Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)
einem uniformierten Polizisten, der soeben hinter mir erschienen war – es war der gleiche, der rausgerannt war, weil ihm schlecht wurde. »MacKay, nehmen Sie Castors Aussage auf und faxen Sie sie zu DC Tennant in der Luke Street.« Das Wagenfenster schloss sich bereits, während er redete, und machte jede Erwiderung überflüssig. Dann hatte Coldwood auch schon Gas gegeben und war verschwunden, und zurück blieb nur der Gestank von verbranntem Gummi.
Meine Aussagen aufzunehmen, machte alles nur noch schlimmer, aber es war eine Aufforderung, die man nur schwer ignorieren konnte. Ich beschrieb die Ereignisse des Abends, während Constable MacKay sie mühsam notierte, und endete mit dem, was Sheehans Geist gesagt hatte, als ich ihn in meiner offiziellen Funktion als leitender Geisterjäger befragte. Entweder wollte MacKay seinen vorherigen Mangel an professioneller Kaltblütigkeit wettmachen oder er war ein wenig schwer von Begriff, auf jeden Fall pflegte er eine derart geisttötend träge und methodische Art, seine Fragen zu stellen, dass man, wenn man ihn mit seinem eigenen Notizbuch totgeschlagen hätte, sich gewiss mit einigem Erfolg auf Notwehr berufen können würde. Außerdem schrieb er auch noch langsam und musste mich selbst die kürzesten Sätze mehrmals wiederholen lassen. Insgesamt betrachtet, hatte er wohl die besten Voraussetzungen für eine höhere Laufbahn.
Dafür ließ seine Beobachtungsgabe nichts zu wünschen übrig. Nach einer Weile bemerkte er, dass ich nervös wurde und dass sich ein unfreundlicher Ton in meine Stimme schlich, als ich zum dritten oder vierten Mal irgendein winziges Detail wie zum Beispiel, wo ich gestanden hatte, als ich dies oder das gesagt hatte, wiederholen musste.
»Werden Sie vielleicht noch woanders erwartet?«, fragte er herausfordernd.
»Ja«, gab ich zu. »Genau das ist der Fall.«
»Oh, schön. Ist sie so heiß?« Er belohnte mich mit jener Art von zweideutigem geilem Grinsen, das Cops und Soldaten sich an dem Tag angewöhnten, an dem sie ihre Dienstkleidung verpasst bekamen.
Ich war für solche Scherzchen nicht in der richtigen Stimmung. »Es ist ein Er«, sagte ich. »Und zwar ein von einem Dämon besessener Psychopath, und er hat eine Körpertemperatur, die um gut fünf Grad über den üblichen sechsunddreißig Komma sieben Grad liegt. Daher ja, ich glaube, man kann ihn durchaus als heiß bezeichnen.«
MacKay steckte sein Notizbuch weg und betrachtete mich mit einem Ausdruck trotzigen Misstrauens. Er hatte gespürt, dass irgendetwas dicht an ihm vorbeigewischt war, und das gefiel ihm gar nicht. »Nun, ich glaube nicht, dass wir im Augenblick noch mehr von Ihnen brauchen«, sagte er gewichtig. »Der Sergeant wird sich wahrscheinlich später noch einmal bei Ihnen melden, also halten Sie sich zur Verfügung, klar?«
»Ist schon okay«, sagte ich. »Ich werde mit ihm auf astraler Ebene Kontakt aufnehmen.«
»Wie?« Das Misstrauen war unverhohlener Angst gewichen.
»Vergessen Sie’s«, murmelte ich über die Schulter, während ich mich entfernte. Es war nicht MacKays Schuld, dass mein Samstagabend total im Arsch war. Daran war nur ich selbst schuld, aber das konnte mich auch nicht mehr trösten.
Das Wochenende sollte eine Zeit sein, in der man sich vom Stress der vorangegangenen Woche erholen und seine Batterien für den Shitstorm der darauffolgenden Woche aufladen konnte. Aber nicht für mich, und nicht heute. Verglichen mit dem Ort, zu dem ich jetzt unterwegs war, erschien dieser Schuppen wie ein Hort der Gemütlichkeit.
2
Ich kann Auto fahren, wenn ich muss, aber ich besitze keinen Wagen. In London ist es keine große Hilfe, wenn man einen Wagen besitzt, es sei denn, man braucht etwas, wo man gemütlich sitzen und Sonne tanken kann, wenn man auf der M25 im Stau steckt.
Demnach würde es eine lange Fahrt mit der U-Bahn werden, um an mein Ziel zu kommen – in die Stadt hinein auf der einen Nebenstrecke Northern Line, aus der Stadt heraus auf der anderen.
Es war die Grauzone zwischen Samstagnachmittag und Samstagabend. Die Fußballfans hatten sich bereits verflüchtigt wie Feengold, und es war noch zu früh für die Clubbesucher und Theatergänger. Ich konnte fast während der gesamten Fahrt sitzen, auch wenn im Wagon noch der vage Geruch nach dem kalten Fett des Big Macs eines früheren Fahrgastes hing.
Der Typ neben mir las den
Guardian
, so dass ich in kurzen Passagen mitlesen konnte, sobald er umblätterte. Die Tories waren wieder mal im Begriff,
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