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Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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weder ich noch die vom Park aus Aufschauenden ihn sehen konnten. Aber wir wussten ja, dass er im nächsten Moment wieder auftauchen würde, weil er gerade nur elegant einen Bogen um das Backsteinungetüm machte. Doch da passierte etwas. Etwas, das das gloriose Finale mit dem Aufrollen des Transparents unmöglich machte. Lars Büttel tauchte wieder auf, allerdings nicht wie erwartet auf die elegante Art. Er stürzte hinter dem Vorsprung des Schornsteins geradezu heraus. Vielleicht war er über ein Hindernis gestolpert, einen Lüftungsziegel vielleicht oder sonst einen nur knapp aus dem Boden ragenden, leicht zu übersehenden Aufsatz. Doch wenn ein Mensch mit solch Ehrfurcht gebietendem
Körpervolumen stolperte, forderte die Schwerkraft ihren Tribut.
    Büttels nach vorn preschende Beine glichen losgelassenen Mikadostäbchen, unschlüssig darüber, zu welcher Seite sie wegknicken sollten. Das Transparent flog ihm aus den Händen, er ruderte verzweifelt mit den Armen, der enorme Bauchspeck schwang wie ein Medizinball außer Kontrolle hin und her, seine Augen traten riesengroß aus dem feisten Gesicht hervor, als er einen heiseren Schrei ausstieß. Bevor er das Gleichgewicht wiedererlangte, flog Lars Büttel schon über die Dachkante - konnte sich jedoch mittels einer überraschenden Drehung um hundertachtzig Grad mit einer Hand an der Dachrinne festkrallen. Freilich nützte es ihm nichts. Denn es bewahrheitete sich wieder einmal, was sämtliche Diätprediger nie müde werden, tagein, tagaus zu salbadern: Übergewicht führt früher oder später zum Tod! Im vorliegenden Fall auf krass anschauliche Weise. Die Dachrinne, an der Büttels Finger sich festgeklammert hatten, bog sich zunächst quälend langsam nach unten, bis sich das Teilstück schließlich mit einem Krachen von seinen Lötnähten lossagte. Mit dem Dachrinnenteil in der Hand stürzte der Anführer der Animal Army eine nicht geringe Anzahl an Metern in die Tiefe und schlug vor den Füßen von Anhängern wie Gegnern auf dem Kieselsteinbelag auf.
    Über die Entsetzensschreie, das Wehklagen und die gewalttätigen Auseinandersetzungen, die daraufhin erneut zwischen Tierschützern und Sicherheitspersonal ausbrachen, brauche ich mich wohl nicht näher auszulassen. Nein, mich fesselte etwas anderes. Schon wieder war ein in diese Erbschaftsangelegenheit involvierter Mensch zu Tode gekommen. Unglücklich
gestolpert wie Adelheid und der Staranwalt. Wenn man dafür immer noch den guten alten Zufall bemühen wollte, konnte man gleich irgendwelche Feen dafür verantwortlich machen. Ich hatte einen anderen Verdacht. Hinter dem Schornstein, wo Büttel kurzfristig verschwunden war, hatte sich in Sekundenschnelle etwas Unheimliches abgespielt; irgendein undurchschaubarer, aber virtuoser Trick, der allen drei Toten zum Verhängnis geworden war. Ich konnte diesen Trick nicht benennen - doch zumindest konnte ich seinen Schatten sehen, und zwar im wörtlichen Sinne!
    Dieser lugte jetzt hinter dem Vorsprung des Schornsteins hervor, das heißt, es war nur ein klitzekleiner Teil davon zu sehen. Es hätte der Schatten von allem Möglichen sein können. Die Sonne verzerrte den Schattenwerfer ins grotesk Längliche, brachte seine Konturen ins Wabern, blähte ihn zu einem Popanz auf, obwohl er vielleicht von zwergenhafter Gestalt war. Fest stand, dass der Schatten sich leicht bewegte. Der aus Schieferziegeln bestehende Untergrund sah aus, als habe darin jemand mit einer Zigarette ein dunkles Loch hineingebrannt, dessen Rand noch glühte.
    Also waren die ganzen Todesstürze doch nicht auf dumme Unfälle, sondern vielmehr auf ein geschicktes, um nicht zu sagen geradezu mit der Magie eines Zauberers betriebenes Beinstellen zurückzuführen. Natürlich kam bei dieser Erkenntnis erneut die alte Frage aufs Tapet, weshalb ein mörderischer Beinsteller die Leute stets mit derselben Methode zum Tod überredete. Er hätte doch wissen müssen, dass man ihm dadurch am leichtesten auf die Schliche kam.
    Wie dem auch sei, ich musste mich auf die nächsten Schritte des Schattenwerfers konzentrieren. Ich sprang von
meinem Schornsteinaufsatz und wich rückwärts gehend von der Gefahrenquelle zurück. Denn unbezähmbare Neugier hin, schlaue Schlussfolgerungen her, ich hatte es hier mit jemandem zu tun, der einen mit schlafwandlerischer Routine ins Jenseits beförderte. Verständlicherweise wollte ich nicht unbedingt der sein, der mit ihm das erste Interview über seine Motive führte. Schon gar nicht auf

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