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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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ihren jüngsten Anführer öffentlich zu schlachten, was ich schon immer mit besonderem Vergnügen verfolgt habe; der Innenminister leugnete irgendeinen besonders auffälligen Missbrauch seines Amtes und weigerte sich gleichzeitig, eine einstweilige Verfügung zurückzunehmen, wodurch die Nachrichtenmedien hätten genauer beschreiben können, wie dieser Missbrauch aussah, und das Gesetz über Post-mortem-Rechte stand kurz vor seiner dritten, erwartungsgemäß heftig umkämpften Lesung vor dem Unterhaus.
    So wurde es natürlich nicht genannt. Ich glaube, die offizielle Bezeichnung des vom Parlament zu verabschiedenden Papiers lautete: »Neudefinition des Rechtsstatus außerweltlicher Mächte Gesetz« – aber die Boulevardzeitungen hatten verschiedene griffige Kurzformen gefunden, und Post-mortem-Rechte war der Begriff, der schließlich hängen geblieben war. Ich für meinen Teil betrachtete es als das Lebendig-bis-zum-bewiesenen-Tod-Gesetz.
    Im Grunde versuchte die Regierung nichts anderes, als das Gesetz am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen, so dass sie jedem wichtigen Gesetz, das sie je beschlossen hatte, einen ziemlich grundlegenden Nachtrag hinzufügen konnte. Es ging nicht darum, wie das Gesetz anzuwenden war, sondern darum, auf wen es zutraf. Das Ziel bestand darin, den Toten einen gewissen gesetzlichen Schutz zu garantieren – und das war genau der Punkt, der Millionen von Anwälten eine solide Auftragsflut von heute bis in alle Ewigkeit verhieß. Weil es heutzutage von mehr unterschiedlichen Arten von toten oder untoten Wesenheiten wimmelte, als es Fische im Meer gab oder Reality-Shows auf Kanal 4. Wo zog man die Trennlinie? Wie viel physische Manifestation brauchte man, um als produktiver Bürger zu gelten?
    Im Unter- und im Oberhaus hatten einige temperamentvolle Diskussionen über diese Fragen stattgefunden, und die Experten meinten, dass das Gesetz scheitern könnte, wenn eine freie Wahl stattfände. Aber selbst wenn es dazu kommen sollte, wäre es nur eine Frage der Zeit: Früher oder später müssten wir, wenn auch widerwillig, akzeptieren, dass unsere alten Definitionen von Leben und Tod nutzlos waren und dass Menschen, die sich weigerten, das Unausweichliche zu akzeptieren, wenn ihr Herz zu schlagen aufgehört hatte und ihre vergänglichen Teile sich zwei Meter unter der Erde befanden, wenigstens einen minimalen rechtlichen Schutz genossen.
    Was für viele in meinem Gewerbe eine verdammt schlechte Nachricht war.

    Ich schätze, die Toten waren schon immer unter uns, nur hielten sie sich für lange Zeit ziemlich bedeckt. Oder vielleicht gab es bisher nicht sehr viele, die den Wunsch hatten zurückzukommen.
    In meinen frühesten Erinnerungen gab es da kaum einen wesentlichen Unterschied. Einige Leute hatten einen Schoß, auf dem man sitzen konnte, Hände, die man halten konnte, während es andere gab, durch die man irgendwie hindurchfiel. Man stellte durch einfaches Ausprobieren fest, wer was war – und später lernte man, nicht darüber zu reden, denn Erwachsene konnten sie nicht immer sehen oder hören: die stumme Frau in der Kühlschrankabteilung bei Sainsbury’s, das einsame Kind mitten auf der Straße, durch das der Verkehr hindurchfuhr, den Landstreicher mit den wilden Augen, der fluchend durch die Wohnzimmerwand hereinkam.
    Es war keine besonders schwere Last, eher verwirrend als traumatisch. Ich erfuhr, dass Geister Angst einjagen sollten, als ich hörte, wie andere Kinder Geistergeschichten erzählten, und soweit ich mich erinnern kann, war meine Reaktion lediglich ein verblüfftes »Oh, so werden sie also genannt«.
    Der erste Geist, der mich wirklich aus der Ruhe brachte, war meine Schwester Katie, und das lag daran, dass ich sie bereits kannte, als sie noch lebte. Ich war sogar dabei gewesen, als mein Vater ihren geschundenen Körper ins Haus gebracht hatte, haltlos weinend und die Hände abwehrend, die ihm helfen wollten, sie hinzulegen. Es war beim Seilspringen in einer sogenannten Spielstraße passiert, die für Automobile gesperrt war ( VON 8.00 UHR MORGENS BIS ZUM EINBRUCH DER DÄMMERUNG . AUSGENOMMEN ANLIEGER ). Ein Lieferwagen, der die schmale Straße eindeutig zu schnell befahren hatte, streifte sie und schleuderte sie etwa drei Meter weit durch die Luft. Soweit man feststellen konnte, war sie auf der Stelle tot. Der Lieferwagen ist jedoch weitergefahren. Mein Dad hatte danach noch für lange Zeit die Nachbarhäuser abgeklappert und die Leute gefragt, welche Art von

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