Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick
Glück haben, rennt er über den Rasen, und Sie können ihn bequem abknipsen.«
»Das klingt recht einfach«, meinte Savage.
»Ja, nicht wahr? Nur wenn wir eine falsche Note erwischen, macht er kehrt und zerreißt Ihnen die Gurgel.«
»Er« war ein Loup-Garou , und ich arbeitete schwarz. Johns Anruf war um sieben Uhr morgens gekommen, als ich gerade aus einem unruhigen Schlaf und einer weiteren Serie sehr unangenehmer Träume auftauchte. Pen hatte die Nachricht weitergeleitet und erwartet, dass ich darauf mit einem markigeren Äquivalent von »Nein, danke« antwortete – und war verblüfft, als ich sie bat, Bescheid zu sagen, dass ich in einer Stunde zur Stelle sei.
Ich wusste, es war ein Charakterfehler, aber wenn ich wegen irgendetwas unzufrieden war, wurde ich streitsüchtig, und an diesem Morgen war ich in einer derart lausigen Stimmung, dass ich mich sogar mit John »The Quiet Man« Ruiz angelegt hätte. Daher war alles in allem die Einladung des anderen John, ihm zu helfen, im Dunstable Zoo einen Werwolf in die Enge zu treiben, so etwas wie eine willkommene Ablenkung.
Ein Wer-etwas jedenfalls. Sie wussten nicht genau, womit sie es zu tun hatten, denn alles, was sie bisher gefunden hatten, waren die zernagten Kadaver von fünf Tieren: drei Wallabys, ein Zebra und jüngst ein Löwe. Daher sprachen wir über etwas Bösartiges und Schnelles, dem egal war, was es tötete, und nun glaubten sie, sie hätten es in einer Baumgruppe im hinteren Teil des Zoos zwischen der Nilpferd-Anlage und einer hohen Mauer festgenagelt, die an die Hauptstraße dahinter grenzte. Die Wärter waren ihm mit Betäubungsgewehren auf den Pelz gerückt, konnten den Loup-Garou aber nicht aufscheuchen und wollten auch nicht leichtsinnig auf ihn losgehen.
Deshalb war ich hier. Es war eigentlich eine Therapie, eine Möglichkeit, mich zu beschäftigen, ohne mich den Dingen stellen zu müssen, die mich wirklich nervten. Wenn ich es am Leben und halbwegs in einem Stück überstand, würde ich wieder lachen können.
Ich ging zur Rückseite des Zebra-Hauses und hielt mich nah an der Wand. Ich machte mir keine Sorgen, dass er mich sehen würde – es gab keine freie Sicht, ehe ich die Ecke des Gebäudes erreichte –, aber der widerliche Zebragestank würde meinen eigenen Geruch überdecken, während ich mich anschlich.
Als ich die Ecke erreichte, sah ich vorsichtig dahinter hervor und suchte die lange Hecke ab. Nach ein oder zwei Augenblicken entdeckte ich Gittings. Er bewegte sich mit geräuschlosen Schritten auf das Gebiet zu, wo wir das verräterische Laubrascheln gehört und gesehen hatten.
Ich winkte ihm, und er winkte zurück. Aber als ich anfing, mit erhobenen Fingern rückwärts zu zählen, winkte er mit der Linken ab, während die Rechte seine Einhandtrommel festhielt. John war Musiker, genauso wie ich. Ausschließlich Perkussion, aber wir ähnelten einander mit unserer jeweiligen Exorzismustechnik gerade genug, um gut zusammenarbeiten zu können. Nun gab er mir ein Zeichen, dass er noch näher heranwollte. Ich schüttelte heftig den Kopf. Wir versuchten nur, die Bestie mit ungerichteter Psychostatik aus der Deckung zu treiben, nicht, den Geist zu exorzieren, der das belebte, was immer an Fleisch wir vor uns hatten. Wir brauchten mit dem gottverdammten Ding nicht unbedingt auf Tuchfühlung zu gehen.
Aber John verfolgte augenscheinlich andere Absichten. Indem er meine Warnung vor zu viel Mut ignorierte, ging er ein paar weitere Schritte an der Hecke entlang. Dann ging er auf ein Knie, wies auf mich und zeigte an, er werde den Countdown selbst vornehmen. Ich fühlte mich nicht wohl dabei, aber ich hatte keine andere Wahl. Ich zuckte die Achseln und nickte.
Bei null fing ich an zu musizieren. Ich begann tief und leise, ließ den Wind den Klang aufnehmen und fing an, die Steigungen und Senkungen einzufügen, die dem Geistpassagier des Loup-Garou Schmerzen zufügen mussten.
Zwei Minuten lang geschah nichts. Aber Ausdauer war der Schlüssel. Ich glitt auf und ab über die Tonleiter, getrost, dass ich früher oder später einen Nerv treffen würde. John kniete und nickte mir aufmunternd zu, wobei er mit der linken Hand wedelte wie ein Bahnhofsvorsteher mit seiner Kelle. Aber er hatte noch nicht losgelegt.
In die Buchsbaumhecke kam Bewegung. Zweige zitterten, bogen sich dann anscheinend nur einen halben Meter von dort entfernt, wo John kniete.
Ich erwartete, dass etwas durch die Hecke brach. Doch das Ding setzte darüber hinweg, landete
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