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Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)

Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)

Titel: Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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machen wollen.«
    Sie ließen sich von der Strömung in die Mitte der von Bäumen umstandenen Lagune treiben und paddelten dann auf den kleinen Strand zu, wo sie ausstiegen und auf das alte Bootshaus zugingen. Die Tür wurde nur von einem einfachen Holzriegel versperrt. Dahinter entdeckten sie das Wrack eines alten Segelbootes, in dem allenfalls ein Erwachsener und ein Kind Platz gefunden hätten. Der Mast war von Würmern zerfressen. Bruno schaute sich um. An der Wand hingen alte Kleider und Seile unterschiedlicher Stärke. In einem Regal stapelten sich kleine Kästen zwischen verrosteten Ruderdollen und Paketen voller Nägel. Die Kleidungsstücke an der Wand waren dick verstaubt, bis auf eines. Er nahm es vom Haken. Es war ein schwarzer Kapuzenumhang aus grober Wolle und verströmte einen eigenartigen Geruch, der von einem Parfüm oder von Rauch herrühren mochte, aber so flüchtig war, dass Bruno ihn nicht identifizieren konnte. Jedenfalls schien der Umhang vor nicht allzu langer Zeit getragen worden zu sein.
    »Ich würde sagen, der Kahn hat hier gelegen«, sagte Antoine und zeigte auf eine Stelle neben dem morschen Segelboot. Dann wies er zum Dach des Bootshauses, wo über durchhängenden Sparren lange Stecken lagen. »Das sind Staken, mit denen diese Flusskähne voranbewegt wurden.«
    Das zweiflügelige Tor, das auf das Wasser hinausführte, war mit einer Schnur gesichert. Also gingen sie durch die Hintertür wieder nach draußen und fanden tatsächlich Schleifspuren zwischen Tor und Fluss. Der Boden ringsum war zertreten, doch konnte Bruno keine Fußabdrücke erkennen, nur die üblichen Spuren von Enten, Wühlmäusen und Wasserratten.
    »Im Bootshaus hat mit Sicherheit ein Kahn gelegen, und er könnte hier zu Wasser gelassen worden sein«, sagte Antoine. »Wenn du mich fragst, es spricht alles dafür, dass wir die Stelle gefunden haben.«
    Das Bootshaus, so erklärte er, stand auf dem Land, das zum Roten Château gehörte, benannt nach der Besitzerin, der Roten Komtesse. Bruno erinnerte sich vage, diesen Namen einmal gehört zu haben.
    »Du wirst sie nicht mehr kennengelernt haben«, sagte Antoine. »Sie war früher eine Berühmtheit hier bei uns, eine Aristokratin, die sich für die Kommunistische Partei starkgemacht hat. Sie stand damals häufig in den Zeitungen, führte Demonstrationen an und hielt Reden. Sie war auch ein Star der Filmfestspiele von Cannes und regelmäßiger Gast der Pferderennen von Longchamps. Yves Montand war mit ihr liiert, auch Camus. Und natürlich Malraux.«
    Die Rote Komtesse, dachte Bruno. Vor seiner Zeit war das ein Name gewesen, den man kennen musste. Der Name erinnerte ihn auch an Wochenschauen aus einem älteren Frankreich, dem der 1950er Jahre – dem Frankreich Jean-Paul Sartres und einer starken kommunistischen Partei –, an die Piaf im Olympia oder Jacques Brel und die verrauchten Nachtklubs am linken Seineufer. Noch andere Erinnerungen wurden wach: an den Chant des Partisans und die Parade der Résistance-Helden vor dem Arc de Triomphe am 18.   Juni, dem Tag, als de Gaulle von London aus im Radio zum Widerstand aufgerufen hatte. Bruno fragte, ob die Komtesse auch damit in Verbindung stand, und Antoine nickte.
    »Als Teenager war sie Kurier der Résistance, ein Fahrrad fahrendes Mädchen aus besseren Kreisen. Sie kam durch jede Straßensperre und wurde dafür nach dem Krieg mit Medaillen ausgezeichnet.«
    »Ist sie hier geboren?«, fragte Bruno. Er lebte schon seit zehn Jahren in Saint-Denis, doch vieles aus der Lokalgeschichte kannte er immer noch nicht.
    »Ja, auf dem Anwesen der Familie. Hier ist sie auch aufgewachsen. Sie kam später noch öfter zu Besuch, aber nun habe ich seit Jahren nichts mehr von ihr gehört. Mein Onkel arbeitete für sie als Gärtner. Er hat sie regelrecht verehrt. Ich bin ihr sogar einmal begegnet, irgendwann in den späten Fünfzigern, als sie zu meinem Onkel in den Schuppen kam, um ihn zu sprechen. Ich war damals acht oder neun und fand sie umwerfend schön. Ich habe immer noch das Buch, das sie mir geschenkt hat, über König Artus und die Ritter der Tafelrunde.« Er lachte. »Dabei habe ich sie mir immer als Guinevere vorgestellt. Du weißt ja, wie Jungs so sind.«
    Bruno nickte, ging einige Schritte zurück und blickte auf den Pfad, der vom Bootshaus in den Wald führte, dann seitlich abbog, ohne dass ein Gebäude in Sicht kam. »Wie weit ist es bis zum Château?«
    »Ein paar hundert Meter. Es liegt dort oben hinter diesen Felsen,

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