Ferdinand Graf Zeppelin
reservierten Dampfschiff »König Karl« als Augenzeugen bei diesem hoffentlich epochemachenden Ereignis anwesend sein würden, dann konnte selbst eine äußerlich meist so gelassen wirkende Persönlichkeit wie der Graf, für einen kurzen Moment weiche Knie bekommen. Angeführt wurde die illustre Runde von ihrer Königlichen Hoheit Prinzessin Therese von Bayern, sowie Herzog Wilhelm von Urach und Fürst Carl von Urach, bei denen es sich natürlich durchaus um Verwandte des Königshauses von Württemberg handelte, deren Anwesenheit ja schließlich die Etikette erforderte – wenngleich aus den bekannten Gründen König Wilhelm II. persönlich nicht unter den Ehrengästen weilte. Selbstverständlich hatten sich Zeppelin und der König schon vor Wochen über genau diese Thematik eingehend ausgetauscht und der Monarch signalisierte schließlich sein vollstes Verständnis, nachdem ihm Zeppelin ausführlich die Beweggründe erläutert hatte, die es ratsam erscheinen ließen, dass ihn König Wilhelm erst beim zweiten Aufstieg des Luftschiffes mit seiner Anwesenheit beehrte.
Und so weilten als offizielle Abgesandte des Königshauses immerhin der diensttuende Flügeladjudant Generalmajor von Bilfinger unter den Zeugen des Ereignisses, sowie der württembergische Kriegsminister General Schott von Schottenstein; Freiherr von Soden, der Kabinettschef des Königs; ferner Freiherr von Reischach, der Oberhofmeister der Königin; Oberjägermeister Freiherr von Plato; der württembergische Generalbevollmächtigte in Berlin, Oberst von Marchtaler und weitere hochrangige Würdenträger mehr. Ein deutliches Zeichen für das Interesse und die Wertschätzung, die man dem Grafen Zeppelin am württembergischen Hofe entgegen brachte.
Zu diesem überaus illustren Zirkel gesellten sich zahlreiche hochrangige Gäste aus ganz Deutschland: der vom preußischen Generalstab abgeordnete Hauptmann von Hülsen; von der preußischen Luftschifferabteilung deren Kommandeur, Major Klussmann, sowie die Hauptleute von Sigsfeld und von Tschudi. Ausgerechnet Tschudi! Der Mann, der Zeppelins Plänen mit seiner brüsken, beinahe unverschämten Ablehnung vor Jahren beinahe das Ende bereitet hätte. Auf die Miene dieses Kerls freute er sich ganz besonders, wenn das Luftschiff seinen Aufstieg erfolgreich absolviert haben würde. Auch ausgewiesene Experten der Ballonfahrt hatten ihr Kommen selbstverständlich zugesagt, darunter der Ballonfabrikant Riedinger aus Augsburg und Hauptmann von Parseval, der mittlerweile eigene Experimente mit einem lenkbaren Ballon unternahm und dem dabei von Seiten des Militärs ein wohlwollenderes Interesse zuteil wurde, als das bei Zeppelins starrem Luftschiff der Fall war. Nun denn: die Herren sollten Augen machen!
Fünf Männer würden mit dem Luftschiff in den Himmel steigen und sich auf die beiden Gondeln verteilen. Zuvorderst natürlich Graf Zeppelin selbst als Lenker, dann Freiherr von Bassus als Experte für den Auftrieb, Ingenieur Burr als Zuständiger für den Motor in der vorderen Gondel, Monteur Gross für den Motor in der hinteren Gondel, dazu als Chronist und Sonderberichterstatter für die beiden auflagenstarken Zeitungen »Der Tag« und »Die Woche« der Journalist Eugen Wolf, der schon mehrmals äußerst positive Artikel über den Grafen Zeppelin und dessen Luftschiffpläne veröffentlich hatte. Sicherheitshalber sollte das Motorboot »Württemberg« unter dem Kommando des Freiherrn von Gemmingen und Theodor Kober dem Luftschiff folgen, um es nach der Landung auf dem Bodensee sofort in die Windrichtung zu stellen und im Schlepptau zurück zur Luftschiffhalle zu nehmen. Für alle Eventualitäten war also Vorsorge getroffen. In der Luft wie auf dem Wasser.
Die am 28. Juni erwartungsvoll angereisten Gäste wurden zu ihrer großen Enttäuschung jedoch gleich bei ihrer Ankunft in Friedrichshafen mit der Ankündigung konfrontiert, dass sich der Aufstieg aus Witterungsgründen ganz sicher um einen ganzen Tag verzögern werde. Als neuer Termin wurde ihnen der Nachmittag des 30. Juni genannt. Und alles schien darauf hinzudeuten, dass diese Vorhersage zutreffen würde. Nach einer nochmaligen Überprüfung des Luftschiffs in der Schwimmhalle vor der Manzeller Bucht begann ein Teil der Arbeiter kurz vor Mittag, Wasser in die Ballastbehälter zu pumpen, während ihre Kollegen gleichzeitig die Befüllung der gigantischen Gummigaszellen mit den Gasflaschen in Angriff nahm, die sie mühsam, Stück um Stück mit den Zuleitungen
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