Ferien mit Biss
langen Reise wäre das Lied vermutlich zu viel für sie. Mihai Tepes nickte seinem Bruder zu, stieß mit dem Glas an und sagte: »Schnappobyx!«
»Schnappobyx!«, riefen die anderen und stießen ebenfalls an.
Auf der Lauer
D irk van Kombast war bereit. Ein paar Meter entfernt vom Höhleneingang hatte er sein Armeezelt inmitten einer Baumgruppe aufgestellt. Er hatte es sorgfältig mit Blättern, Ästen, Moos und Erde getarnt.
Dann hatte er sich selbst getarnt. Zunächst hatte er sich von der obersten blonden Haarspitze bis zum kleinen, pedikürten Zeh mit einem Spezialduft eingesprüht. Der Duft war genau genommen ein Gestank. Er roch nach Stachelschwein, Kloake und verschimmelten Putzlappen. Es stank widerlich. Dirk van Kombast war überzeugt, dass ihn die Vampire damit nicht wittern konnten.
Er hatte einen dicken, alten hellbraunen Wollpullover über sein altrosafarbenes Hemd gezogen. Den Pullover hatte ihm seine Mama gestrickt. Der Pullover musste jetzt leiden. Doch wer das Böse besiegen wollte, musste Opfer bringen. Dirk van Kombast hatte Blätter und kleine Zweige in die groben Maschen des Pullovers gesteckt.
Er hatte sich eine alte cremefarbene Sommerhose angezogen und sie mit Schlamm beschmiert. Zum Schluss hatte er sich eine OP-Haube aufgesetzt. Es war eine Kopfbedeckung, die Ärzte im Operationssaal aufsetzen. Dirk van Kombast hatte sich die Haube zuvor in Deutschland von Dr. Bohne ausge-
liehen. In der OP-Haube steckten jetzt Blätter und Äste und sie war voller Schlamm. Auf Dirk van Kombasts solariumgebräuntem Gesicht klebten Erdkrümel. Sie kitzelten. Doch Dirk van Kombast ließ den Höhleneingang keine Sekunde aus den Augen.
Er saß im Lotossitz im Zelteingang. Ähnlich wie beim Meditieren, was er sonst in dieser Stellung tat, konzentrierte er sich. Jedoch nicht auf sein Inneres, sondern auf die Außenwelt. Auf die Umgebung, auf jedes Geräusch, jede Bewegung, jeden Geruch und auf die Waffe in seiner Hand. Es war keine gewöhnliche Waffe. Vampire waren schließlich auch keine gewöhnlichen Feinde. Dirk van Kombast hatte keinen Revolver, keinen Säbel, keinen Flitzebogen, keinen Speer und auch keine Zwille. Er hatte auch keine Atomrakete. Dirk van Kombast hatte eine Wasserpistole. Zumindest sah es auf den ersten Blick so aus. Doch der erste Blick trog.
Dirk van Kombast hatte die riesengroße Wasserpistole für seine Zwecke umgebaut. Er hatte mehrere Stunden damit verbracht, hier gefeilt, dort gesägt, hier geklebt, dort verbogen, bis er mit seinem Werk zufrieden war. Das Entscheidende war die Munition. Statt Wasser hatte Dirk van Kombast Knoblauchzehen geladen. In einer Ladung waren zwanzig Knollen mit ungefähr 300 Zehen. Genug, um einen ausgewachsenen Vampir ins Koma zu schießen. Das hoffte Dirk van Kombast zumindest. Es gab noch keine Erfahrungswerte.
Liebevoll strich Dirk van Kombast über seine Garlic Gun, wie er die Knoblauchpistole im Stillen nannte. Sie war seine Erfindung, sein Baby. Wenn die Menschheit erst einmal erkannte, in welcher Gefahr sie schwebte, welche Bestien mitten unter ihr lebten – wenn sie endlich einsah, dass es Vampire wirklich gab, dann würde Dirk van Kombasts große Stunde schlagen. Seine Mutter würde für ihre Leiden entschädigt werden, Dirk van Kombast würde als mutiger Pionier der Vampirbekämpfung in die Geschichte eingehen. Doch nicht nur das. Er würde ein erfolgreicher Geschäftsmann werden. Der Bedarf an Garlic Guns würde sprunghaft steigen. Bald würde in jedem Haushalt mindestens eine Garlic Gun stehen. Vielleicht ginge der Trend sogar bald zur Zweit-Garlic-Gun. Wie Feuerlöscher würden Garlic Guns an den Wänden von Schulen, Kaufhäusern und anderen öffentlichen Gebäuden hängen. Die Regierung würde ein Gesetz erlassen, das das Mitführen von Garlic Guns im Auto zur Pflicht erklärte. Die Garlic Gun würde eine Erfolgsgeschichte werden. Dirk van Kombast war sich sicher.
Doch Dirk van Kombast war kein Träumer. Er wusste, dass sich seine neue Präzisionswaffe erst in der Praxis bewähren musste. Bald würde er dazu Gelegenheit erhalten. Sehr bald.
Giuseppe
vom Klo
B oi motra!«, rief Woiwo. Er flog gerade von seiner Etage auf dem Weg zur Küche durch die Mädchenetage. »Oder besser: Boi searo!«
›Boi motra‹ hieß ›Guten Morgen‹. Und ›boi searo‹ hieß ›guten Abend‹.
»Schon Morgen?« Helene schreckte auf. Ihre blonden langen Haare waren zersaust. Sie griff als Erstes nach dem kleinen Hörgerät, das neben ihrem Luftsarg
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