Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fenster zum Tod

Fenster zum Tod

Titel: Fenster zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
Vom Netzwerk:
legte mir einen Finger auf die Lippen. »Pst«, sagte sie. »Was hast du zu Thomas gesagt? Lass gut sein. Lass auch du mal gut sein, zumindest eine Weile.«
    Julie stellte unsere Gläser auf den Couchtisch und schmiegte sich an mich. Ich legte die Arme um sie und küsste sie. Das ging eine Weile so, dann sagte Julie: »Wir sind nicht mehr in der Highschool. Wir müssen nicht auf der Couch bleiben.«
    »Auf nach oben.«
    »Ich dachte eher an meine Wohnung«, sagte sie, eine deutliche Anspielung auf Thomas, dessen ständiges Klicken von oben zu hören war.
    »Er kommt nicht aus seinem Zimmer. Irgendwann um Mitternacht oder noch später geht er ins Bad, putzt sich die Zähne und macht sich bettfertig. Vorher lässt er sich garantiert nicht blicken.«
    Also schlichen wir uns nach oben. Ich lotste Julie in das Schlafzimmer am Ende des Flurs, zu dem breiten Bett, in dem mein Vater seit dem Tod meiner Mutter geschlafen hatte, allein – soweit ich wusste.
    »Ist das nicht das Zimmer deines Vaters?«, fragte Julie.
    »Da schlafe ich jetzt. Willst du lieber wieder ins Auto gehen, wie beim letzten Mal?«
    Sie sah mich an. »Nein, geht schon.«
    Kaum hatte ich die Tür geschlossen, da fing Julie schon an, mir das Hemd aufzuknöpfen. Ich schob meine Hände unter ihren Pulli und spürte ihre warme Haut. Mund an Mund bewegten wir uns zum Bett hin. Julie schubste mich, und ich fiel hintenüber. Sie setzte sich auf mich und machte sich an meinem Gürtel zu schaffen.
    »Ich kenne da ein paar wunderbare Entspannungsübungen«, sagte sie und glitt von mir herunter, um mir die Jeans und die Boxershorts auszuziehen. Sie ließ sie auf den Boden fallen, setzte sich wieder auf mich, kreuzte ihre Arme und hatte sich mit einer einzigen flinken Bewegung das Oberteil abgestreift. Ein violetter Spitzen-BH kam zum Vorschein. Sie schüttelte ihr Haar aus.
    »Violett?«, sagte ich. »Ist das derselbe –«
    »Ich bitte dich. Damals war ich ein dürres kleines Schulmädchen mit gerade mal fünfzig Kilo.«
    »War ja nur ’ne Frage.«
    Ein Griff nach hinten, die Arme nach Frauenart so verdreht, dass man Angst haben muss, die Ellbogen springen ihnen jeden Moment aus den Gelenken, und schon hatte sie den BH aufgehakt und ihn dorthin geworfen, wo meine Jeans schon lagen.
    »Komm«, sagte ich. Sie beugte sich zu mir, und ihre Brustwarzen streiften ganz leicht über meine Brust.
    »Ray!«
    Julie fuhr in die Höhe. »Herrgott«, stieß sie leise hervor.
    Mein Herz pochte wie ein Schmiedehammer. »Scheiße«, flüsterte ich.
    Ich hörte, wie Thomas’ Tür aufging. »Ray! Komm schnell her! Ray?« So hatte er noch nie nach mir gerufen.
    Ich wollte schon zurückrufen, bremste mich aber noch rechtzeitig ein. Er hier im Zimmer? Was für ein Anblick! Julie oben und ich gänzlich ohne.
    »Wo bist du?«, rief er. Ich hörte, wie die Tür des Gästezimmers geöffnet wurde. »Ray? Bist du in Dads Zimmer?«
    Julie sah mich mit weit aufgerissenen Augen an. »Tu was«, flüsterte sie.
    »Thomas! Sekunde, Thomas, ich –«
    Die Tür flog auf. Mein Bruder stürzte herein. Julie warf sich zur Seite, riss zur Bedeckung ihrer Blöße die Decke mit sich, wodurch sie mich in meiner ganzen Mannespracht zur Schau stellte. Thomas nahm gar keine Notiz von ihr.
    »Ray!«, schrie er. »Er ist weg!«
    »Himmelherrgott, Thomas, ist dir vielleicht –«
    »Er ist weg! Der Kopf ist weg.«
    »Was?« Ich schwang mich aus dem Bett und griff nach meinen Shorts. »Wovon redest du?«
    »Das musst du dir ansehen!« Er rannte zurück in sein Zimmer.
    Ich folgte ihm, nur mit meiner Unterhose bekleidet. Julie, die sich, ohne Zeit mit dem BH zu verschwenden, eilig den Pulli wieder übergezogen hatte, kam hinter mir her.
    Schon als ich das Zimmer meines Bruders betrat, sah ich, dass er auf allen drei Bildschirmen das Fenster in der Orchard Street herangezoomt hatte. Es sah jedenfalls so aus wie dieses Fenster, nur dass diesmal im Rahmen nichts zu sehen war. Das Innere war schwarz. Der Tütenkopf war weg.
    »Was ist das denn?«, fragte ich.
    Thomas stand mit ausgestrecktem Finger da. »Wo ist er hin? Was ist damit passiert?«
    »Sie haben … das muss … die müssen ein Update gemacht haben«, stammelte ich. »Neue Aufnahmen von der Straße.«
    »Nein!«, sagte er. »Alles andere ist genau wie vorher. Dieselben Leute auf der Straße. Dieselben Autos! Alles ist wie vorher, nur der Kopf ist nicht mehr da!«
    Ich ließ mich auf Thomas’ Stuhl fallen und starrte auf den Bildschirm. »Kranker

Weitere Kostenlose Bücher