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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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der Erde der Rückkehr in den schlimmsten Teil der Hölle vorzuziehen war, daher quittierte sie ihren Job und ließ mich am Leben – unter der Bedingung, dass ich ihr das Exorzieren beibrachte. Also befand ich mich plötzlich in der Situation, einem mehrere tausend Jahre alten Wesen ein Betriebspraktikum zu ermöglichen und es in Steuerfragen zu beraten, das, wenn es während des Arbeitstages einen speziellen Heißhunger verspürte, meine Seele durch jede beliebige Körperöffnung oder ein Anhängsel ihrer Wahl aussaugen konnte. Es war höchst interessant gewesen. In einigen Jahren könnte ich vielleicht sogar mal wieder eine Nacht ungestört durchschlafen.
    »Also geht es um Arbeit oder um was sonst?«, fragte ich und verdrängte diese Erinnerungen konsequent in das dumpfe Verlies meines Unterbewusstseins.
    »Ich habe einen Auftrag«, sagte sie und wich meiner Frage aus. »In einer Kirche in West-London. Saint Michael’s, in der Du Cane Road – sie steht genau gegenüber Wormwood Scrubs.«
    »Und?«
    »Und ich möchte eine zweite Meinung zu etwas.«
    »Tust du ganz bewusst so vage und geheimnisvoll?«
    »Ja.«
    »In Ordnung. Ich komme rüber, wenn ich hier fertig bin. Ist sechs Uhr okay?«
    »Perfekt. Danke, Felix. Es ist lange her. Ich freue mich darauf, dich zu sehen.«
    »Ja«, sagte ich. »Ebenso. Bis später, Jules.«
    Ich legte auf. Verdammt noch mal, ich schwitzte tatsächlich. Ich brauchte nur ihre Stimme zu hören, und schon wurde mir heiß.
    Ich musste schnellstens auf andere Gedanken kommen. Mir fiel Grambas’ Serviette ein, und ich holte sie aus der Tasche. Die Zahlen waren ein wenig vom Regen verschmiert worden, als er mir die Serviette auf dem Hof gegeben hatte, aber sie waren noch lesbar. Die ersten Ziffern lauteten 0 7 968, daher war es offensichtlich ein Mobiltelefon.
    Ich wählte.
    »Hallo?« Eine Männerstimme, zögernd und übervorsichtig, als erwartete ihr Besitzer eine schlechte Nachricht.
    »Hier ist Felix Castor«, sagte ich. »Sie waren heute Morgen vor meinem Büro.«
    »Mister Castor!« Die plötzliche Erregung verlieh der Stimme des Typen eine völlig neue Skala von klanglichen Nuancen. Ich wünschte, ich hätte diese Wirkung auch auf einige von den Frauen, die ich gelegentlich kennenlerne. »Danke, dass Sie uns zurückrufen. Vielen herzlichen Dank. Sind Sie jetzt in Ihrem Büro?«
    »Ja, das bin ich. Wenn Sie einen Termin vereinbaren wollen …«
    »Wir sind gleich bei Ihnen. Entschuldigen Sie, ich meine, können wir sofort zu Ihnen kommen? Wir wohnen ganz in der Nähe. Wäre Ihnen das recht?«
    Ich suchte nach einer gesichtswahrenden Lüge. Es ist nie von Vorteil, einem Klienten zu zeigen, dass man sofort verfügbar ist, weil er dann sofort irgendwelche irreführenden Rückschlüsse auf den Auftragsbestand ziehen kann. Andererseits klang es nicht so, als müsste ich mich in diesem Fall besonders gut verkaufen.
    Daher sagte ich: »Klar. Kommen Sie rüber.«

    Sie stellten sich als Melanie und Stephen Torrington vor – Mel und Steve. Nette Leute. Ich konnte erkennen, weshalb Grambas’ Verlobte, Maya, sofort mit ihnen Mitleid gehabt hatte. Dem Aussehen nach waren sie beide Ende dreißig, gediegen gekleidet und ausgesprochen gepflegt, und sie waren allem Anschein nach wohlhabend, ohne es jedoch aufdringlich zur Schau zu stellen. Tatsächlich war es vermutlich etwas anderes, das dieses Mitgefühl ausgelöst hatte, und es überraschte mich, dass Grambas es mit keinem Wort erwähnt hatte. Die gesamte linke Seite von Melanies Gesicht war ein einziger dunkler Bluterguss, und das Auge war derart geschwollen, dass es halb aus der Augenhöhle herausragte.
    Stephen war hochgewachsen und blond, und zu seiner Sonnenbräune war er wahrscheinlich auf natürliche Art gelangt, aber ganz gewiss nicht in Harlesden. Seine schiefergrauen Augen hätten seinem Gesicht eine gewisse Härte verleihen können, aber der Gesichtsausdruck – zurückhaltend, offen, ein wenig nervös – milderte sie nachhaltig. Er trug einen elegant geschnittenen dunkelgrauen Anzug – zu elegant und zu perfekt sitzend, um von der Stange zu kommen – und eine himmelblaue Krawatte mit einer emaillierten Krawattennadel in der Form eines Richterhammers. Er hielt einen schwarzen Müllsack, der mit irgendetwas gefüllt war, in beiden Händen, so dass er ihn abstellen musste, um mir zur Begrüßung die Hand zu schütteln. Der Müllsack passte irgendwie nicht zu seiner sonstigen Erscheinung, aber ich dachte mir, dass wir zu gegebener

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