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Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ein verrücktes Happening von großem Ausmaß statt. Zu meiner größten Überraschung aber schienen sich hier Mensch und Tier in ihrer Verrücktheit sozusagen Hand und Pfote zu reichen. Hippieesk anmutende, mit Dreadlocks drapierte junge Frauen in selbst gefärbten, durchlöcherten Fetzen und junge Männer mit nacktem Oberkörper und angemalten
Gesichtern tanzten mit entrücktem Ausdruck um die Lagerfeuer. Feuerschlucker und Jongleure hatten sich unter sie gemischt. Dabei stimmten alle dieses idiotische Indianergeheul an und zelebrierten auch sonst in jeder Hinsicht eine den vermeintlichen Wilden im Busch abgeguckte Ekstase. Um die Feuer saßen auch ein paar Jünger von der diakonischen Abteilung. Die Pickelgesichter mit akkurat gescheitelter Frisur und in perfekt sitzendem Camping-Outfit bekundeten mittels müdem Gitarrengeklimper und arhythmischem Getrommel auf Souvenirs aus dem letzten Afrika-Urlaub ihre Solidarität mit dem Exzess.
    Das wirklich Interessante aber spielte sich auf Bodenhöhe ab. Hunderte von meinesgleichen flitzten, sprangen, überschlugen sich und tanzten zwischen all diesen durchgedrehten Menschen. Und zwar mit einer derartigen Hingabe, als wären bei ihnen wesentlich mehr Sicherungen durchgeschmort als bei ihren menschlichen Vorbildern. So viele Spitzohren in breitestem Farb- und Rassenspektrum auf einmal hatte ich mein Lebtag nicht zu Gesicht bekommen. Es war ein einziges ohrenbetäubendes Chaos. In Verzückung geratene Menschen, die um die Lagerfeuer polterten, und eine Armee von Artgenossen, welche für sie quasi den flexiblen Untergrund bildeten.
    Als ich in das Gewühl trat, konnte ich auch das in der Luft schwebende Ding identifizieren. Es handelte sich um einen Mini-Zeppelin. Über eine Gestängekonstruktion war der gurkenförmige Gasballon mit einem offenen Führerkorb aus Holz verbunden, der am Heck eine kleine Propellermaschine zur Lenkung besaß. Man hatte das offenkundig selbst zusammengeschraubte Ungetüm mit Seilen an vier in die Erde
gerammte Holzpflöcke festgebunden, damit es nicht davonschwebte.
    Wie in Trance bewegte ich mich durch den ganzen Zirkus auf der Suche nach … ja, wonach eigentlich? Hatte ich mir nicht vorgenommen, schnurstracks in die Burg der Finsternis zu eilen, um Prinzessin Sancta aus den Klauen des bösen Drachen zu befreien? Offenkundig war ich nun selbst ein Opfer der psychedelisch anmutenden Szenerie und der von ihr ausgehenden Faszination geworden. Oder meine Kräfte neigten sich schneller ihrem Ende zu als der Vorrat an Hirnschmalz der um mich Tobenden. Während ich mit offenem Maul durch die euphorisierte und doch gespenstische Feier schlenderte, fielen mir nach und nach weitere Details auf. Einige der jungen Menschen um mich herum trugen Tiermasken. Dreimal darf geraten werden, welche Tierart diese darstellten. Wieder andere schwangen in den Händen große Pappschilder, auf denen so geistreiche Sprüche wie HÄNDE WEG VON MEINER KOHLE! oder ERST KOMMT DAS FRESSEN, DANN DAS ESSEN! oder SO MACHT KAPITA-LISMUS WIEDER SPASS! standen. Es darf wieder einmal geraten werden, von welcher Tierart ein stilisierter Pfotenabdruck in Übergröße unter jedem Spruch stand. Last but not least lagen da auf dem Gras diese Mädchen mit weggetretenem Lächeln um die Mundwinkel, deren Anblick grotesk zu nennen eine skandalöse Untertreibung gewesen wäre. Sie waren wohl bekifft oder mit härterem Stoff zugedröhnt, sodass sie sich gleich einem lebendigen Pelzmantel von mindestens zwanzig Spitzohren umhüllen und bedecken ließen, die allesamt wohlig schnurrten.
    Es gab keinen Zweifel, dass ich mich in einer abgefahrenen
Solidaritätskundgebung für Domino und ihr erhofftes Anrecht auf das Erbe befand. Was mich eigentlich hätte beruhigen und ermutigen müssen. Denn wenn Tier und Mensch Pfote in Hand gegen den kapitalistischen Wall anrannten, konnte ja nichts mehr schiefgehen. Meine Güte, ich dachte schon wie Josef! Dennoch meldete sich eine gallige Stimme in mir zu Wort, die mir vorhielt, dass der Mensch nichts Uneigennütziges tut, wenn er insgeheim nicht doch einen Nutzen davonträgt. Na ja, mit Ausnahme von Gustav, dem Aufgeblähten, vielleicht.
    »Francis …! Francis …! Francis …!«
    Ja, das war mein Name. Ich hörte die Rufe schon von Weitem, ohne die Richtung bestimmen zu können, aus der sie kamen. Wenigstens erkannte ich den Rufer gleich an seinem drolligen Akzent. Ich wirbelte herum, was mich wegen meines labilen Befindens etwas schwindelig machte, um ihn

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