Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)
Sie eingereicht«, sagte er. »Mehr habe ich von Sergeant Jules noch nicht erfahren können.«
»Ist Jules da?« Der Bürgermeister nickte. Bruno fühlte sich sofort ein bisschen besser und folgte dem Bürgermeister ins Haus, wo Jules ihn mit einem Augenzwinkern begrüßte und auf ein Buch zeigte, das in einer Beweismitteltüte steckte. Bruno marschierte in das ihm bekannte Büro, nahm Haltung an und salutierte vor dem Procureur. Dass die Schwester der Roten Komtesse und Foucher hinter ihm am Fenster standen, überraschte ihn kaum. Jean-Jacques lehnte am Schreibtisch.
»Sie können sich rühren, Courrèges«, sagte der Staatsanwalt. In seiner dunkelroten Kordhose und dem gelben Pullover, unter dem er ein blaues Jeanshemd trug, sah er aus, als sei er direkt vom Golfplatz gekommen. Dabei war heute ein ganz normaler Arbeitstag.
»Augenblick«, intervenierte der Bürgermeister. »Polizeichef Courrèges hat Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Ich werde mich selbst dafür einsetzen, dass ihm ein qualifizierter Verteidiger zur Seite steht, und protestiere gegen diese überstürzten Maßnahmen gegen ihn. Ich möchte ausdrücklich hinzufügen, dass er mein volles Vertrauen besitzt.«
»Ihr Protest ist zur Kenntnis genommen«, entgegnete der Procureur und musterte Bruno mit kühlem Blick. »Madame de la Gorce beschuldigt Sie, ein wertvolles Buch aus ihrer Bibliothek entwendet zu haben, eine Erstausgabe von Montaignes Essays. Laut ihrer Aussage haben Sie sich unter einem dienstlichen Vorwand Zutritt verschafft und waren eine Zeit lang in der Bibliothek allein. Madame beziffert den Verlust auf über fünftausend Euro. Davon abgesehen ist das Buch für sie von unschätzbarem Wert, weil es einst der königlichen Familie gehörte. Was haben Sie dazu zu sagen?«
»Nicht schuldig, Monsieur.«
»Waren Sie allein in der Bibliothek?«
»Ja.«
»Haben Sie das fragliche Buch gesehen?«
»Später, ja. Aber nicht in der Bibliothek.«
»Ich verstehe nicht ganz«, sagte der Procureur.
»Gestatten Sie, dass ich Sergeant Jules ins Büro bitte?«
»Wenn es sein muss.«
Sergeant Jules kam zur Tür herein und tippte mit der Hand an sein Käppi. Er hielt die Beweismitteltüte mit dem Buch in der Hand und legte sie auf den Tisch.
»Monsieur, Polizeichef Courrèges hat mich gestern Abend angerufen und mir anvertraut, dass dieses Buch bei ihm zu Hause liegt. Er ahnte bereits, dass man ihn mit falschen Anschuldigungen konfrontieren würde. Auf seine Veranlassung hin habe ich das Buch auf Fingerabdrücke untersucht. Seine sind nicht darunter, wohl aber die der jungen Frau, die im Château als Krankenschwester angestellt ist. Wir konnten sie anhand ihrer Strafakte aus einer früheren Strafsache eindeutig identifizieren. Das beweist die Richtigkeit der Aussage von Polizeichef Courrèges, wonach diese Dame ihn gestern Abend aufgesucht und das Buch bei ihm versteckt hat in der Absicht, ihn zu verleumden. Hier ist seine Aussage, von mir selbst gestern Abend zu Protokoll genommen.«
Jules legte einen dünnen Hefter auf den Tisch. Der Staatsanwalt warf der alten Dame, die von Foucher am Arm gestützt wurde, einen scharfen Blick zu und begann zu lesen.
»Was hat es mit dieser früheren Strafsache auf sich?«, wollte Madame de la Gorce wissen. »Ich fürchte, die beiden stecken unter einer Decke.«
»Waren Sie sich im klaren darüber, dass Ihre junge Angestellte Eugénie Ballotin das Buch entwendet hat, Madame?«, fragte der Staatsanwalt.
»Mitnichten.«
»Wer ist dann für den Versuch verantwortlich, den Polizeichef von Saint-Denis durch falsche Anschuldigungen in Misskredit zu bringen?«
Die alte Dame blickte hilfesuchend zu ihrem Begleiter auf. Foucher sagte, ohne mit der Wimper zu zucken: »Hier liegt wohl ein Missverständnis vor. Madame de la Gorce zieht ihre Anzeige zurück und entschuldigt sich beim Polizeichef und bei Ihnen, Monsieur le Procureur. Und besten Dank für die Rückgabe des Buches.«
»Damit ist es nicht getan«, sagte der Staatsanwalt. »Wo befindet sich Mademoiselle Ballotin? Ich möchte, dass sie sofort hierhergebracht wird. Was wurde ihr in dieser früheren Sache zur Last gelegt?«
Jules räusperte sich und murmelte dem Staatsanwalt etwas ins Ohr.
»Mon Dieu«, entfuhr es ihm. »Ich dachte, sie wäre Krankenschwester.«
»Offenbar nur zum Schein«, schaltete sich Bruno ein. »Wir haben nirgends Belege dafür gefunden, dass sie als Krankenschwester qualifiziert ist. Dr. Stern von unserem medizinischen Zentrum ist
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