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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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zur Whitehall-Farce machte. Tiler schaute drein wie ein Henkersknecht, und sogar Rich schüttelte in gequältem Staunen den Kopf.
    »Du tust es immer wieder«, sagte er. »Du erzählst diese furchtbaren Geschichten, und dann lachst du, und es gibt nie eine Pointe.«
    »Es gibt eine. Ich habe ihn exorziert.«
    »Du hast was?«, rief Rich, und Cheryl warf mir einen boshaften Blick zu. »Man muss dazu doch nicht bei einer Gewerkschaft Mitglied sein, oder?«, fragte sie. »Sie wissen schon, wie bei Bühnenkünstlern oder Lokomotivführern?«
    »Doch, tut mir leid«, sagte ich. »So etwas gibt es. Die Gewerkschaft wird Sie am Arsch kriegen.«
    »Nun, der ist das Beste an mir«, grinste sie. »Wisst ihr, ich hatte nichts dagegen, dass er da war, anfänglich jedenfalls. Man darf nie sagen, man mag etwas nicht …«
    »… solange man es nicht ausprobiert hat«, beendete Rich. »Aber um Gottes willen, Cheryl. Ein Geist!«
    »Der Geist von jemandem, den ich wirklich gemocht hatte. Es war nett, ihn um mich zu haben. Ich plauderte mit ihm über alles Mögliche. Er sagte nie etwas, aber ich wusste, er hörte zu. Er war ein Freund, mit dem man alle Geheimnisse teilen kann. Aber ihr wisst, die Dinge ändern sich. Ich konnte keinen anderen Typen auf mein Zimmer mitnehmen, wenn der Geist des Vorgängers noch dort herumsaß, und er war so traurig – so wie Sylvie. Am Ende dachte ich, es sei das Beste, die Sache zu beenden. Also hielt ich ihm die Standard-Trennungsrede. Als wäre er noch am Leben. Ich setzte mich neben ihm aufs Bett und sagte, ich wolle, dass wir Freunde bleiben und so weiter, aber ich würde ihn nicht mehr wie früher lieben und ginge nicht mehr mit ihm aus. Ihr wisst ja, wie das läuft. Zumindest nehme ich an, ihr wisst es … und die ganze Zeit, während ich sprach, wurde er immer blasser. Bis er … als ich mehr oder weniger am Ende war … erlosch wie ein Licht.« Cheryl dachte einen Moment lang nach, wobei ihr Gesichtsaudruck von fröhlich zu düster wechselte. »Dann weinte ich.«
    Das Schweigen von uns anderen war ein Beleg für Cheryls Erzähltalent. Jon Tiler brach es: »Du weißt wirklich, wie man eine Party schmeißt, nicht wahr?«, sagte er trübsinnig.
    »Ja«, sagte Cheryl mit Nachdruck. »Das weiß ich, und wenn du jetzt sarkastisch wirst, Jon, darfst du am Sonntag nicht kommen.«
    »Sonntag?«, fragte ich.
    »Meine Mutter heiratet«, sagte Cheryl. »Schon wieder. In der Kapelle in Brompton. Ring frei zur nächsten Runde. Sie sagen zu meiner Mutter nicht mehr ›Bis dass der Tod euch scheidet‹, sondern fragen: ›Wer steht schon als Nummer dreiundzwanzig bereit?‹ Wie auch immer, ich hatte einen Einfall. Ich fragte Jeffrey, ob wir den Empfang nicht im Lesesaal im Archiv veranstalten könnten, und er meinte ja, können wir, und so ist jeder eingeladen.«
    »Werfen Sie Ihrer Mutter nicht vor, dass sie Sie auf die Straße gesetzt hat?«, fragte ich, darüber eindeutig mehr überrascht als über ihre Geistergeschichte. Ich begann zu ahnen, dass bedeutend mehr nötig war, um Cheryl gründlich zu erschüttern.
    Sie lachte. »Wir zoffen uns, dass die Fetzen fliegen, und dann sind wir wieder ein Herz und eine Seele. So waren wir schon immer. Ich habe für all ihre gottverdammten Freunde, Verlobten und Ehemänner nichts übrig. Sie sind wie Dauerregen. Der aktuelle ist schlimmer als Paulus und Alex zusammen, wenn man mich fragt. Aber er wird sich nicht lange halten. Das tun sie nie.«
    »Was ist mit Ihrem Vater?«, fragte ich.
    »Nichts über meinen Vater«, antwortete Cheryl knapp. Sie verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf.
    »Hier«, sagte Rich und versuchte, das Gespräch wieder auf sicheres Terrain zu lenken. »Ein Witz über Geister, ja? Die absolute Autorität für paranormale Phänomene ist auf einer Vortragsreise durch England und kommt an einem Freitag nach Aberystwyth, und er geht in den Saal, und der ist bis auf den letzten Platz besetzt. Er ordnet seine Aufzeichnungen, räuspert sich und sagt: ›Sehen wir erst mal, wo wir stehen. Wie viele der Anwesenden glauben an Geister?‹ Alle Hände gehen nach oben. ›Hervorragend‹, sagt der Wissenschaftler. ›Das finde ich gut. Richtig aufgeschlossen. Gut, wie viele von Ihnen haben schon mal einen Geist gesehen?‹ Die Hälfte der Hände geht hoch, die anderen bleiben unten. ›Das ist auch sehr gut‹, sagt der Wissenschaftler, ›und wie viele haben schon mal mit einem Geist geredet?‹ Etwa zwanzig Hände bleiben oben, und der

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