Femme Fatales
seines Büros strahlte ungerührt weiter die grelle Nachmittagssonne auf Paris herab.
Nolde hätte selbst zwei Jahre später beinah Wort für Wort aus dem Gedächtnis zitieren können, was Milena ihm an jenem Samstagmorgen in seinem Penthouse berichtete.
Nolde griff nach dem Telefon und sagte alle Termine für diesen Tag ab. Dann rauchte er seine Zigarre. Jetzt oder nie dachte er, suchte eine Telefonnummer hervor und machte einen Anruf.
Irgendeine Vorzimmerdame stellte ihn ohne Verzögerungen zu Milena Fanu durch. Nach so langer Zeit plötzlich wieder ihre Stimme zu hören versetzte Nolde einen seltsamen Stich. Sie hörte Nolde geduldig zu Ende an und stimmte nach einem kurzen Moment des Schweigens einem gemeinsamen Treffen zu. Und das obwohl das Bistro, in das Nolde sie bat, ganz bestimmt nicht zu der Sorte gehörte, die Leute in seiner und ihrer Stellung normalerweise frequentierten. Andererseits war Nolde sicher, dass Milena durchaus durchschaute, weshalb er gerade dieses Lokal ausgewählt hatte. Und Nolde war genauso sicher, dass Milena kein Problem damit hatte, wenn der Wirt sie heute Nacht in dem Bistro zwar in Empfang nahm, dann aber in ein stilles Hinterzimmer führen würde, wo Nolde und Milena völlig ungestört sein konnten.
Eigentlich, sagte sich Nolde, war es eine Schnapsidee. Viel zu gefährlich für jeden von ihnen um wirklich ernsthaft erwogen zu werden . Aber, wie es so hieß, verzweifelte Situationen erforderten nun einmal verzweifelte Mittel. Und zumindest Nolde war auf eine merkwürdig leise und nagende Art und Weise ja wirklich verzweifelt. Er musste einfach irgendeinen Weg finden seinen Verrat an ihr wieder gut zu machen. Und der Besuch dieser Amerikaner hatte ihn auf eine Idee gebracht. Eine Idee, von der er zunehmend mehr überzeigt war, dass auch Milena sie zu schätzen wissen würde- trotz der Risiken, die damit einhergingen.
Nolde warf einen Blick auf seine schlichte Stahlarmbanduhr - genug Zeit um alles vorzubereiten, meinte er.
29 .
Draußen strich eine Gang junger Afrikaner in Tracksuits und Fußballshirts durch die stille schmale Gasse. Es war längst dunkel geworden und irgendwo kläfften sich zwei Hunde an.
Milena war gegangen ohne sein Angebot auch nur in Betracht gezogen zu haben.
Nolde saß mit geschlossenen Augen in seinem Wagen und fühlte sich wie ausgekotzt.
Er schlug die Augen wieder auf, öffnete das Handschuhfach und holte eine neue Schachtel Zigaretten daraus hervor, die er aufriss und aus der er sich dann gierig eine Zigarette schüttelte und ansteckte.
Milena hatte sein Angebot abgelehnt, als wüsste sie sogar noch besser als er, dass sein Angebot mehr seinem Seelenfrieden und seinem Rachedurst als dem ihren gegolten hatte.
Die Erinnerungen an die Ereignisse vor zwei Jahren waren so widerlich deutlich gewesen, dachte Nolde, während er an seiner Zigarette zog.
Er warf einen Blick auf seine Uhr.
Es war noch nicht so spät.
Er dachte an den alten Gottvater Zeus, von dem es hieß, er hätte sich vor der Erscheinung der Nemesis gefürchtet, wie ein Kind vor den bedrohlichen Schatten unter seinem Bett. Es mochte ja sein, dass er mehr Gründe hatte sich vor dem Erscheinen seiner Nemesis zu fürchten, als Nolde. Dennoch machte das nichts einfacher. Im Gegenteil: Ein Gott in Angst? Was könnte beklemmender sein als das?
Scotch, dachte er, ich brauch Scotch. Und zwar so viel davon, dass er mir zu den Ohren herausläuft.
Nicht allzu weit von hier wartete Hammer in einem Hotelzimmer auf eine seiner Geliebten.
Nolde traf eine Entscheidung. Aus Hammers Schäferstündchen würde nichts werden. Denn heute Nacht würde er Hammer zwingen sich mit ihm zu besaufen.
30.
Hammer sah Nolde an, dass der nicht gekommen war, um über das Wetter oder das Angebot der Amerikaner zu diskutieren.
Er warf sich sein Sakko über den nackten Oberkörper, flüsterte einen Moment mit der erschrockenem, halbnackten Frau in dem Hotelbett und schickte sie dann mit einem Klaps auf ihr festes Hinterteil hinaus. Sie sammelte ihre Sachen ein und verschwand nach nebenan ins Bad. Wenig später kehrte sie angekleidet und frisch geschminkt zurück, versetzte Hammer einen freundschaftlichen Kuss auf die Wangen und verließ wortlos das Zimmer.
Nolde dachte, dass er keine Frau kannte, die sich je von ihm derart nachlässig behandeln lassen würde. Hammer hingegen konnte sich das ständig erlauben, ohne dabei zu riskieren, dass die betreffende Dame lange sauer auf ihn war.
Nolde wartete ab,
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