Felipolis - Ein Felidae-Roman
von Anselm. Diesen Punkt hatte ich schon dargelegt, aber natürlich wiederhole ich es für Sie gerne noch einmal: Domino ist der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte. Das gesamte Erbe geht an sie, an niemanden sonst. Die hinterbliebenen Verwandten können im günstigsten Fall einen kleinen Pflichtanteil durchklagen. Da Domino jedoch nur ein Tier ist, muss das Vermögen, das den Kantsky -Konzern einschließt, von einem Gremium überwacht und verwaltet werden. Wer wäre dafür geeigneter als der Aufsichtsrat des Konzerns selbst, der genau weiß, wie das Vermögen zu pflegen und zu vermehren ist? Kein Richter weit und breit wird ein solch mächtiges Unternehmen, das zudem bald gravierenden Einfluss auf die Weltpolitik besitzen wird, in die
Hände von Hyänen überantworten. Ginge Kantsky in fremde Hände, müsste befürchtet werden, dass der Konzern zerschlagen würde, dessen Anteile auf einem globalen Basar an zwielichtige Staaten veräußert oder gar technische Geheimnisse an Terroristen verschachert würden. Das riskiert kein Gericht. Nein, Domino ist der Garant für unsere Unabhängigkeit. Und das alles hat Adelheid Kant in ihrer großen Weisheit vorausgesehen.«
»Was ist mit dem Tod dieses Anwalts?«, beharrte der Alte. Der edle Spazierstock in seiner Hand rotierte schneller.
»Nun, das war beim besten Willen nicht vorauszusehen«, sagte Forster. »Aus rechtlichen Gründen mussten wir ihm alle Finanzunterlagen aushändigen. Und als er das mit dem Inselkauf mitkriegte, hat er in meinem Büro ein ziemlich unappetitliches Theater veranstaltet und damit gedroht, die Sache an die große Glocke zu hängen. Nennen Sie es eine Fügung des Schicksals oder zynisch Zufall, aber kurz darauf hatte er diesen Unfall. Zu unserem Glück, muss ich gestehen. Denn das restliche Anwalts-Team ist durchaus bereit, mit uns zu kooperieren. Sie überzeugen gerade die Hinterbliebenen davon, dass sie sich am besten mit einer Milliarde Euro zufriedengeben.«
»Also Friede, Freude, Eierkuchen, wohin das Auge blickt?« Der alte Knabe zog eine aufgesetzt lustige Fratze, die der eines Orang-Utans mit Diarrhö nicht unähnlich war. Seine Bedenken schienen sich durch Forsters elegante Ausführungen kein bisschen zerstreut zu haben. Vielleicht lag es an dem berühmt-berüchtigten Altersstarrsinn. Man kannte ja den Typ Alter Knochen, der selbst auf die nettesten Worte aus jugendlichem Munde mit boshafter Widerspenstigkeit, sogar
offener Feindschaft reagiert. »Offen gesagt habe ich das ganze Konzept noch nicht verstanden«, fuhr er fort. »Damit Sie über meine Situation im Bilde sind, junger Mann: Ich habe die Steuerfahndung am Hals. Und die will nicht bloß ein paar Milliönchen aus mir rausquetschen, sondern gleich mein ganzes Firmennetz hopsnehmen. Vielleicht trinke ich bald anstatt meines Château Le Pin Bordeaux fabelhaft gereiftes Leitungswasser in einer Knastzelle. Und da wollen Sie mir erzählen, ich kann diesem Schlamassel entgehen, wenn ich nur Bürger eines Fantasiestaates werde, der zudem eigentlich für Tiere vorgesehen ist? Da müssen Sie mir schon ein paar gute Gründe nennen, weshalb die Staatengemeinschaft diesem obskuren Felipolis einen Freifahrtschein ausstellen sollte.«
»Ganz einfach.« Forster sah ungeheuer gewinnend drein. Seine Augen glühten mit der alarmierenden Intensität eines Polizei-Blaulichts, er schien ganz in seinem Element zu sein. Mit einer raschen Bewegung holte er ein flaches, schwarzes Handy, ähnlich einem iPhone, aus der Hosentasche. Offensichtlich hatte das Ding eine Touchscreen-Funktion, da keine Drucktasten zu erkennen waren. »Galileo ist nicht allein ein Navigationssystem im herkömmlichen Sinn. Es ist kein passives System, das nur den Weg weist. Es ist mehr. Es kann mehr, viel mehr, als es die Vorstellungskraft von Politikern und Militärs zu erfassen vermag. Die überfliegen nur die Berichte, die ihre Assistenten ihnen zur Unterschrift vorlegen. Und dabei übersehen sie die Details, auf die es ankommt. Sehen Sie dieses Handy?« Er streckte das Ding allen Anwesenden entgegen, wobei er eine volle Umdrehung um seine eigene Achse vollführte. »Ja, ein Handy - und doch ist es
mehr als nur ein Handy. Es ist der Prototyp eines Gerätes, das Zugriff auf die Elektronik eines mit einem Galileo-Navigationssystem ausgestatteten Transportmittels erlaubt. Um was für ein Transportmittel es dabei geht, ist egal. Reisebus, Containerschiff oder Atomrakete, es funktioniert immer gleich. Wenn Sie den
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