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Fenster zum Zoo

Fenster zum Zoo

Titel: Fenster zum Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Besprechungszimmer und sagte: »Fahrten aller Art und jederzeit, 335 58 40.«
    Über ihrem Schreibtisch hingen Bilder von Tim und Tom, Bilder von Gesuchten und Vermissten, in rot und gelb und blau.
    »Aus Köln?«
    »Ja. Keine Vorwahl.«
    Kraft und Frau Hering saßen im Besprechungszimmer und warteten auf ihn. Kraft hatte ihr einen Kaffee im Pappbecher spendiert, den sie in beiden Händen hielt. Sie hatte die blonden Haare hoch gesteckt und trug einen Pony bis auf Augenhöhe.
    »Erzählen Sie es bitte noch einmal«, sagte Kraft zur Begrüßung.
    »Wenn es sein muss«, tat Frau Hering gelangweilt, aber sie konnte ihren Stolz kaum verbergen. »Mein Freund, der Paul, Paul Dörner, ist …«
    »Wo ist er jetzt?«, unterbrach Muschalik sie sofort.
    »Er ist auf Tour«, erklärte Kraft, »er muss auch jeden Moment kommen. Wir haben ihn per Funk hierher bestellt.«
    »Kann ich jetzt weiterreden?«, fragte Frau Hering ungeduldig.
    »Ja, bitte, nur zu.« Muschalik setzte sich.
    »Paul hat einen LKW und macht Transporte aller Art, außer Fernfahrten. Nur innerhalb von Deutschland. Wir geben manchmal eine Anzeige im Kölner Stadt-Anzeiger auf, wenn er neue Kunden sucht. Aber nur Zweizeiler, weil das sonst zu teuer wird. Frau Luxem rief am 10. Juli an und bestellte ihn für eine Nachtfahrt am 18. Juli zum Zoo.«
    »Und für welche Zeit?«
    »Ein Uhr nachts. Wir haben uns erst gewundert, als sie sagte, es handele sich um einen Tiertransport. Ob Paul eine große, stabile Holzkiste organisieren könnte, in die ein Bär passt. Natürlich kann er das. Er kennt einen Spediteur, da kann man solche Kisten mieten. Er sollte in Köln einen Bär einladen und ihn nach Duisburg fahren. Sie erwartete ihn schon mit dem Bären an der Leine am Nebeneingang des Zoos, als er kam. Dann hat sie sich zusammen mit dem Bären auf die Ladebordwand gestellt, das ist die Hebebühne des LKWs. Paul hat die beiden hoch gefahren, und dann hat sie den Bären in der Holzkiste, die im Laderaum stand, eingesperrt. Sie konnte gut mit ihm umgehen, Paul hatte keine Angst oder so, sagte er jedenfalls. Sonst hat er schon vor Hunden Angst. Ihm war zwar irgendwie klar, dass das nicht legal war, sonst hätte sie es sicher nicht ganz allein gemacht und auch nicht nachts. Aber das ging ihn ja nichts an. Sie blieb übrigens die ganze Zeit bei dem Bären im Laderaum, sie hat sich nicht neben Paul in den Fahrerraum gesetzt. Als sie in Duisburg den Bären ausgeladen hatten, sagte Frau Luxem, der Auftrag wäre noch nicht erledigt. Jetzt müsste er noch einen anderen Bären wieder zurück nach Köln fahren. Er hat das echt nicht verstanden. Wirklich nicht. Sie würde ihm einen guten Preis zahlen, sagte sie, wenn er das tun würde und den Mund darüber halten würde.«
    »Wie viel?«
    »Wir können Geld gut gebrauchen, wissen Sie, der LKW ist neu und noch nicht bezahlt. Da hat er nicht lange überlegt.«
    »Wie viel?«
    »Vier Tausender. Bar auf die Hand und im voraus. Das ist viel Geld für eine Nacht. Und nach Köln musste er doch sowieso zurück. In Köln hat sie dann den Bär wieder an der Leine vom LKW in den Zoo geführt. Tja, so war das. Aber fragen Sie mich nicht, was das sollte. Sie hat wohl einen kleinen Spleen.« Frau Hering lehnte sich zurück.
    »Und Herr Dörner?«
    »Paul ist nach Hause gefahren.«
    »Wann war er zu Hause?«
    »Weiß ich nicht, da hab ich schon geschlafen.«
    Muschalik sah Kraft fragend an.
    »Lise Becker hat sie über die Kleinanzeige gefunden«, erklärte Kraft.
    »Ich weiß«, sagte Muschalik, »danke, dass Sie gekommen sind, Frau Hering. Warum ist Ihr Freund denn nicht von selbst zur Polizei gegangen?«
    »Weiß ich nicht. Er wollte nicht.«
    Lise Becker steckte den Kopf durch die Tür: »Herr Dörner ist jetzt auch hier, der LKW-Fahrer.«
    »Lass ihn rein«, sagte Kraft.
    »Tina, wie kommst du auf die Idee, zur Polizei zu gehen, bist du verrückt?«, platzte Dörner los und stieß Lise Becker beiseite. Er trug glänzende Cowboystiefel.
    »Normal wäre ich nicht gekommen«, verteidigte sie sich, »aber sie haben mich doch angerufen. Wenn die Polizei anruft, kann man doch nicht einfach … Dörner«, sagte er dann, »Paul Dörner.« Er krempelte die Hemdsärmel hoch, beide Unterarme waren schwarz von Tätowierungen, setzte sich und zündete eine Zigarette an. Kraft holte einen Aschenbecher.
    »Ich hab schon alles erzählt«, sagte Frau Hering.
    »Das habe ich befürchtet.«
    »Ich hab nur gesagt, was du mir gesagt hast. Sonst nichts«, wehrte

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