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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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säuerlich und ungeatmet.
    Ich machte einen Schritt über die Schwelle vorwärts. Ich hatte gerade noch Zeit, einen paranoiden Blick hinter die Tür zu werfen, als mich jemand von hinten rammte und mich in den Raum taumeln ließ. Ich prallte schmerzhaft gegen die Regale, ehe ich zu Boden fallen konnte. Eins davon schwankte unter meinem Gewicht, aber ich fand meine Balance wieder und fuhr herum.
    Das Licht einer Taschenlampe blendete mich für einen Augenblick – und dann krachte die Lampe selbst, als stumpfe Schlagwaffe geschwungen, seitlich gegen meinen Kopf. Aber da der Lichtstrahl diese Aktion ankündigte, folgte ich ihr intuitiv. Statt einen Volltreffer zu landen, streifte sie mich nur am Kopf, und dann kam ich hoch und kämpfte, und zwar gegen jemanden, der um einiges kräftiger und solider erschien als ich und der meinen Körperhaken locker einsteckte. Er schlug erneut zu, diesmal mit der Faust anstatt mit der Lampe, und ich landete auf dem Rücken.
    Ich hörte die Tür zuschlagen. Das riss mich hoch. Wenn mein Angreifer einen Schlüssel besaß, konnte er mich hier oben einschließen. Ich legte die Hände um die Türklinke und lehnte mich zurück. Ich zog, und er hielt dagegen. Ich stemmte einen Fuß gegen die Wand, den anderen auf den Boden und zog stärker.
    Als die Tür nach innen aufflog, taumelte ich zurück und stürzte fast – aber zum zweiten Mal rammte ich die Regale und blieb auf den Füßen. Während sich die Schritte meines Angreifers durch den Gang entfernten, war ich schon durch die Tür und hinter ihm her. Ich konnte ihn nicht sehen, aber hören, als seine Füße über die nackten Bodenbretter stapften. Ich eilte im Galopp auf den Treppenabsatz und registrierte eine Sekunde zu spät, dass die schweren Schritte verstummt waren.
    Ich nahm andeutungsweise eine Bewegung zu meiner Rechten wahr und war im Begriff, mich umzudrehen. Seine Schulter traf mich mitten in die Brust, trieb mir die Luft aus der Lunge und ließ mich wie betrunken mit rudernden Armen rückwärtstaumeln. Ein Schritt … zwei … ich hätte es wahrscheinlich geschafft, mein Gleichgewicht wiederzufinden, wenn bei meinem dritten Schritt irgendetwas unter mir gewesen wäre. Stattdessen trat mein Fuß ins Nichts, und ich kippte und fiel lautlos über die Kante des Treppenabsatzes.
    Ich bin möglicherweise viel zu verhaftet in meine eigenen Gedanken, um als Mann der Tat zu gelten. Ganz sicher hatte ich bei diesem kurzen Sturz nicht ausreichend Zeit, um auf das, was geschah, auch nur zu reagieren. Ich erinnere mich, die Arme ausgestreckt zu haben, als gäbe es irgendetwas, woran ich mich festhalten konnte. Nur leere Luft rauschte zwischen meinen Fingern hindurch, und ich schloss die Augen und wappnete mich – metaphorisch gesprochen – für einen soliden Brocken Marmorfliese, der sich gleich in meinen Kopf bohren würde.
    Aber etwas, das aussah wie das Ende einer Peitsche, zuckte aus den Schatten irgendwo seitlich von mir auf mich zu. Es schlug heftig gegen meine Brust und meinen Kopf und schlang sich dann einmal, zweimal, dreimal um mich. Wo diese Leine mich berührte, fraß Feuer sich seinen Weg von meiner Haut bis tief in mein Inneres, und ich riss den Mund auf, um zu schreien.
    Der brutale Ruck, als mein Sturz endete, verwandelte den Schrei in einen stummen Lufthauch, der sich zwischen meinen zusammengebissenen Zähnen hindurchpresste und wie ein Querschläger durch die Dunkelheit schoss. Ich baumelte für einen Augenblick wie ein Gewicht am Ende eines Uhrpendels, das meine ablaufende Zeit verkündete. Dann lockerte sich das Seil, versetzte mich in Rotation, und ich stürzte das restliche Stück zu Boden.
    Ich landete schwer auf den kalten Fliesen und war für einen Moment unfähig, Luft in meine Lunge zu pumpen. Jemand rannte an mir vorbei, und ich konnte einen verschwommenen Blick auf seinen Rücken werfen, als er durch die offene Tür verschwand.
    Als ich wieder auf die Füße kam und zum Ausgang stolperte, war auf der Churchway niemand zu sehen. Eine eiskalte Windböe trieb Zeitungsblätter und Burgerschachteln aus Styropor über den Gehsteig, und das war die einzige Bewegung. Nach einigen Augenblicken, in denen ich wieder zu Atem kam, kehrte ich ins Haus zurück und stieg die Treppe zum Dach hinauf. Diesmal knipste ich die Beleuchtung an – sodass ich am Ende die kurze Abzweigung nach links erkannte, die mir bei meinem ersten Besuch entgangen war.
    Dort befand sich eine weitere Tür, am Ende des kurzen Flurstücks, daher in

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