Felsen der Liebe
dass sie wesentlich sensibler war, als es den Anschein hatte.
Mit Meg hingegen wechselte er kein Wort mehr, bis sie das Hotel in St. Ives erreichten. Nachdem sie eingecheckt hatten, verschwand Maxine, um das Freizeitzentrum zu erkunden, während Guy in den Gesellschaftsraum ging und Tee bestellte. Meg folgte ihm und setzte sich steif auf einen der eleganten Sessel.
“Maxine ist genauso, wie du mit siebzehn warst”, stellte er unvermittelt fest.
“Ich kann mich nicht erinnern, jemals so taktlos gewesen zu sein”, entgegnete sie.
Er lächelte spöttisch. “Wenn ich mich richtig entsinne, warst du damals recht offen.”
Schnell wechselte Meg das Thema. “Was meinst du, wann die Beerdigung vorbei ist?”
“Ich schätze, am späten Nachmittag. Keine Angst, ich werde mich schon um deine Tochter kümmern.”
Meg hatte überhaupt keine Angst, denn in dieser Hinsicht vertraute sie ihm.
“Glaubst du, dass das Ganze sie sehr mitnehmen wird?”, erkundigte er sich.
“Ich weiß es nicht. Ihre Gefühle für Jack waren immer ziemlich zwiespältig.”
“Kein Wunder.” Guy verzog leicht das Gesicht. “Vielleicht hattest du deine Gründe, aber in den ersten zehn Jahren ihres Lebens hast du Jack von ihr fern gehalten.”
Meg atmete einmal tief durch, um nicht die Fassung zu verlieren.
“Hat Jack dir erzählt, ich würde ihn von ihr fern halten?”
“Willst du etwa behaupten, es sei nicht wahr?”
“Was glaubst du wohl?”
“Ich glaube, dass mein Bruder sich kaum um euch gekümmert hat”, gestand Guy. “Andererseits weiß ich, dass du ihm letztes Jahr verboten hast, seine Tochter zu besuchen.”
Das hatte Meg tatsächlich getan, doch erst nachdem Jack einige Male einfach nicht gekommen und Maxine völlig durcheinander gewesen war. Meg sah keinen Sinn darin, es Guy zu erklären, da er ohnehin nur das schlechteste von ihr denken wollte.
“Also, willst du es abstreiten?”, beharrte er.
“Nein.”
“Ich war bei ihm im Hotel, als du angerufen hast”, informierte er sie. “Du hast so laut gesprochen, dass ich fast alles verstanden habe.”
“Tatsächlich?”, meinte sie betont gleichgültig, während sie angestrengt versuchte, sich daran zu erinnern, was sie alles gesagt hatte.
Sie erinnerte sich jedoch genau daran, was sie später gesagt hatte, als sie ihn im Hotel besucht hatte. Es war das letzte Mal gewesen, dass sie sich gesehen hatten, und sie, Meg, hatte ihm die Wahrheit erzählt – zumindest teilweise. Danach hatte Jack nie wieder angerufen.
“Du bist hart geworden”, bemerkte Guy.
Meg musste ihm insgeheim Recht geben. Andererseits war ihr klar, dass sie sich ihm nach wie vor nicht gewachsen fühlte. Sie konnte ihm ja kaum in die Augen sehen. Daher war sie erleichtert, als Maxine in diesem Moment hereinkam und fragte, ob sie in ihr Zimmer gehen und fernsehen dürfe. Meg ergriff die Gelegenheit und stand auf, um sie zu begleiten.
“Wann holst du Maxine morgen ab?”, fragte Meg Guy, der ebenfalls aufgestanden war.
“Gegen zehn.” Er begleitete sie zum Aufzug und fuhr zu ihrer Überraschung sogar mit ihnen nach oben. “Bis morgen”, verabschiedete er sich vor der Tür von Maxine.
“Ja, bis morgen”, erwiderte Maxine leise, bevor sie im Zimmer verschwand.
Guy runzelte die Stirn und umfasste Megs Arm. “Es gibt da etwas, das du Maxine vielleicht sagen solltest.”
“Und was?”
“Jack hatte eine Freundin.”
“Ach ja?” Meg war sicher, dass Jack seit ihrer Scheidung mindestens zwanzig Freundinnen gehabt hatte.
“Eine sehr junge Freundin”, fügte Guy hinzu.
Das schockierte Meg genauso wenig. Ihr war bereits ziemlich früh klar geworden, dass Jack sich unter anderem deshalb für sie interessiert hatte, weil sie so jung gewesen war.
“Und wie jung war sie?”, entgegnete Meg gleichgültig. “Fünfzehn? Sechzehn?”
“Zwanzig.”
“Ziemlich alt für Jack”, bemerkte sie zynisch.
“Jedenfalls wird sie auch zur Beerdigung kommen. Ich will versuchen, Maxine von ihr fernzuhalten, aber es wäre trotzdem besser, sie vorher zu warnen.”
“Ja, in Ordnung.” Meg zuckte die Schultern. Erwartete er etwa, dass sie sich jetzt bei ihm bedankte?
“Ich versuche bloß, es für Maxine leichter zu machen”, erklärte er scharf. “Schließlich kann sie nichts dafür, was zwischen ihren Eltern vorgefallen ist.”
“Nein.” Das war ihr klar, aber sein herablassender Tonfall machte sie wütend. “Willst du mir damit zu verstehen geben, dass es meine Schuld
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