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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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immer einen speziellen Stil, so dass sie einem ganz gut im Gedächtnis haften bleiben. Und sie sind für die Identifikation nützlich, daher lohnt sich die Mühe, sich damit intensiv zu beschäftigen. Dies ist eine Belladonna – eine Tollkirsche, um der Blume einen poetischeren Namen zu geben. Man erkennt es an der asymmetrischen Anordnung der Blattpaare. Und die Blüte kommt aus dem größeren Blatt. Sehen Sie?«
    Es war ganz deutlich zu erkennen, jetzt wo sie es erwähnte. Und sehr schön. »Aber hat es irgendeine Bedeutung?«, wollte ich wissen und fixierte sie.
    Caldessa erwiderte den Blick, der Welt überdrüssig und ein wenig missbilligend. »Sie sind doch nicht etwa ein Polizist, oder, junger Mann? Ich verabscheue Polizisten. Sie sind wie tollwütige Ratten, die meisten jedenfalls.«
    »Ich bin kein Polizist, Mrs. Caldessa.«
    »Einfach Caldessa reicht. Vielen Dank. Na schön. Ich hole mein Buch.«
    Das Buch trug den Titel
Marken- und Herstellerzeichen von Schneide- und Metallwaren
von Jackson und Pollard. Als Erscheinungsjahr war 1976 angegeben, und es war dicker als ein Telefonverzeichnis. Caldessa blätterte mit einer Hand darin, hielt das Messer in der anderen Hand und murmelte die ganze Zeit halblaut vor sich hin. Anscheinend gab es keinen Index, allerdings befanden sich Überschriften auf jeder Seite, die im Wesentlichen aus Begriffen wie »Infloreszenz« und »lanzenförmig« und Zahlen bestanden, bei denen es sich möglicherweise um Zeitabschnitte handelte.
    Schließlich tippte sie auf eine spezielle Darstellung, ließ den Blick mehrmals zwischen der Buchseite und dem Messer hin- und herwandern und hob dann den Kopf, um mich verwirrt anzusehen.
    »Erzählen Sie mir mehr über Ihren Onkel«, forderte sie mich auf.
    Ich zuckte entschuldigend die Schultern. »Es gibt keinen Onkel«, gestand ich und teilte ihr mit, was sie wahrscheinlich längst wusste. »Ich habe dieses Messer zwei Männern abgenommen, die damit an mir einen laienhaften chirurgischen Eingriff vornehmen wollten. Ich würde gerne wissen, wer sie waren.«
    »Anathemata Curialis.«
    »Keine Tollkirsche? Ich dachte, Sie hätten gemeint …«
    »Nein, nein. Die Organisation, die dieses Zeichen benutzt. Sie wird Anathemata Curialis genannt. Konnten Sie sich die Männer, die Sie töten wollten, genau ansehen?«
    »Sie waren keine Menschen«, erwiderte ich und erinnerte mich an die raubtierhafte Gestalt, die mich über den Soho Square verfolgt hatte, und erschauerte unwillkürlich.
    »Das ist ein sehr hartes Urteil«, sagte Caldessa ernst. »Ich selbst bin nicht gläubig, aber ich respektiere die Meinungen anderer. Meistens jedenfalls. Es sei denn, es geht um so alberne Dinge wie die weibliche Beschneidung.«
    »Hey! Einen Moment mal. Was wollen Sie damit sagen? Dass dies …?«
    »Ein religiöses Symbol ist. Genau genommen ja. Wenn dieses Messer tatsächlich den beiden Männern, die Sie erwähnt haben, gehörte, dann waren sie Katholiken. Laut Jackman und Pollard, auf deren Meinung ich oft meinen guten Ruf gesetzt habe, sind die Anathemata Curialis ein Ableger der katholischen Kirche.«
    Caldessa winkte mich zu sich auf die andere Seite der Theke, so dass sie mir den betreffenden Eintrag im Buch zeigen konnte. Aber es schwarz auf weiß zu sehen, half mir nicht viel. Es ergab für mich keinen Sinn, ganz gleich, ob ich es von unten nach oben, quer oder diagonal las. Die Katholiken hassten und fürchteten die Untoten mit der gleichen Leidenschaft und Hingabe, die sie einst für die Leute reserviert hatten, die erklärten, die Welt sei rund. Zu den wenigen Dingen, die ich mit einiger Sicherheit über diese beiden
loup-garous
sagen konnte, gehörte, dass sie ganz sicher keine gläubigen und engagierten Anhänger der römisch-katholischen Kirche waren.
    Aber Bilder lügen nicht. Und wenn sie es tun, dann nicht so unverblümt und nachdrücklich. Ich ließ den Blick die Liste abwärts wandern. Unter den Namen von Oxforder Colleges, von Regimentern ausgelöschter Kolonialheere und von zahlreichen zu Bedeutung gelangten Adligen, deren Vorfahren unter längst verstorbenen Königen zu finden waren, befand sich ein einziger Eintrag in Kursivschrift:
Anathemata Curialis, Katholischer Orden, aufgel. 1882.
    »Aufgel?«, fragte ich laut.
    »Aufgelöst«, sagte Caldessa. »Seit 1882 hat niemand mehr Messer mit dieser Beschriftung hergestellt.«
    »Nun, dann wissen wir jetzt etwas, das Jackman und Pollard nicht wissen«, sinnierte ich grimmig. Caldessa hob eine

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