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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Augenbraue und nickte zustimmend.
    Ich besann mich auf meine guten Manieren und fragte sie, ob ich sie für ihre Zeit honorieren könne, aber sie winkte ab. »Ich bezweifle, dass Sie mir eine Summe anbieten können, die hoch genug ist, um nicht als Beleidigung empfunden zu werden, mein Lieber. Ich bin ein Luxusartikel. Wenn Sie jemals etwas wirklich Wertvolles verkaufen wollen, dann wissen Sie, wo Sie mich finden. Und in der Zwischenzeit seien Sie doch so nett und entfernen dieses kitschige kleine Machwerk aus meinen Augen.«
    Ich schob das Messer zurück in seine Pappröhre und ging hinaus auf die Straße. Der Nachmittag war vorgerückt, und der Touristenstrom auf den Straßen war dichter als zuvor. Während ich in Richtung Notting Hill Gate marschierte, dachte ich über meinen nächsten logischen Schritt nach – meinen großen Bruder Matthew – und suchte nach Gründen, darauf verzichten zu können. Wenn mir jemand eine genaue Beschreibung der Strukturen der katholischen Hierarchie liefern konnte, dann war er es. Schließlich war er Priester und liebte seine Arbeit. Von meiner hielt er allerdings herzlich wenig, und unsere Gespräche mündeten gewöhnlich in einen heftigen Austausch von Beschimpfungen, noch ehe wir uns nach unserem gegenseitigen Wohlbefinden erkundigen konnten.
    Weil ich an Matthew dachte und weil an ihn zu denken bei mir stets andere, düstere Gedanken weckte, achtete ich nur am Rande auf meine Umgebung. Daher dauerte es eine Weile, bis ich bemerkte, dass ich verfolgt wurde. Ich war mir noch nicht einmal sicher, was diese Erkenntnis auslöste. Ich bemerkte lediglich aus den Augenwinkeln eine Bewegung und verfiel beinahe unbewusst in ein spezielles Verhaltensmuster. Ich musste dem Drang widerstehen, mich umzudrehen. Stattdessen steuerte ich auf ein Schaufenster zu, das ich als Spiegel benutzte – ein uralter Trick, der höchstens bei jedem dritten Versuch, ihn anzuwenden, funktioniert.
    Diesmal funktionierte er nur halb. Ich gewahrte einen hochgewachsenen Mann in einem schweren schwarzen Mantel etwa zwanzig Meter hinter mir für eine Sekunde, als die Menschenmenge auf dem Bürgersteig sich kurz teilte, dann war er wieder verschwunden. Aber er hatte die Schultern hochgezogen und den Kopf gesenkt, so dass ich nicht feststellen konnte, wer er war, und der spitze Winkel, unter dem ich ins Schaufenster starrte, bewirkte, dass er in diesem Sekundenbruchteil schon wieder aus meinem Gesichtsfeld verschwunden war.
    Ich betrat den Laden und schaute mich schnell um. Ich sah mehr oder weniger das gleiche Warensortiment wie in all den anderen Läden, an denen ich vorbeigegangen war, zumindest soweit ich meinen ungeübten Augen trauen konnte. Unzählige Zaumzeugbeschläge neben alten schweren Möbeln, die als trist zu beschreiben noch zu wohlwollend gewesen wäre, alte Pub-Schilder und schmiedeeiserne Schuhabstreifer. Keine anderen Kunden. Der Verkäufer, ein junger Mann in den Zwanzigern, ausstaffiert mit der seltsamen Kombination eines straßenzugelassenen Messerhaarschnitts und einer seidenen Nehru-Jacke, las in
Miller’s Price Guide
, um sich die Langeweile zu vertreiben. Dazu herrschte eine Atmosphäre aus Modergeruch, vollkommener Stille und kirchengleicher Ruhe. Zeit für einen zweiten uralten Trick. Ich ging zur Theke, und der Verkäufer schaute hoch und setzte ein professionelles Lächeln – freundlich und zugleich geschäftstüchtig – auf.
    »Gibt es hier eine Hintertür, durch die man verschwinden kann?«, fragte ich.
    Das Lächeln erstarrte zu einem beleidigten Schafsgesicht. »Der Zutritt zu den Werkstätten ist für Kunden verboten, fürchte ich.«
    »Ich werde verfolgt.« Ich beschloss, mein Anliegen näher zu erläutern, und improvisierte eine Geschichte, die bei einem auf Exklusivität bedachten Lumpensammler die richtigen Knöpfe betätigte. »Von Kredithaien. Sie wollen mir die Seele aus dem Leib prügeln. Mir wäre es lieber, dass es nicht dazu kommt, und Ihnen wäre es wahrscheinlich auch lieber, wenn es nicht hier geschieht. Es ist allein Ihre Entscheidung.«
    Der Verkäufer reagierte erschrocken und empört zugleich. Er fixierte mich drohend, angelte sein Mobiltelefon von der Theke und umklammerte es, als sei es das Allheilmittel gegen alles Leid der Welt. »Ja«, ermunterte ich ihn. »Sie können ruhig die Polizei anrufen. Und während wir auf ihr Erscheinen warten, können Sie mir zeigen, was alles nicht mit meinem Blut in Berührung kommen darf.«
    Die Werkstätten waren

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