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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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spürte, wie sie unterhalb meines Adamsapfels ins Fleisch schnitt. Die beiden freien Enden waren um Holzklötze gewickelt worden. In jeder Hand hielt sie einen Holzklotz wie ein Sanitäter die Leiterplatten eines Defibrillators, nur war das, was sie in der Hand hielt, die Durchziehschnur einer Guillotine. Wenn ich mich von dieser Position entfernte, würde mein Kopf dort bleiben, während mein Körper versuchen würde, Störtebeker zu imitieren.
    Fanke ging um den Kreis herum und blieb mir gegenüber stehen. Abbie begleitete ihn und schwebte gewichtslos in der Luft neben ihm. Seine geballte Faust umschloss den Punkt, an dem sich ihr Herz befunden hätte, wenn sie noch am Leben und im Besitz eines solchen Organs gewesen wäre. Sie in diesem Zustand der Verwirrung und Angst sehen zu müssen, war grässlich.
    Die ernst und andächtig dreinblickenden Helfer – außer Grip und der Frau am Klavierdraht – nahmen ihre Positionen in einem größeren Kreis ein, der vom Altargeländer bis zum unordentlichen Stapel weggeräumter Stühle und zu den Quergängen auf beiden Seiten reichte. Mit mindestens vierzig Personen waren sie zahlreicher, als ich angenommen hatte. Einige von ihnen mussten durch den Haupteingang hereingekommen sein, nachdem die anderen alles vorbereitet und die Türen für sie geöffnet hatten. Das erklärte auch, weshalb ich nicht gesehen hatte, wie Pen und Juliet hereingebracht wurden. Einer der Helfer war der kleine Arzt mit dem schottischen Akzent, der mir meine Tetanusinjektionen verpasst hatte, nachdem ich in Pens Hausflur zusammengebrochen war.
    Der gekreuzigte Christus blickte auf uns herab und verfolgte das Geschehen mit irritiertem Blick.
    »Am liebsten würde ich mit Ihnen anfangen«, sagte Fanke ohne die geringste Feindseligkeit. »Genauso wie Pamela sind Sie hier ein wenig fehl am Platze. In vieler Hinsicht entsprechen Sie nicht der Würde dieses Anlasses. Aber der Geist des Kindes muss freigesetzt werden. Das kann nicht warten. Irgendein anderes Opfer darzubringen, ehe das, welches meinen Herr geweckt hat, abgeschlossen wurde, wäre unklug. Daher müssen Sie warten, bis Sie an der Reihe sind, Castor. Und Sie werden mit ansehen müssen, wie Ihre Bemühungen und Taschenspielertricks erfolglos bleiben, ehe sie dem Tod in die Arme sinken dürfen. Sie müssen verstehen, dass dies kein Ausdruck von Grausamkeit meinerseits ist. Sondern es ist reine Logistik.«
    »Nun, wenn es reine Logistik ist, habe ich nichts dagegen«, erwiderte ich. »Ich fing schon an zu denken, dass Sie mich nicht mögen.« Der Klavierdraht um meinen Hals wurde fast unmerklich enger.
    »Marmarauôth marmarachtha marmarachthaa amarda maribeôth«, deklamierte Fanke mit Singsang-Stimme. Die Helfer stimmten in den Gesang ein. »Satana! Beelzebub! Asmode!« Sie streckten die Arme aus, zogen sie wieder zurück und falteten die Hände in einer rituellen Geste.
    »Iattheoun iatreoun salbiouth aôth sabathiouth iartherath Adônaiai isar suria bibibe bibiouth nattho Sabaoth aianapha amourachthê. Satana. Beelzebub. Asmode.« Mehr Armestrecken und Händefalten. Ein Helfer an Fankes linker Seite hielt eine Kerze hoch, und ein Helfer rechts von Fanke zündete sie mit einem Fidibus an. Fanke nahm sie in die linke Hand, ohne in seiner Beschwörung innezuhalten. »Ablanathanalba, aeêiouô, iaeôbaphrenemoun. Aberamenthô oulerthexa n axethreluo ôthnemareba.« Obgleich der größte Teil des Raums bereits in totale Dunkelheit getaucht war, schien sich der Bereich in unserer direkten Umgebung noch stärker zu verdunkeln. Ich machte den Fehler, nach oben zu blicken, als ob die Kirche eine eigene innere Sonne besaß, die verfinstert wurde. Etwas hing im Dunkel über uns – etwas wie schwarzer Rauch, außer dass er durchsetzt war mit sich verzweigenden Fasern in einem tieferen Schwarz, die an Venen und Kapillare erinnerten. Der Ausgangspunkt dieser Wucherung befand sich sechs bis sieben Meter über Fankes Kopf und senkte sich auf uns herab. Oder eher auf Abbie, die sie auf sich zukommen sah und sich dagegen wehrte wie eine Fliege in einem Spinnennetz, doch ihre heftigen Bewegungen halfen ihr nicht. »Bitte nicht!«, flüsterte sie. »Oh, bitte nicht!«
    Von mittelalterlichen Holzschnitten hatte ich ihn viel kleiner in Erinnerung, aber ich wusste, wen wir vor uns hatten: Asmodeus, der sich in Reaktion auf Fankes Beschwörungen aus dem Mauerwerk schälte. Mit ihm kam die Kälte, die sich mit einer Plötzlichkeit und Intensität um uns verdichtete,

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