Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)
Untreue, Missgunst, Neid, Machtgier und engstirnige Gefolgschaft. Der Graf ist in einer kleinen Herberge am Rande der Altstadt untergebracht, auch sein Tross wohnt da. Wohnungen in der Stadt sind unerschwinglich, dort zahlt man einen Beutel Pfennige pro Nacht, inklusive eines Krugs mit Wein. Der Graf, der sich in Rom einigermaßen auskennt, besucht ein paar berühmte Orte. Einige Gärten, Brücken, Kirchen und Piazzas, Friedhöfe und Parks. Am Strand des Tiber trifft Folkhart wiederum auf den Mohren Anonymus. Der erzählt den begeisterten Zuhörern gerade, dass der unbesiegbare Kämpfer, der den Drachen getötet hat, in die Dienste eines mächtigen Herrn tritt. Dieser Herr wirbt um eine bärenstarke Frau, die einen Gürtel besitzt, mit Hilfe dessen sie unbesiegbar ist.
»Und wo spielt das alles?«, fragt einer der Zuhörer.
»In der heißen Wüste von Timbuktu!«, antwortet Anonymus, der Mohr. »Und in den sumpfigen Wäldern, durch die der Niger fließt.«
Als der Graf wieder ins Quartier kommt, herrscht helle Aufregung. Einer seiner Leibwächter ist überfallen und niedergeschlagen worden. Seine Stube wurde durchwühlt. Man hat offensichtlich nach dem FAVOR CONTRACTUS gesucht. Den aber hat Folkhart glücklicherweise in seiner Brusttasche verstaut. Der Leibwächter kann noch nicht befragt werden, er ist nicht bei Bewusstsein. Ärzte beugen sich über den Fiebernden. Sie schreien ihre Behandlungsvorschläge wild durcheinander.
»Aderlass!«
»Blutegel!«
»Glüheisen!«
»Blutiges Schröpfen!«
»Trockenes Schröpfen!«
Ein besonnener Doktor aus Siena stellt Wundbrand fest, der durch eine Stichwunde ausgelöst wurde. Der Doktor aus Siena rettet dem Leibwächter das Leben. Der Leibwächter kann den Mann beschreiben, der ihn niedergestochen hat. Dem Dialekt nach ist es ein Mann aus der Pfalz.
Der Graf will den hochbrisanten Vertrag nun dringend hier in Rom loswerden. Vier Abschriften hat er von dem FAVOR CONTRACTUS in langen Nächten angefertigt. Die erste hat König Adolf schon erhalten, die zweite bleibt bei Bischof Emicho, die dritte muss er noch an den französischen Hof bringen – Frankreich ist die Schutzmacht, die über die Einhaltung des Vertrages wachen soll. Mit der vierten will er seine eigene Sicherheit garantieren. Doch Folkhart hat sich den ganzen Handel einfacher vorgestellt. Bischof Emicho hat das Geld nicht parat, das König Adolf gefordert hat. Adolf hat eine große Summe zu erhalten, das ist Bestandteil des Vertrags. Folkhart muss warten, bis die Schatulle gefüllt ist. Er soll sie mitnehmen. Davon sind er und die Regensburger nicht begeistert. Dieser Vertrag wird ihm langsam unheimlich. Da jedoch die Entlohnung für den längeren Verbleib in Rom stimmt, nimmt er den gefährlichen Auftrag an, die Schatulle zu transportieren. Gefährlich deshalb, weil sich die Sache inzwischen herumgesprochen hat in der Stadt.
»Der führt doch irgendetwas Wichtiges mit sich«, heißt es in einer üblen Taverne, in der sich allerlei zwielichtiges Gesindel herumtreibt.
»Der deutsche Graf war beim Bischof, vielleicht sogar beim Papst, und man hat ihn durch das Fenster seines Zimmers nachts noch schreiben sehen.«
»Wenn einer eine teure Kerze so lange brennen lässt, dann muss er etwas äußerst Wichtiges geschrieben haben.«
»Und vor allem: Wenn so viele Gewappnete mit ihm reisen, dann muss er wahre Schätze mit sich führen.«
»Vielleicht lohnt es sich doch, ihn außerhalb der Stadt zu überfallen.«
So wird geredet in den üblen Spelunken. Folkhart hört davon. Je mehr man sich wappnete, desto mehr wurde das Diebsgesindel mit der Nase darauf gestoßen, dass es etwas durchaus Erbeutenswertes zu verteidigen gibt.
Endlich ist das Geld da. Der Graf gibt Anweisungen, alles für die Abreise morgen bereitzumachen. Am Abend geht er nochmals zum dem Platz, an dem der Mohr die Geschichte von dem Unbesiegbaren mit der Tarnkappe erzählt. Gespannt lauscht Graf Folkhart der Geschichte, die sich dem dramatischen Ende nähert. Der angeblich Unbesiegbare ist inzwischen doch hinterrücks erstochen worden. Die Frau des Erstochenen schwört Rache. Und überhaupt geht die Geschichte gar nicht gut aus. Die meisten der glorreichen Helden und schönen Frauen kommen um. Am Schluss liegen sie mit abgeschlagenen Köpfen in einem brennenden Saal.
»Herrlich!«, rufen die Zuhörer auf dem Marktplatz und applaudieren begeistert.
13
»Wir fahren ins Boarnland ’naus.«
Noch heute sprechen die
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