Ferdinand Graf Zeppelin
eben erst hatte Zeppelin den Aktionären in einem Schreiben mitteilen können, das Luftschiff sei nunmehr vollendet worden und liege startbereit in der Schwimmhalle vor der Manzeller Bucht. Es sei jetzt nur noch eine Frage von wenigen Tagen, bis man die Herren zum ersten Aufstieg einladen werde. Kaum war dieses Schreiben verschickt, da sah er sich im November 1899 jedoch gezwungen, einen weiteren Brief an die Aktionäre folgen zu lassen, dessen Inhalt mehr als ernüchternd war: Zwar sei das Luftschiff von sämtlichen Sachverständigen eingehend geprüft und für flugtauglich befunden worden, aber dennoch dürfe es nicht aufsteigen. Zunächst müsse nämlich noch eine ganz andere Frage geklärt werden: die Frage nach den zur Verfügung stehenden Geldmitteln, sollte das Luftschiff wider Erwarten doch verunglücken, vom Himmel stürzen und explodieren. Womöglich gar auf bewohntem Gebiet. Wer würde in diesem Fall für den entstandenen Schaden aufkommen, der je nachdem durchaus beträchtliche Dimensionen annehmen könne? Die Behördenvertreter jedenfalls waren nach einer intensiven Überprüfung der flüssigen Geldmittel auf dem Bankkonto der »Gesellschaft für die Förderung der Luftschifffahrt« zum eindeutigen Schluss gekommen, dass für ein solches Unglück keinerlei Vorsorge getroffen war. Sämtliche Gelder hatte Zeppelin in das enorm teure Material für das Luftschiff, die Werft, die Schwimmhalle und die Montage gesteckt. Jetzt war nichts mehr übrig. Schon gar nicht für den Fall des Falles. »Aber woher hätte ich das Geld denn nehmen sollen?! Haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, wie teuer allein die Aluminiumträger sind? Und was die Kosten für das Wasserstoffgas betrifft, wenn es in einer Qualität, wie ich sie benötige, hergestellt werden muss – darüber dürften Sie wohl ebenfalls nicht im Bilde sein. Dazu der Transport der vielen tausend Gasflaschen vom Produktionsort Griesheim nach Friedrichshafen und dann weiter nach Manzell! Können Sie sich nur im Entferntesten ausmalen, was das alles gekostet hat?!«
Die Herren konnten natürlich nicht. Doch das spielte bei ihrer Argumentation im Grunde genommen auch gar keine Rolle. »Wir sehen lediglich, dass Ihre Geldmittel erschöpft sind, Exzellenz. Das hat uns gegenüber ihr kaufmännischer Direktor, der Herr Uhland, ja auch klar und deutlich eingeräumt. Alles andere hat uns nicht zu interessieren. Wir haben nur die Frage zu klären, ob im Falle eines Unglücks bei ihrer Gesellschaft genügend Geld vorhanden ist, um die Folgen des Unglücks zu bezahlen. Und das ist ganz offenkundig nicht der Fall. Aus diesem Grunde können wir Ihnen leider die Genehmigung für einen Aufstieg des Luftschiffs nicht erteilen! Die Vorschriften verbieten es, so sehr wir dies persönlich auch bedauern.« »… und das bedeutet?«
»… das bedeutet, dass das Luftschiff so lange am Boden bleiben muss, bis der Nachweis erbracht ist, dass ihr Unternehmen über die entsprechenden Rücklagen verfügt, die uns sicher davon ausgehen lassen können, dass im Fall des Falles Geld für die Begleichung des vom Luftschiff angerichteten Schadens zur Verfügung steht.«
Des vom Luftschiff angerichteten Schadens! Das war ja nicht zu fassen!
Aber es half alles nichts: Zeppelin sah sich folglich genötigt, zusammen mit seinem kaufmännischen Leiter Ernst Uhland ein Rundschreiben an die Mitaktionäre der Gesellschaft aufzusetzen, in dem er die Investoren um die Zeichnung weiterer Anteile bitten musste, die sicherstellten, dass der von den Bürokraten geforderte Betrag für alle Eventualitäten auf ihrem Geschäftskonto hinterlegt war. Uhland hatte dazu eine Aufstellung erarbeitet, aus der klar hervorging, wie viel jeder von Ihnen, ausgehend von seinem bisher gezeichneten Anteil, möglichst noch hinzufügen sollte. Ein äußerst unangenehmes Unterfangen. »Als sei ich kein Offizier, sondern ein Steuereintreiber und Geldvernichter! Diese ewige Bettelei! Sie hängt mir allmählich zum Hals heraus! Jetzt bin ich so kurz vor dem Ziel – und dann so etwas!«
Zerknirscht und mit tief gesenktem Kopf hatte Ferdinand von Zeppelin an diesem Abend seine Suite im Hotel »Buchhorner Hof« in Friedrichshafen betreten, die er für die gesamte Dauer des Luftschiffbaues für sich und seine Ehefrau angemietet hatte.
»Mein armer Ferdi! Aber ich bin mir sicher, du wirst auch diese Zumutung meistern. Und die Anteilseigner werden dir das benötigte Geld zur Verfügung stellen ….«
»… meinst du
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