Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)
Dauerauftrag.«
»Wer hat den autorisiert, und wann erfolgte die erste Zahlung?«
»Das werde ich auch noch herausfinden«, antwortete Lemontin.
Tief in Gedanken fuhr Bruno weiter. Er fragte sich, ob eine alte Alzheimerpatientin eine solche Hypothek bewilligt haben konnte und ob, falls dem nicht so war, ihre Schwester und ihr Großneffe rechtlich die Möglichkeit dazu gehabt hätten.
Als er in Pamelas Hof einbog, öffnete Fabiola die Tür ihrer gîte und sagte, er solle einen Moment warten, sie müsse nur noch schnell in ihre Reitstiefel steigen. Eigentlich wäre er wegen all der Fragen, die ihm durch den Kopf gingen, lieber allein geblieben. Er sattelte Hector und setzte Balzac in das Feldstecheretui und wartete auf Fabiola. Als sie erschien, gab sie ihm lachend Bess’ Zügel in die Hand und galoppierte dann auf Victoria zum Fluss, wo sie in den Treidelpfad einbog, der nach Sainte-Alvère führte. Bruno, der ihr auf Hector folgte, hatte diesen Weg schon lange nicht mehr eingeschlagen und genoss die Galoppstrecke über Pamelas Felder und die Durchquerung der Furt. Auf dem Pfad ging es im leichten Trab weiter. Als sich der Weg gabelte, blieb Fabiola stehen.
»Reiten wir über den Hügel zurück oder durchs Tal bis zur Brücke in Saint-Denis?«, fragte sie.
»Über den Hügel.« Der weite Himmel und die wunderschöne Aussicht vermittelten Bruno immer ein Gefühl von Freiheit.
»Ist Ihnen die Komtesse eigentlich schon zu Gesicht gekommen?«, fragte Fabiola, als sie steil bergan ritten.
»Ja, in ihrem Krankenbett im Château, an Apparate angeschlossen. Sie ist offenbar schon seit Jahren nicht mehr ganz da.«
»Wird sie ärztlich behandelt?«
»Ich weiß nur, dass sich eine Krankenschwester um sie kümmert. Warum fragen Sie?«
»Nach der Autopsie habe ich mit dem Gerichtsmediziner im Krankenhaus zu Mittag gegessen. Mit am Tisch saß ein Kollege, einer der führenden Alzheimerspezialisten. Er kennt die Rote Komtesse, doch dass sie krank ist, war ihm neu. Was er erstaunlich fand, weil er Kontakt hat zu sämtlichen Fachärzten der Gegend. Er wollte wissen, wer die Diagnose gestellt hat, und ich habe ihn mit dieser Frage an Sie verwiesen.«
»Ich könnte mich erkundigen«, erwiderte Bruno. »Vielleicht ist es ein Arzt in Paris, und ihre Schwester hat sie hierhergebracht, weil es hier ruhiger ist.«
»Wie lange ist sie jetzt hier?«
»Keine Ahnung. Niemand scheint gewusst zu haben, dass sie sich in ihrem Château aufhält, nicht einmal der Bürgermeister oder ein Parteigänger wie Montsouris. Kann natürlich auch sein, dass sie es wussten und für sich behalten haben.«
»Es muss einen Arzt aus der näheren Umgebung geben, der sie behandelt«, sagte sie, als sie das Hochplateau erreichten und über das Tal bis hin zur alten Abtei von Paunat blicken konnten. »Ich werde Gelletreau fragen. Er kennt jeden toubib von Bordeaux bis Toulouse.«
»Merde«, sagte sie, als ihr Handy zu läuten anfing. »Ich habe heute Nacht Bereitschaft.« Noch mit dem Handy am Ohr wendete sie ihre Stute und formte mit den Lippen »Pardon«. »Bin in dreißig Minuten zur Stelle«, sagte sie in den Apparat und ritt den Hang hinunter.
Als Bruno in seine Auffahrt einbog, sah er im Vorgarten eine weiße Stute grasen, die ihm bekannt vorkam. Neben der Grillstelle erhob sich Eugénie aus einem Liegestuhl und grüßte ihn mit den Worten »Schau, schau, Mutter Känguru«. Balzac steckte immer noch im Feldstecheretui vor Brunos Brust.
»Sagen Sie hallo zu Kleinkänguru«, erwiderte er und setzte das Hündchen auf dem Boden ab. Es lief sofort auf die Besucherin zu, die es kaum zur Kenntnis nahm.
»Ich habe Sie heute nicht ausreiten sehen und dachte, dann komm ich halt selbst vorbei.« Rhythmisch schlug sie mit ihrer Reitgerte gegen ihre schwarze Reithose, was Bruno bei einer weniger beherrschten Frau als Zeichen von Nervosität gedeutet hätte.
»Ich war mit Fabiola unterwegs, der Ärztin, die Sie schon kennengelernt haben. Wir sind eine andere Strecke geritten.«
»Um mir aus dem Weg zu gehen?«, fragte sie mit einem angedeuteten Lächeln.
»Nein. Wir mussten den Ausflug abbrechen, weil sie zu einem Patienten gerufen wurde.«
»Überrascht es Sie, mich zu sehen?«
»Ein bisschen. Was kann ich für Sie tun?« Sein Gespräch mit Pater Sentout hatte ihn argwöhnisch gemacht. Wollte sie ihn vielleicht in Schwierigkeiten bringen, indem sie sich die Bluse vom Leib riss und um Hilfe schrie und Foucher dann aus irgendeinem Winkel auftauchte, um
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