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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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»Wann?«, wollte ich wissen.
    »Heute Morgen. Etwa gegen sieben Uhr. Sie standen draußen im Regen, als Maya vom Großhändler zurückkam. Sie taten ihr leid. Sie wollten gar nicht aufhören, ihr leidzutun, und sie redete ständig über sie, so dass ich am Ende eine Hose anzog und hinunterging. Sie waren immer noch dort und warteten darauf, dass Sie endlich eintrudeln. Ich sagte ihnen, sie sollten mir ihre Telefonnummer dalassen, so dass ich sie anrufen könne, wenn Sie auftauchten.« Er kramte in seiner Hosentasche und zog eine Papierserviette heraus, die er mir reichte. Darauf war in Grambas’ schräger, krakeliger Handschrift eine Telefonnummer notiert.
    »Wie sahen sie aus?«, fragte ich.
    »Nass.«
    Im Büro nahm ich die übliche Selektion der Nebenkostenrechnungen und die rabiate Sortierung der restlichen Post vor, der man meistens schon, ohne den Umschlag zu öffnen, von außen ansehen konnte, ob es irgendeine Werbung oder ein Bußgeldbescheid wegen Geschwindigkeitsüberschreitung war. Den Anrufbeantworter abzuhören dauerte länger, und einige Nachrichten machten einen Rückruf meinerseits notwendig, aber es war nichts dabei, das man als Arbeit hätte bezeichnen können. Auf jeden Fall keine profitable Arbeit. Eine Nachricht von Coldwood war dabei, in der er mich bat, ihn anzurufen, aber das wollte ich erst später tun. Auch Pen hatte sich gemeldet, um mir mitzuteilen, dass Coldwood mich fünf Minuten nach Verlassen des Hauses angerufen habe.
    Und ein Anruf von Juliet war dabei.
    »Hallo, Felix.« Ich stöberte gerade in meinem Aktenschrank herum, aber diese Stimme – die an den Basssaiten meines Nervensystems zupfte – ließ mich regelrecht hochschießen und zum Telefon herumfahren, als wäre sie dort tatsächlich in Person erschienen. »Ich brauche deinen Rat in einer Angelegenheit. Sie ist ein wenig ungewöhnlich, und ich möchte, dass du es dir selbst einmal ansiehst. Du müsstest allerdings nach Acton kommen, daher würde ich verstehen, wenn du nein sagst. Ruf mich an.«
    Das tat ich. Ich sollte hervorheben, dass dies nur eine rein berufliche Bekanntschaft ist. Sicher. Ich würde auf allen vieren nach Jerusalem kriechen, um diese geschäftliche Beziehung in etwas Heftigeres und Schweißtreibenderes zu verwandeln, aber das würde auch jeder andere Mann tun, der sie kennenlernt, und, wie ich vermute, auch die Hälfte aller Frauen. Sie ist ein Succubus im Ruhestand. Leute zu erregen und halbwegs um den Verstand zu bringen ist ihresgleichen Art, zu jagen und sich zu ernähren.
    Der automatische Rückruf funktionierte nicht, aber ich hatte Juliets Nummer auf einer Karteikarte notiert, die ich in meiner Brieftasche hatte. Wie ich schon vorher andeutete, hatte ich sie bisher so gut wie nie benutzt, weil es fast nie einen besonderen Anlass gab. Sie wohnte – nominell – in einem Zimmer in einem Frauenhaus in Paddington. (Dies war mir anfangs seltsam vorgekommen, aber es ergab auf verrückte Art und Weise durchaus einen Sinn. Schließlich hatten Männer sie missbraucht und unterdrückt, bis sie sich als das entpuppte, was sie war, und sie mit Körper und Seele verschlang.) In Wirklichkeit war das Zimmer jedoch nur ein Ort, an dem sie ihre wenigen Besitztümer aufbewahrte. Sie brauchte keinen Schlaf, und sie liebte die freie Natur, daher verbrachte sie dort nicht allzu viel Zeit.
    Ihr Telefon klingelte lange genug, um daran zu denken, den Versuch, sie zu erreichen, abzubrechen, aber es geschieht so selten, dass man einen Rufton und kein Besetztzeichen hört, dass ich es weiter versuchte. Es ist nicht ihr persönliches Telefon, sondern es steht in der Gemeinschaftsküche des Frauenhauses und wird von sämtlichen zwei Dutzend Bewohnerinnen benutzt. Nach ungefähr einer Minute wurde der Hörer abgenommen – von Juliet selbst. Das Glück war mir demnach wieder hold. Ich nahm mir vor, baldigst ein Lotterielos zu kaufen.
    »Hallo?«
    »Ich bin’s«, meldete ich mich. »Was liegt an?«
    »Oh, hallo, Felix. Danke, dass du dich bei mir meldest.«
    »Nun, ich bin immer noch dein Sensei, oder? Ich kann dich doch nicht ohne meinen Schutz allein durch die Gegend rennen lassen.«
    Dies war einer der verrücktesten Aspekte unserer Beziehung. Juliet – ihr richtiger Name lautet Ajulutsikael – war ursprünglich aus der Hölle aufgestiegen, um mich zu töten und zu verschlingen, weil ich peinliche Fragen stellte, die ein Zuhälter namens Damjohn nicht beantwortet haben wollte. Doch dann entschied sie, dass ein Leben auf

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