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Femme Fatales

Femme Fatales

Titel: Femme Fatales Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
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Der Tag vor dem französischen Nationalfeiertag. Jener Tag, an dem vor einigen Jahren sein Vater gestorben war.  Aber auch der Tag, an dem zwei Jahre zuvor die Affäre Milena Fanu begonnen hatte.
    Nolde dachte wieder einmal an seinen Vater, den Politiker und Schürzenjäger, der sein Leben damit zugebracht hatte Paris zu erobern, aber letztlich daran gescheitert war. Es lag so etwas wie poetische Gerechtigkeit darin, dass der alte Mann ausgerechnet an einem 13. Juli starb, noch dazu während er in einem Rettungshubschrauber am Himmel über der Stadt schwebte. Der Himmel über Paris hatte zwar die tonnenschwere Maschine zu halten vermocht, nicht jedoch den alten Mann, dessen Herz dort oben inmitten des Blaus über der Stadt einfach zu schlagen aufhörte. Sogar der Präsident der Republik war zu Nolde Seniors Beerdigung erschienen.
    Doch wenn er wirklich ehrlich zu sich selbst war, dann bildeten die Erinnerungen an Tod und Beerdigung seines Vaters für Nolde nur eine willkommene Ablenkung von dem eigentlichen Problem, das ihn an diesem Nachmittag beschäftigte. Der Affäre Milena Fanu nämlich.
    Es hatte keinen Sinn mehr, sich noch länger etwas vorzumachen.
    Die Erinnerung an Milena würde nicht einfach so in den dunklen hinteren Teil seines Gedächtnisses versinken.
    Justitia, die blinde Göttin der Gerechtigkeit , mochte das passende Symbol für Richter, Anwälte und Polizisten darstellen, doch neben der Art von Recht, die man in Amtsstuben und Gerichtssälen pflegte, existierte eine weitere Art der Gerechtigkeit.
    Es war Nemesis, die Göttin des gerechten Zorns, die sich in der Vorstellung der Antike jener Verbrechen angenommen hatte, welche außerhalb der Kompetenz von Polizisten, Richtern und Anwälten standen. Sogar der allmächtige Gottvater Zeus, so hieß es, hätte sich vor Nemesis gefürchtet, wie ein kleines Kind vor den Schatten unter seinem Bett. Und das Verbrechen, welches Nemesis so konsequent und rücksichtslos verfolgte, wie kein anderes, war Verrat . Die Mittel, deren sich Nemesis dabei bediente, waren Gewissensbisse und Reue.
    Nolde wusste , dass er Milena Fanu damals vor zwei Jahren nicht einfach nur im Stich gelassen hatte. Er hatte sie verraten.
    Und Nemesis hatte nicht gezögert, sich seiner anzunehmen.
    Lenin Albert Nolde konnte durchaus ein Lied davon singen, wie billig Verrat in der Stadt des Lichts zu haben war. Wäre er ein Zyniker gewesen, dann hätte er wenigstens behaupten können, dass Verrat in seiner Familie gewissermaßen Tradition hatte. Denn schon Nolde Senior hatte die eigene Partei und die alten Kumpane, denen er Aufstieg und Ruhm verdankte, verraten müssen, um seine Chance auf einen Sitz im Kabinett zu erhalten. Dass der alte Mann sich diesen Posten im letzten Moment durch eine dumme Affäre doch noch verscherzte, machte nichts besser. Im Gegenteil.
    Nolde hatte ein eigenwilliges, zwischen Bewunderung und Hass schwankendes, Verhältnis zu seinem Vater gehabt. Einerseits verachtete er ihn für dessen Talent zu geschmeidigen Kompromissen und Verrat. Andererseits war Nolde auch sicher, dass der alte Mann  irgendeinen sehr bequemen Weg gefunden haben musste, mit seinen Gewissensbissen auszukommen. Und dafür - wenn schon für nichts anderes – bewunderte er ihn auch.
    Diese Ignoranz, über die der alte Mann verfügt hatte, erforderte schon eine ganz spezielle Art von Mut. Doch Lenin Albert Nolde wusste, dass er selbst diese ganz besondere Sorte Mut nicht besaß.
    Er öffnete eine Flasche Wasser und eine Flasche Scotch, lehnte sich in seinen Sessel zurück und tauchte in seine Erinnerungen hinab. Diese Erinnerungen waren unangenehm klar und detailliert. Nolde fragte sich, ob er sie wirklich bis zum bitteren Ende durchstehen konnte. 
    Madame Vauxs Geschäfte waren gut für Nolde Securities gewesen. Ohne sie wären die beiden wohl erzogenen Amerikaner sicher niemals auf die Idee gekommen Nolde jenes Angebot zu unterbreiten. Andererseits, dachte Nolde, nun doch leicht zynisch gestimmt, hätte sein Vater darüber auch nur die Nase gerümpft und behauptet, dass es im Grunde nur ein besseres Trinkgeld für A.C.E.’s  Einstieg in den ziemlich lukrativen französischen Sicherheitsmarkt darstellte.
    Nolde trank einen Schluck Wasser und steckte sich dann eine von Hammers Zigarren an. Eine Kiste davon lag in Noldes Schreibtisch stets bereit, sei es für Hammer selbst, oder irgendeinen Klienten der Firma, der solche Aufmerksamkeiten zu schätzen wusste. 
    Draußen hinter den Fenstern

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