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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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damit, mit anderen Geistern gegen Bezahlung das zu tun, was ich mit Katie aus reinem Selbsterhaltungstrieb heraus getan hatte.
    In jener Zeit waren Exorzisten gefragt. Irgendetwas war im Gange, während das alte Jahrhundert holpernd und knarrend bergab seinem Ende entgegenrutschte. Die Toten wachten in immer größerer Zahl auf bis hin zu dem Punkt, dass man sie plötzlich nicht mehr ignorieren konnte. Die meisten waren harmlos oder zumindest passiv, aber einige waren ganz offensichtlich mit dem falschen Fuß aus ihrem Grab auferstanden – und einige waren schlichtweg asozial. Die Immateriellen waren schlimm genug, aber einige Tote kehrten in fleischlicher Form, als Zombies, zurück, während andere Geister – bekannt als
loup-garous
oder
Werwesen
– tierische Wirte besetzen und sie in mehr oder weniger menschliche Gestalt umformen konnten. Und in einigen Fällen, wo sich Tote in großer Zahl an einem Ort versammelten, erschienen auch andere Dinge, Dinge, die offenbar mit dem korrespondierten, was in mittelalterlichen Zauberbüchern Dämonen genannt wurde. Es schien, als hätte in der Hölle das große Aufräumen begonnen und als dränge die gesamte wilde Bande gleichzeitig auf die Straßen. Es war irgendwie wie elf Uhr abends auf der Dock Road in Liverpool, nur begleitet von Schwefeldampf.
    Und genauso plötzlich gab es Exorzisten. Oder vielleicht waren wir schon immer da gewesen. Vielleicht gehörte alles zusammen und sie traten erst als eigene Gruppe in Erscheinung, als es etwas gab, das sich zu exorzieren lohnte.
    Wir sind ein abgedrehter, seltsamer Verein. Jeder von uns hat seine ganz eigene Art, seinen Job zu erledigen – der darin besteht, einen Geist einzufangen, ihn in irgendetwas einzusperren, aus dem er sich nicht befreien kann, und ihn dann zu verbannen.
    Für mich ist dieses »Irgendetwas« offensichtlich Musik. Ich spiele auf meiner Tin Whistle eine Folge von Tönen, die für mich den Geist genau so beschreibt, wie wir ihn sehen – oder
modelliert
ist vielleicht ein besseres Wort. Und irgendwie verbindet sich die Musik mit dem Geist, oder wird sogar zu einem Teil von ihm, so dass der Geist, wenn die Musik aufhört, ebenfalls verstummt. Ich muss zugeben, dass ich in dieser Hinsicht nicht einmalig bin. Ich habe nicht wenige Leute getroffen, die Trommeln auf die gleiche Art und Weise benutzen, und ein total abgefahrener Typ, den ich einmal in Argentinien kennengelernt habe, trommelte einen Rhythmus auf seiner eigenen Wange. Andere Exorzisten, denen ich im Laufe der Zeit begegnet bin, benutzen Bilder, Worte, Tänze, sogar die Synkopierung des eigenen Atmens. Die religiösen benutzen natürlich Gebete, aber es läuft letztendlich immer auf dasselbe hinaus. Die meisten von uns haben keinen Grund, in dieser Hinsicht hochnäsig auf andere herabzuschauen.
    Daher ging es mir dank der Gültigkeit und geschickten Anwendung der Gesetze von Angebot und Nachfrage verdammt gut. Ich verlangte Spitzenhonorare und bekam stets, was ich verlangte – und zwar im wahrsten Wort- und nicht im ironischen Sinn dieser Redewendung. Und wenn jemand die Frage stellte oder ich mir selbst erlaubte, mich zu fragen, wohin die Geister gingen, die ich verschwinden ließ, hatte ich immer eine schnelle Antwort parat.
    Eigentlich sind es nur die westlichen Kulturen, sagte ich dann wie jemand, der ordnungsgemäß studiert hatte, in denen Geister als die Seelen und Persönlichkeiten Verstorbener betrachtet werden. In anderen Kulturen werden sie als etwas völlig anderes gesehen. Für die Navajos sind Geister etwas, das aus den schlechten Anteilen des jeweiligen Toten besteht, während der Rest gereinigt und in Topform in die nächste Welt übergeht. Im Orient werden sie als eine Art emotionale Verunreinigung empfunden, deren Erscheinung davon abhängt, wer sie sieht. Und so weiter.
    Ja, ich weiß. Angesichts der Tatsache, dass die Geisterjagd mein Brotverdienst war und angesichts der Tatsache, dass ich damit bei meiner eigenen Schwester angefangen hatte, half es mir verdammt viel, wenn ich mir und allen anderen, die bereit waren, mir zuzuhören, einredete, dass Geister sich von den Leuten unterschieden, deren Aussehen sie hatten. Ich beruhigte lediglich mein Gewissen; und während es selig schlief, tat ich einige sehr schlimme Dinge.
    Dazu gehörte auch Rafi Ditko.
    Das Charles Stanger Care Home steht unweit der North Circular in Muswell Hill am weit geschwungenen Bogen der Coppetts Road. Von außen und aus der Ferne betrachtet, sieht es

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