Femme Fatales
Investoren verraten, wann sie mit ihrer Übernahme Erfolg haben würden, weil Madame Vaux Konzern vorübergehend zu knapp an frei verfügbaren Mitteln war, um die Übernahme entschlossen genug abzuwehren.
„Weshalb haben Sie mich kommen lassen, Milena? Um mir diesen Heliflug seinerzeit heimzuzahlen? Wenn es das war – ist Ihnen gelungen. Vielen Dank. Die Nachricht ist eindeutig angekommen und verstanden worden.“
Milena sagte nichts, sondern schenkte eine zweite Tasse Kaffee ein. Es war guter Kaffee und Nolde hatte heute Morgen längst noch nicht genug davon gehabt. Dennoch ignorierte er die stillschweigende Einladung, die darin lag.
„Jeder liebt den Verrat, keiner liebt den Verräter – so ist es doch, oder Monsieur? Trotzdem bin ich ziemlich sicher, dass Sie zu denen gehören, die in dieser Beziehung durchaus flexibel denken“, sagte Milena schließlich, während da neben ihrer eigenen Tasse Kaffee jener zweite Kaffee vor sich hin dampfte und Nolde mit seinem Aroma beinah um den Verstand brachte.
„Ihnen steht übrigens ein Anteil an meinem frisch erworbenen Vermögen zu. Ohne Ihren Auftritt damals in diesem Hinterzimmer hätte ich wahrscheinlich nie den Mut aufgebracht dieses Geschäft wirklich durchzuziehen.“
Natürlich war es eine Falle, dachte Nolde.
Nahm er auch nur einen Cent von ihr an, nahm er auch nur einen Schluck dieses Kaffees, der da auf ihrem Tisch auf ihn wartete, so würde sie auch noch das letzte bisschen Respekt vor ihm verlieren, das sie bislang noch für ihn hegte.
Doch Milenas Achtung war ihm wichtig. Vielleicht ja gar nicht mal so sehr um ihretwillen, sondern um seinetwillen. Weil ihren Respekt zu erhalten , bedeutete, dass sie ihm vielleicht irgendwann doch einmal verzeihen würde, was er getan hatte.
„Nein, danke, Milena. Ich nage derzeit auch nicht gerade am Hungertuch. Und Sie haben sich dieses Geld hart genug verdient.“
So schnell gab Milena nicht auf.
„Dieses Geld gehört nicht zu der Sorte, die stinkt. Jedenfalls nicht mehr, nachdem es auf Ihrem Konto gelandet ist. Zumal ich sicher bin, dass Sie schon von ganz anderem Leuten, als mir Geld genommen haben.“
Daran war mehr als nur ein Körnchen Wahrheit. Immerhin hatte er ja sogar Madame Vaux Geld genommen. Schmutziger und stinkender als das ging es kaum.
„Es ist trotzdem Ihr Geld, Milena. Außerdem bin ich bereits bezahlt worden. Ist einfach schlecht für den Ruf, dieselben Leute zweimal für dieselbe Sache abzukassieren.“
Nolde steckte sich eine Zigarette an. Nicht weil er Appetit darauf hatte, sondern weil er dringend irgendetwas gegen die Verlockung jenes Kaffees auf Milenas Tisch unternehmen musste.
„Warum haben Sie mich kommen lassen? Nur um mir mitzuteilen, dass alle Verträge zwischen mir und dem Konzern nun doch Null und Nichtig sind? Das hätten Sie auch irgendeinen Lakaien erledigen lassen können.“
Milena lächelte.
„Falls ich es jetzt in diesem Moment täte, würden Sie in heftige Schwierigkeiten geraten, Nolde. Zumal ich noch einen zweiten Anruf bei Ihrer Bank drauflegen könnte, um Sie ganz und gar zu erledigen. Vielleicht hätten Sie es ja sogar verdient.“
Nolde zog an seiner Zigarette und dachte darüber nach, ob Milena Recht hatte mit ihrer Annahme, dass er erledigt sei, falls sie seine Verträge mit dem Konzern kündigte und seiner Bank zugleich andeutete, dass sie und ihre Partner es lieber sähen, wenn die Bank Noldes Kredite nicht prolongierte.
Vielleicht, meinte er, würde es tatsächlich reichen. Aber es wäre auch nicht völlig unmöglich für ihn rechtzeitig eine andere Bank zu finden. Fest stand nur: Er durfte jetzt weder klein beigeben, noch sie belügen.
„Falls Sie sich fragen, ob ich bereue, was ich damals getan habe. Sie wissen, dass es so ist. Und zwar jeden einzelnen Tag. Anständig wäre gewesen Ihnen damals zu raten: Treten Sie die Vaux in ihren dürren Chanel-Arsch und laufen Sie weg, so schnell und so weit Sie nur können. Ich war zu feige dazu. Das tut mir leid. Trotzdem - keiner kann die Zeit zurückdrehen. Nicht einmal eine Madame Vaux.“
„Aber?“, fragte Milena schließlich und legte eine gewisse Schärfe in ihre Stimme. Nolde wusste, dass er jetzt keine Ausrede bringen durfte.
„Zu betteln liegt mir nun mal einfach nicht. Nicht mal Ihnen gegenüber.“
„Nein, betteln liegt Ihnen wirklich nicht. Wie man hört, haben Sie sich damals auch nicht lange bitten lassen, als Madame Vaux mit ihren Verträgen den Umsatz von Nolde Securities fast
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