Ferdinand Graf Zeppelin
Mal gefährlich nahe zu kommen, kamen sie vorwärts. Kurz vor Nothweiler räusperte sich der Junge.
»Ja, was ist? Was willst du mir sagen?«
»Also, falls ihr Pferd vielleicht Durst haben sollte, Herr Hauptmann. Dort drüben kenne ich einen Brunnen … Da könnten Sie es tränken … Wenn Sie wollen, Herr Hauptmann.«
»Das ist eine prima Idee! Du scheinst mir ja ein wahrer Glücksgriff zu sein.«
Wenig später war das Pferd getränkt und auch der Reiter hatte seinen Durst stillen können. Mit frischer Kraft konnten sie sich also auf das letzte Wegstück begeben. »Ich finde mich von jetzt an alleine zurecht. Du kannst also wieder heimgehen. Und vielen Dank für deine Hilfe, Jakob«, verabschiedete sich Zeppelin mit einem innigen Handschlag von dem klugen Burschen. »Und du sollst das auch nicht umsonst gemacht haben: als Lohn für deine Mühe bekommst du von mir jetzt einen Gulden geschenkt.«
Freudestrahlend nahm der Bub das Geldstück entgegen und bedankte sich herzlich. »Vielen Dank Herr Hauptmann. Möge Ihnen ein langes und ruhmreiches Leben beschieden sein. Danke sehr, vielen, vielen Dank!«
»Schließe mich lieber in dein nächstes Nachtgebet mit ein.« Zeppelin bedachte ihn mit einem warmen Lächeln. »Der Krieg hat ja gerade erst begonnen. Da kann noch viel passieren. Es dürfte also durchaus nicht schaden, wenn ich weiß, dass jemand für mich gebetet hat.«
»Das werde ich ganz sicher machen, Herr Hauptmann«, versprach der Junge feierlich. »Und eines Tages hoffe ich, Sie wiederzusehen. Dann als großen und berühmten General!«
»Wiedersehen! Das dürfte eher unwahrscheinlich sein«, lachte Zeppelin. »Aber nun gut! Ich würde mich auch freuen. Und nun Adieu, Jakob!« Er schnalzte mit der Zunge und setzte sein Pferd mit einem kurzen Druck der Oberschenkel in Bewegung. Bald schon hatten sich die beiden aus den Augen verloren.
Der Junge sollte recht behalten: noch einmal im Leben würden sie sich wieder sehen. Viele Jahre später. Zu einem Zeitpunkt, an dem aus dem Grafen Zeppelin tatsächlich längst ein weltberühmter Mann geworden war.
Dank der umsichtigen Wegweisung des Jungen aus Hirschthal schaffte es Ferdinand, ohne weitere Zwischenfälle am 26. Juli seine Einheit wieder zu erreichen. Als einziger aus der Patrouille, die vor zwei Tagen noch aus insgesamt zwölf Mann bestanden hatte. Einer war tot, die anderen, bis auf ihren Anführer Hauptmann Zeppelin, befanden sich in französischer Gefangenschaft.
Auch auf Seiten der Franzosen hatte ein Unteroffizier sein Leben lassen müssen. Diesen beiden ersten Opfern würden bald schon viele weitere folgen.
Es war ein bedrückendes Gefühl, alleine zurückkommen zu müssen. Zumal als verantwortlicher Offizier, der sämtliche ihm anvertrauten Männer verloren hatte. Auch wenn sein detaillierter Bericht über die Truppenkonzentration der Franzosen ganz sicher wertvolle Erkenntnisse beinhaltete, mit deren Hilfe der badische Oberstleutnant den Vormarsch seiner Einheiten nun zielgenau planen konnte, verspürte er dennoch eine eigentümliche Hilflosigkeit in sich, die noch durch die Tatsache gesteigert wurde, dass ihn der württembergische Generalstab nicht ebenfalls zu einer offiziellen Berichterstattung zitierte. Noch nicht einmal eine schriftliche Stellungnahme forderten sie von ihm an!
Dabei hatte sich die Kunde vom kühnen Husarenritt des jungen württembergischen Offiziers in Windeseile im ganzen Land verbreitet: mit großen Schlagzeilen berichteten die Zeitungen an mehreren Tagen über die Heldentaten des Grafen Zeppelin hinter den feindlichen Linien. Und obgleich sich in diesen Artikeln Dichtung und Wahrheit in geradezu abenteuerlicher Art und Weise durcheinander mischten, war der Name Ferdinand Graf von Zeppelin von nun an in aller Munde. Der 32-jährige Hauptmann der Kavallerie war zum ersten Helden des Krieges von 1870 avanciert! Eine Berühmtheit!
Voller Stolz berichtete ihm Bella in ihren Briefen über die enthusiastischen Zeitungsartikel und über die begeisterten Kommentare, die sie tagtäglich als Ehefrau des Kriegshelden Graf Zeppelin entgegennehmen durfte.
Die Realität sah für den »Helden« freilich ganz anders aus. Egal, wie prächtig die Lorbeerkränze auch sein mochten, die ihm die Zeitungen (mit tatkräftiger Hilfe durch das Kriegsministerium) auch flochten, sowohl beim badischen Generalstab, als auch beim preußischen Verbindungsoffizier in Durlach, stieß Zeppelins Erkundungsritt auf schroffe Ablehnung. »Sie haben zwar
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