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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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aber der Schrei wurde durch Blut, das aus seiner aufgeschlitzten Kehle sprudelte, abrupt abgeschnitten. Ein anderer taumelte rückwärts und schlug beide Hände vors Gesicht. Blut quoll zwischen seinen gespreizten Fingern hervor. Ein dritter hatte bereits eine Pistole in der Hand und feuerte, doch der Schuss ging daneben und brach dem Christus über dem Altar einen Arm ab. Er krachte hinter mir auf den Boden.
    Die Satanisten wichen zu beiden Seiten auseinander, als das graue Ding wie ein Derwisch zwischen ihnen hin und her tanzte. Ich sah sein Gesicht, und das vermittelte ein ganz spezielles Grauen sogar inmitten dieser Sinfonie des Horrors – teils wegen der missgestalteten Schnauze, die von zu langen Fangzähnen zu einem Irrsinnsgrinsen verzerrt wurde, jedoch hauptsächlich weil es Zuckers Gesicht war und ich den Menschen im Tier erkannte.
    Ich verstärkte meinen Griff um das Medaillon, aber meine versengten Finger wollten sich nicht vollständig schließen, und der Blick des
loup-garou
war bereits vom unerwarteten goldenen Glanz in meiner rußgeschwärzten Hand angelockt worden. Er spannte sich, um mich anzuspringen, aber in diesem Moment feuerte der Mann mit der Pistole abermals, und eines der Beine der Bestie knickte unter ihr ein. Zucker stieß einen jaulenden Schrei aus und wandte sich zu der neuen Bedrohung um. Ihre Neutralisierung war bereits im Gange, als Po – in menschlicher Erscheinungsform – aus dem Qualm auftauchte, den Kopf des Schützen mit beiden Händen erfasste und drehte, bis das Gesicht in Richtung Nacken blickte.
    Ich folgte dem Beispiel der meisten überlebenden Satanisten und rannte was ich konnte. Unglücklicherweise rannten wir mitten ins Verderben. Fankes Anhänger fielen wie gemähter Weizen, während draußen vor der Kirche eine wilde Schießerei einsetzte. Beschossen zu werden war ihnen anscheinend lieber als das, was sich hinter ihnen befand. Mehrere von ihnen zückten eigene Pistolen und schossen zurück. In den wallenden Rauchschwaden machte ich schemenhaft schwarz gekleidete Gestalten aus, die sich aus dem hinteren Teil der Kirche nach vorne arbeiteten und den Scheiterhaufen in der Mitte, wo die Filmdosen explodiert waren, umrundeten. Dann pfiff eine Kugel dicht an meiner linken Seite vorbei, stanzte ein faustgroßes Loch in die Rückenlehne der Kirchenbank, und ich ging auf Tauchstation.
    Ich rechnete mir die Vorteile aus, wenn ich dort ausharrte, bis sich alles geklärt hatte. Fanke konnte ohne das Medaillon nichts tun, und das befand sich sicher in meiner angekokelten Hand. Aber Gwillams Kirchenkrieger waren hinter demselben Ding her, und wenn sie es in die Finger bekämen, würden sie Abbie, ohne lange zu fackeln, exorzieren. Zu dieser Chance wollte ich ihnen auf keinen Fall verhelfen. Zugegeben, es war meine Schuld, dass sie hier waren. Mit der Nachricht, die ich im South Bank Centre in Sallis’ Unterhose steckte, hatte ich sie zu einem informellen Gespräch und einem kleinen Dschihad eingeladen. Ich hatte gehofft, dass ihr – oder Basquiats – Eintreffen zu einem Zeitpunkt stattfand, an dem mir ein Ablenkungsmanöver nutzen würde. Ich hatte schon immer etwas für die Taktik übrig, andere für mich kämpfen zu lassen.
    Aber dies hier wurde mir doch um einiges zu heiß – und zwar sowohl im übertragenen wie auch im wahrsten Sinne des Wortes. Pen und Juliet waren immer noch irgendwo da draußen, wo sie jeden Moment von einer verirrten Kugel getroffen werden konnten, und selbst ohne diese Möglichkeit verriet der sich verdichtende Rauch, dass sich das Feuer zusehends ausbreitete. Egal was geschah, ich konnte mir den Luxus des Abwartens nicht leisten.
    Wenigstens lieferte mir der Rauch ein wenig Deckung. Er brachte meine Augen zum Tränen und meine Lungen zum Brennen und verursachte bei jedem Atemzug Krämpfe, aber man kann nicht alles haben. Auf allen vieren kroch ich zum Ende der Kirchenbank und sprintete dann zum Außengang, wo eine Säulenreihe solideren Schutz bot, hinter dem ich mich verstecken konnte. Ich schlängelte mich von einer Säule zur nächsten und bewegte mich in Richtung des freien Raums vor dem Altar, wo Pen und Juliet lagen.
    Der Rauch war dicht genug, so dass ich mir keine Sorgen wegen eines geeigneten Verstecks machen musste. In der Kirche hallten immer noch Schüsse, aber falls mich eine Kugel treffen sollte, dann nur durch einen unglücklichen Zufall. Niemand konnte bei diesen Verhältnissen genau zielen, nicht einmal mit einem Nachtsichtgerät.

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