellen seines Formats mehr Leidenschaft für meine raffinierten Spekulationen gewünscht.
    »Du wirst es mir nicht glauben, Herzl, doch ich kenne inzwischen diesen Köder, dieses Zion«, sagte ich, ohne auf seinen verwirrten Zustand Rücksicht zu nehmen. »Es ist eine Insel im Indischen Ozean. Und rate mal, wem sie gehört.«
    »Nu, gern, Francis. Ober ech hätt vorher erst gern gewusst: Wie host de der all die Informatijonen beschaffen kennen, wo de die letzten Tag met ejner Pfote im Jensejts gestonden best?«
    Ich erzählte es ihm. Vor allem berichtete ich ihm von dem
ungewöhnlichen Umstand, dass Forster die Insel Koroyana wenige Tage nach Adelheids Tod erworben hatte.
    Als ich geendet hatte, kam von Herzl ein erneutes »Nu…«, und er sah noch zerzauster als vorhin aus. »Tut ma lejd, mej Bester«, sagte er nach einer nachdenklichen Pause, »ober ech konn bejm besten Willen nicht nochvollziejen, wieso de Unsrigen auf an solchenen Mist herejnfallen sollten. Ech mejn, de Insel es doch nejntausend Kilometer oderaso entfernt. Es dürft sogor em drejstesten Ganov schwerfolln, überzejgend darzelegen, wie ma auf unseren vierenen Pfoten dorten hinkemmt. Und allejn de Vorstellung, an ejgenen Staat ze besetzen, es unserer Denkwejse widernatürlich. De wejßt es selber, Francis, mer sennen Zigeuner met am festen Wohnsitz. Nur Meschuggene und Menschen wiegen sech in derer trügerischen Sicherhejt, doss se sech ejner Natijon, ejm Staat oder ejm Stejdtl zugehörig fühlen. Dos vergejt schneller, als wie ma wegschaut. Wos blejbt - dos sennen immer mir! Hejte hier, morgen dort. Je nochdem, wo es Futter besser schmeckt. Wenn sech de Menschen de Erkenntnis ze ejgen gemocht hätten, ins wär so mancher von denen ihre Kriege erspart geblijben.«
    Wo der olle Professor recht hatte, hatte er recht. Doch eine Fortführung des Gedankenaustauschs mit Herzl war sinnlos. Er sprang einfach nicht auf meinen Kombinationszug auf und weigerte sich beharrlich, diesen mit scharfsinnig schlussfolgernder Kohle zu befeuern. Offen gesagt hätte ich mir mehr erwartet von so einer Geistesgröße, die angeblich sonst auf Hunderten von Konferenzen in aller Herren Länder tanzte und über Gott und die Welt debattierte.

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