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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Katzensprung war. Zwei Haltestellen danach, und ich wäre wieder am Euston Square und damit beim Archiv. Aber im Archiv lauerte Alice – jedenfalls laut Richs Aussage –, und ich konnte dort nichts Nützliches tun, ehe Nicky die Untersuchung des Laptops abgeschlossen und sich bei mir gemeldet hatte.
    Also war das Kissing the Pink mein erstes Ziel. Ich hatte die Absicht, mit Rosa Frieden zu schließen und herauszufinden, was sie mit dem Geist im Archiv verband. Was ich danach tun sollte, war mir überhaupt nicht klar, aber ich hoffte, dass sich irgendetwas von selbst anbieten würde.
    Während ich dorthin marschierte, holte ich mein Handy heraus, dessen Akku aufzuladen ich endlich einmal nicht vergessen hatte, und rief eine Nummer in Hampstead an. Ich kam beim ersten Mal durch. James Dodson war nicht gerade glücklich, wieder von mir zu hören, und als er erfuhr, dass ich ihn besuchen wolle, verdarb ihm das beinahe den Tag. Ich musste darauf bestehen. Es wäre sicherlich ziemlich hässlich geworden, wenn wir uns von Angesicht zu Angesicht begegnet wären, aber das war ein Vergnügen, das mir vielleicht noch bevorstand.
    Im unteren Clubbereich war Rosa nicht zu sehen, und mein Mut verließ mich bei dem Gedanken, bei den Huren im oberen Stockwerk nach ihr fragen zu müssen. Ich fragte jedoch eine der Serviererinnen. Ja, Rosa sei zuvor da gewesen, aber ihre Schicht sei jetzt beendet. Möglicherweise werde sie am nächsten Tag wieder vorbeischauen. Freitags sei sie gewöhnlich immer da. Ich bestellte einen überteuerten Gin Tonic und trank ihn langsam im Clubbereich, wobei ich düster eine Parade schöner, nackter, eindeutig lebendiger Frauen betrachtete, die mir in diesem Moment irgendwie weit weniger real und greifbar vorkamen als eine einzige tote.
    Rechts von mir herrschte für einen Moment eine geschäftige Unruhe, als zwei Männer von einer ausgesprochen diensteifrigen Serviererin an einem der Tische platziert wurden. Ich blinzelte ins Halbdunkel und identifizierte die beiden ohne eine Spur von Überraschung an ihrem Körperbau. Es waren der gedrungene, augenbrauenlastige Damjohn und der hochgewachsene, patrizierhafte Gabe McClennan.
    Sie achteten nicht auf das Geschehen im Gastraum, sondern führten eine eindringliche Unterhaltung weiter, die bereits im Gange gewesen war, als sie sich hinsetzten. Jedenfalls sprach Gabe eindringlich. Er redete mit den Händen mindestens genauso heftig wie mit dem Mund, und seine Miene schwankte ständig zwischen Ärger und Frust. Damjohn reagierte mit unerschütterlicher Ruhe oder vielleicht auch mit einem ganz leichten Anflug von Gereiztheit.
    Ich hatte mich entschlossen, das Feld zu räumen, falls Damjohn erschiene. Es brächte mir keinerlei Vorteil, ihn wissen zu lassen, dass ich Rosa suchte, und sie konnte es in Schwierigkeiten bringen. Aber ein Rückzug erschien mir in diesem Augenblick als wenig einladende Alternative – und mit einem Stock aufs Nest zu schlagen war manchmal der beste Weg herauszufinden, mit welchen Biestern man es zu tun hatte. Der Nachteil ist, dass man dabei manchmal gestochen wurde.
    Ohne es bewusst zu wollen, durchquerte ich schließlich den Gastraum, stellte mein zur Hälfte geleertes Glas auf ihren Tisch und zog einen Stuhl hervor, der zwischen den beiden stand.
    »Einen schönen Nachmittag, die Herren«, sagte ich. »Was dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?«
    Gabe starrte mich an, als hätte er im einen Apfel gebissen und ich wäre daraus hervorgekrochen. Damjohns Miene war für etwa zwei Sekunden teilnahmslos, dann verzog sie sich zu einem Lächeln, das man nicht mal mithilfe von Königswasser von einem echten hätte unterscheiden können.
    »Mister Castor«, sagte er. »Natürlich nicht. Nehmen Sie Platz!« Er wies großzügig auf den Stuhl, und ich ließ mich mit einem zufriedenen Seufzer darauf sinken. McClennan sah aus, als stünde er kurz vor dem Erstickungstod.
    »Wie laufen die Geschäfte, Gabe?«, fragte ich und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
    »Sie haben mich bestohlen, Sie Mistkerl!« Seine Stimme war ein leises, giftiges Grollen. »Sie kamen mit Ihrer Fantasiegeschichte in mein Büro, und dann haben Sie …« Damjohn hob die Hand und brachte ihn zum Schweigen – ein hübscher Trick, für den ich ihm am liebsten applaudiert hätte.
    »Wir haben gerade von Ihnen gesprochen«, erklärte er kühl und drehte sich zu mir um.
    Ich deutete mit dem Kopf eine kokette Verbeugung an. »Nur Gutes, hoffe ich doch.«
    »Nein. Aber

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