Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)
besorgt und fürchtet, dass die Komtesse nicht richtig versorgt werden könnte. Außerdem hat sich Dr. Stern in Pariser Krankenhäusern erkundigt und festgestellt, dass Mademoiselle Ballotins Behauptung, wonach die kranke Komtesse ärztlich betreut werde, offenbar nicht der Wahrheit entspricht. Sie hat auch hier in der Gegend keinen Arzt. Frau Dr. Stern informiert sich zurzeit über Rechtsmittel, die ihr erlauben, die Alzheimerpatientin zu untersuchen. Außerdem habe ich mich heute Morgen ebenfalls in dieser Sache an Ihr Büro gewandt, Monsieur.«
Der Procureur war offensichtlich verblüfft, setzte dann aber wieder eine ernste Miene auf. Vielleicht dachte er an die Konsequenzen, die zu erwarten wären, wenn einer so prominenten Person wie der Roten Komtesse ärztliche Betreuung vorenthalten bliebe.
»Madame de la Gorce, steht Ihre Schwester unter Vormundschaft?«
Wieder antwortete Foucher für sie. »Nein. Und um eines richtigzustellen: Mademoiselle Ballotin hat uns Zeugnisse vorgelegt. Wir waren guten Glaubens, dass sie die kranke Schwester von Madame kompetent betreuen kann.«
»Dann werden Sie bestimmt nichts dagegen haben, wenn ich darauf dränge, dass Dr. Stern die Patientin untersucht.«
»Madame de la Gorce möchte selbst entscheiden, an welcher Stelle sie sich juristischen und medizinischen Rat einholt. Aber selbstverständlich werden wir Sie, Monsieur, über alles Weitere in Kenntnis setzen«, entgegnete Foucher.
»Sind Sie Anwalt?«, wollte der Staatsanwalt wissen. Foucher schüttelte den Kopf. »Dann möchte ich darum bitten, dass Madame auf meine Fragen selbst antwortet. Wenn Sie sich nützlich machen wollen, könnten Sie ihr einen Stuhl besorgen.«
Madame de la Gorce machte einen zerbrechlichen Eindruck, als sie sich vorsichtig setzte. Ihre Augen aber waren klar und funkelten boshaft in Brunos Richtung, ehe sie sich lächelnd dem Staatsanwalt zuwandte. Halb verdeckt von der Rückenlehne, stand Foucher hinter ihr, den Blick auf die Hände gesenkt, die sich zu bewegen schienen.
» Pardon, Monsieur«, sagte Bruno. Er trat vor und legte eine Hand auf Fouchers Handy, in das dieser gerade eine Textnachricht tippte. »Haben Sie diesem Herrn erlaubt, sein Handy zu benutzen?«, fragte er den Staatsanwalt.
»Das habe ich nicht«, antwortete er. »Stecken Sie es sofort weg.« In frostigem Tonfall wandte er sich an Madame de la Gorce. »Mir ist egal, welchen Arzt Sie bemühen. Ich bestehe allerdings darauf, dass Dr. Stern Ihre Schwester untersucht und mir bis Donnerstagmorgen einen Bericht vorlegt, damit ich noch vor dem Osterwochenende eine Entscheidung treffen kann. Wenn sich die Diagnose Alzheimer bestätigt, sorge ich dafür, dass Ihre Schwester unter Amtsvormundschaft gestellt wird. Ich bin nämlich nicht einverstanden mit den Arrangements, die Sie getroffen haben. Haben Sie mich verstanden?«
»Ja. Aber Sie werden von meinen Anwälten hören«, erwiderte sie und blickte zu Foucher auf.
»Das ist Ihr gutes Recht. Die lächerlichen Anschuldigungen gegen den Polizeichef sind damit jedoch nicht vom Tisch. Sie haben sich damit direkt an mein Büro gewandt und eine eidesstattliche Erklärung abgelegt. Die lässt sich nicht nach Belieben wieder zurücknehmen. Wenn Sie Ihre Anwälte einschalten, bitte sehr. Sie sollten sich auch gleich auf eine Verleumdungsklage einstellen, zu der ich dem Polizeichef rate. Und wenn Sie jetzt bitte draußen warten würden… Sergeant, sorgen Sie bitte dafür, dass die Herrschaften nicht verschwinden. Und konfiszieren Sie ihre Handys. Und lassen Sie Mademoiselle Ballotin in die Gendarmerie bringen. Ich möchte hören, was sie zu sagen hat, und will nicht, dass sie sich vorher mit ihrer Arbeitgeberin verständigt. Ist das klar? – Na schön, ich danke Ihnen, Sergeant.«
Als Jules nach Madame de la Gorce und Foucher das Büro verlassen hatte, sagte der Staatsanwalt mit Blick auf Jean-Jacques: »Ich hätte auf Sie hören sollen.« Und an Bruno gewandt: »Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen. Jean-Jacques ahnte offenbar schon, dass man Sie aufs Kreuz legen wollte. Ich hätte die alte Dame zurückweisen sollen, aber sie ist eine Bekannte meiner Frau und kam zu uns nach Hause, mit einer fertig formulierten und unterschriebenen Aussage. Sie bestand darauf, dass ich mich der Sache persönlich annehme.« Er musterte seine bunte Kleidung. »Ich habe heute eigentlich meinen freien Tag.«
»Schon gut, Monsieur. Es ist ja kein Schaden entstanden«, sagte Bruno.
»Doch.
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