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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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dass ich deutlich spürte, wie sich die Haut in meinem Gesicht spannte.
    Fanke hielt das Medaillon in der rechten Hand in gleicher Höhe mit der Kerzenflamme. »Phôkensepseu earektathou misonktaich«, sagte er. »Uesemmeigadôn Satana. Uesemmeigadôn Beelzebub. Uesemmeigadôn Asmode, Asmode atheresphilauô.«
    Er führte die Hände zusammen, damit das Medaillon mit der Flamme in Berührung kam. Oder zumindest versuchte er es, aber dazu kam es nicht. Abbie stemmte sich gegen nichts und warf sich nach hinten gegen ihn, und obgleich seine Hand zitterte wie ein Blitzableiter bei einem Einschlag, rührte er sich für einen Moment nicht mehr. Sein rechter Arm war der geschädigte – es war der Arm, den Peace mit einem Schuss getroffen hatte – und ich hatte schon vorher gesehen, dass die Bewegungen mit diesem Arm und der Hand steif und ruckartig aussahen. Vielleicht vermittelte das dem Geist den Eindruck, sich erfolgreich wehren zu können. Ganz gleich was es war, Fanke erschrak. Er starrte Abbie wütend an und verstärkte seine Bemühungen. Seine Hand zuckte einmal, zweimal, und bewegte sich wieder.
    Aber ehe Medaillon und Flamme aufeinandertrafen, streckte ich meine Hand aus und hielt den Ringfinger dicht an die Kerzenflamme. Rafis Haarsträhne, die mit einem festen Knoten darumgewickelt war, begann knisternd zu verglühen.
    »Amen«, knurrte ich und biss die Zähne vor Schmerzen zusammen, so dass es aussah, als amüsierte ich mich über einen Witz, den nur ich verstand.
    Der Klavierdraht zog sich um meinen Hals zusammen, und die Kirche explodierte.

22
    Der Lärm war unbeschreiblich. Wenn man sich vorstellt, dass ein vollzähliges Blasorchester seine Instrumente mit TNT vollgestopft hat und sich nach dem letzten Takt des Floral Dance selbst in die Luft sprengt, dann kommt das in etwa hin. Aber das war nur Hintergrundlärm. Das und das Geräusch, als die Filmdosen zerfetzt und ihre rotglühenden Trümmer gegen die Mauern geschleudert wurden und über unsere Köpfe hinwegsichelten, während die brennenden Filmspulen Feuer- und Gasfontänen in die Luft schleuderten, die sich zu schnell ausdehnten, um ihnen ausweichen zu können.
    Es war Asmodeus’ Schrei, der diesen Moment zu etwas Ungewöhnlichem machte.
    Dennis Peace hatte versucht, es zu beschreiben, als er mir erzählt hatte, was im Quäker-Haus geschehen war, aber er hatte dem nicht gerecht werden können. Es war, als hörte man den Schrei durch jeden Quadratzentimeter seiner Haut mit einer Lautstärke, die die inneren Organe zum Vibrieren brachte und aus Mitleid in den Schrei einstimmen ließ; als habe man sich in eine straff gespannte Membran verwandelt, auf die Glasscherben herabregnen und eine Melodie erzeugen, indem sie die Haut willkürlich schmerzhaft durchlöchern.
    Ich hielt meine Hand für eine Sekunde oder auch ein wenig länger in die Flamme, bis der Schmerz unerträglich wurde. Dann wich ich zurück, was eigentlich mein Ende hätte zur Folge haben müssen – aber die Frau am Klavierdraht hatte ebenfalls die Orientierung verloren und presste die Hände vergeblich auf die Ohren. Die Holzklötze an beiden Drahtenden fielen herab, und ihr Gewicht ließ den Draht ein wenig tiefer in meinen Hals einschneiden, aber dieser Schmerz ging in dem Ganzkörpermigräne-Effekt von Asmodeus’ hinausgebrülltem Schmerz und Zorn völlig unter.
    Fanke verharrte auf seinem Platz auf der anderen Seite des Kreises und hatte den Mund geöffnet, als riefe er irgendetwas. Von Abbie war nichts zu sehen. Ich war mir nicht sicher, wann sie sich zurückgezogen hatte, aber sie schmiegte sich nicht länger um seine geballte Faust. Alle anderen fielen auf die Knie oder versuchten auf Beinen zu fliehen, die plötzlich nachgaben, als seien sie aus Gummi. Eine Wolke ölig-schwarzen Qualms wallte im Mittelschiff hoch und öffnete sich, als sei sie lebendig, und hungrige Flämmchen flackerten wie blinzelnde Augen gelegentlich in ihr auf.
    Ich blickte hinauf zu Asmodeus – ich meine, zu dem wallenden Schattending, das sich über unseren Köpfen verdichtete. Auf andere Art und Weise, das wusste ich, war das ganze Gebäude Asmodeus. Das Ding krampfte sich arhythmisch zusammen, indem die aderngleichen Ranken zum Herzen und hineingezogen und dann wieder peitschenartig ausgespuckt wurden und sich dabei hörbar knisternd spannten. Das bedeutete, dass wenigstens meine Ohren wieder funktionierten. Auf Grund des ersten Schocks nach der Explosion der Filmdosen hatte ich befürchtet, dass meine

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