Fenster zum Tod
gesehen. In den letzten Monaten war es allerdings ziemlich still um ihn geworden …
Inmitten des Durcheinanders hier im Hinterzimmer überschlugen sich meine Gedanken. Warum war er früher so häufig in den Nachrichten gewesen? Warum hatte ich sein Foto so oft gesehen? Und war er auf all diesen Fotos nicht meistens mit dieser wunderschönen –
Oh, verdammt.
Erst da machte es klick!
Bridget.
Jetzt fielen mir die Geschichten wieder ein. Der plötzliche, rätselhafte Tod von Bridget Sawchuck, der Frau des Justizministers von New York. Man musste zwischen den Zeilen lesen, um zu begreifen, was passiert war. Sie hatte sich das Leben genommen.
Allerdings hatte Lewis gesagt, der Inhaber dieses Ladens sei jemand, der ihm beim Transport von Bridgets Leiche geholfen hatte.
O Gott, Thomas, was hast du uns da eingebrockt?
Das Schweigen, das sich nach meiner Bemerkung ausbreitete, fühlte sich an, als dauerte es Minuten, wenn nicht sogar Stunden. Doch wahrscheinlich waren es nicht mehr als vier, fünf Sekunden.
Morris fand als Erster die Sprache wieder. Er wandte sich an mich.
»Was haben Sie gesagt?«
»Die Frau, die ermordet wurde … Es könnte Bridget gewesen sein.« Jetzt wurde mir die Bedeutung meiner Worte erst bewusst. Ich sprach über die Frau dieses Mannes. Unklar war mir noch, ob Morris so entsetzt dreinsah, weil er es nicht gewusst hatte oder weil ich es wusste. Immerhin war es möglich, dass er seine Frau hatte umbringen lassen.
Das alles würde sich jetzt klären. Oder wenigstens klarer werden.
Mit einer Ruhe, die furchterregend war, fragte Morris Howard: »Wovon redet er?«
»Was weiß denn ich?« Howard redete viel zu schnell. »Das ist ein Verrückter. Genauso wie sein Bruder. Zwei Irre sind das, die rumlaufen und Geschichten erzählen, die dir schaden könnten.«
»Nein«, sagte ich. »Mein Bruder hat herausgefunden, was Sie getan haben. Sie haben uns hierhergebracht, um uns umzubringen und –«
»Halten Sie Ihr verdammtes Maul«, befahl Lewis.
»Nein, er soll reden«, sagte Morris. »Ich möchte gerne hören, was dieser Irre zu sagen hat.«
»Thomas war im Internet unterwegs«, sagte ich. »Auf Whirl360. Er sah, wie jemand am Fenster einer Wohnung in der Orchard Street ermordet wurde. Ich glaube, es war Ihre Frau. Sie hieß Bridget, oder?«
Er nickte langsam. Sein Gesicht rötete sich.
»Wirklich, Morris, du darfst dir nicht –«
»Howard«, fiel Lewis ihm ins Wort. »Es reicht.«
»Was? Lewis, lass mich –«
»Nein, wir müssen ihm reinen Wein einschenken«, sagte Lewis. »Entweder kommt er zu uns ins Boot, oder wir müssen auch ihn aus dem Weg räumen.«
»Was?« Jetzt ging Morris auf Lewis los. »Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind?«
»Ich bin einer, der überlebt«, sagte Lewis. »Genau wie Howard. Genau wie Sie. Es gibt nur eine Möglichkeit, das hier zu überleben, und das ist, an einem Strang zu ziehen.«
»Was war mit Bridget?«, fragte Morris in Befehlston. »Ich will die Wahrheit wissen.«
Wieder herrschte sekundenlang Totenstille. Dann sagte Howard: »Das war ein Unfall. Ein furchtbares Missverständnis.«
»Lieber Gott«, sagte Morris. »Du hast doch nicht –«
»Da war eine Frau«, fuhr Howard fort, »Allison Fitch. Sie hat Bridget erpresst. Sie wollte ihr schaden, dich ruinieren. Wir – ich hatte Angst, sie weiß vielleicht etwas, das dir irreparablen Schaden hätte zufügen können.«
»Howard.«
»Dich politisch unmöglich gemacht hätte. Zuerst wollte ich ihr ja geben, was sie verlangt hat, wirklich. Aber dann wurde mir klar, dass unser Problem damit nicht gelöst wäre. Lewis und ich haben darüber gesprochen, und wir waren uns einig, dass wir diese Fitch zum Schweigen bringen müssen … dauerhaft.«
»Ich fasse es nicht«, sagte Morris. Er starrte Howard an.
»Aber als es so weit war, kam etwas dazwischen, das niemand hätte vorhersagen können. Sie war nicht da. Die Fitch war nicht in ihrer Wohnung.« Er hielt inne, schluckte. »Stattdessen war Bridget da. Sie wurde mit der Fitch verwechselt.«
»Aber … aber wir haben sie doch gefunden. In ihrer alten Wohnung«, sagte Morris. »Du und ich, wir haben sie doch zusammen da gefunden.«
»Sie … wurde dahingebracht.«
»Du hast doch mit ihr gesprochen!«, rief Morris. »Du hast mit ihr telefoniert! Sie hat gesagt, ich sauge ihr das Mark aus den Knochen! Sie wollte sich umbringen!«
Howard konnte ihn nicht ansehen. »Ich … Es gab keinen Anruf. Ich habe ihn fingiert.«
Morris
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