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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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    »Der Mann ist ein Sadist«, klagte Rich. »Ein gottverdammter Sadist. Er genoss meine Angst. Er fuhr voll darauf ab.«
    Ich verzichtete auf einen Kommentar. Die Anwesenheit des Geistes war jetzt spürbar, und zwar so intensiv, dass es erschien, als würde sich die Luft verdichten. Snezhna war da und lauschte. Sie umhüllte Rich wie ein Leichentuch, und obgleich sie sich noch nicht in sichtbarer Form gezeigt hatte, stellte ich zu meiner Verwunderung fest, dass Rich nichts von ihrer Nähe spürte. Der Raum war mit ihr gefüllt.
    »Wann zog er Gabe McClennan hinzu?«, fragte ich, und Rich fletschte die Zähne und zischte keuchend.
    »McClennan! Dieser Bastard! Das war ein totaler Witz, oder? Ich kehrte wieder in mein altes Leben zurück und fiel nicht auf. Ich tat alles, was Damjohn von mir verlangte, und schaffte es auf diese Weise bis September. Aber können Sie sich vorstellen, wie es war? Ich meine, Gott im Himmel! Wenn ich mich umdrehte, war sie da. Dauernd sah ich sie. Jeder sah sie, und immer, wenn sie auftauchte, sagte sie das Gleiche. Sie fragte, wo Rosa sei. Gdyeh Rosa? Ya potrevozhna o Rosa? Immer wieder. Sie hörte nicht auf.
    Ich sagte Damjohn, so könne es nicht weitergehen. Irgendwann würde sie meinen Namen nennen. Irgendwann vielleicht auch seinen. Er habe zwar die Leiche weggeschafft, aber er müsse auch alles andere wegschaffen – den Rest von ihr. Was von ihr noch übrig war.
    Er war einverstanden und schleppte McClennan an.« Rich drehte den Kopf, um zu mir aufzusehen, das aalglatte Gesicht eine einzige flehentliche Bitte. »Aber McClennan hat sie nicht exorziert – er hat sie nur mit einem Bann belegt, dass sie nicht sprechen konnte. Damjohn schützte nur seinen Arsch. Er wollte, dass ich weiterhin litt!«
    Rich verstummte, zuckte von Zeit zu Zeit zusammen und hatte das Gesicht wieder in den Händen vergraben. Ich ließ mir im Licht dessen, was er mir erzählt hatte, noch einmal alles durch den Kopf gehen. Es schien alles zusammenzupassen, und der emotionale Kommentar, den ich angezapft hatte, indem ich Rich im Nacken packte, stimmte in jedem wichtigen Punkt mit den Worten überein. Er sagte die Wahrheit, so weit ich es beurteilen konnte.
    »Was ist mit den Dokumenten?«, fragte ich. »Mit dem russischen Material? Woher kam es wirklich?«
    Er wischte sich mit einer Hand, die immer noch zitterte, Rotz und Tränen aus dem Gesicht.
    »Eins der Mädchen – nicht Snezhna, eins der früheren – hatte den Kram in ihrer Wohnung. Familienerbe oder so. Ich sah es und dachte – ja, es könnte einiges wert sein. Ich könnte es dem Archiv verkaufen. Daher meinte ich, ich würde es für sie mit rüberbringen und schätzen lassen. Ich benutzte als Adresse eins von Damjohns Apartments – ein leer stehendes – und arrangierte alles Erforderliche. Ich sagte, ich arbeite mit diesem alten Mann zusammen, aber tatsächlich war nur ich es.«
    Das war etwas, das ich schon eher hätte aufklären müssen. Scrub und McClennan waren nicht von ungefähr in Bishopsgate aufgetaucht. Rich hatte Damjohn wahrscheinlich angerufen, sobald wir unser Gespräch beendet hatten.
    »Was war mit Rosa?«, fragte ich ihn. »Haben Sie sie noch einmal wiedergesehen?«
    Rich schüttelte traurig den Kopf, ohne hochzuschauen. »Damjohn erlaubte es mir nicht. Er verbot mir, noch einmal in den Club zu kommen oder eine seiner anderen Adressen aufzusuchen, und hat mich danach ausschließlich bei der Talentsuche eingesetzt. Er meinte, ich sei auf Bewährung. Ich müsse warten. Er werde mich rufen, wenn er mich brauche.«
    Nach allem, was ich gehört hatte, suchte sich mein Magen bizarrerweise ausgerechnet diesen Moment aus, um zu revoltieren. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ich für Rich angesichts dessen, was er getan hatte, besonders viel Mitleid empfand. Aber dass er fähig war, wieder seine alte Routine aufzunehmen und Mädchen aufzugabeln, stellte ihn nach meinen Maßstäben außerhalb der menschlichen Rasse und auf eine Stufe mit Asmodeus und seinesgleichen.
    Aber ich brauchte ihn noch für eine weitere Sache.
    »Hören Sie«, sagte ich. »Rosa wird vermisst. Damjohn hat sie versteckt, für den Fall, dass sie den Wunsch verspürt, mit mir zu reden und mir dabei hilft, zwei und zwei zusammenzuzählen. Sie weiß, dass Snezhna tot ist. Vielleicht hat er es ihr gesagt, oder sie hat es auf irgendeine andere Art und Weise erfahren – aber sie muss es wissen, denn sie hat mich mit einem Messer angegriffen, weil sie annahm, ich

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